Wie Handwerkstag-Präsident Joachim Dirschka am Montag vor Journalisten in Dresden sagte, liege ein möglichst reibungsloser Generationswechsel in starkem Maße auch im volkswirtschaftlichen Interesse. "Mit durchschnittlich sieben Beschäftigten pro Handwerksbetrieb geht es dabei nicht nur darum, Tausende Arbeits- und Ausbildungsplätze zu erhalten, sondern zugleich wertvolles Know-how aus dem Handwerk an die nächste Generation weiterzugeben", hob er hervor. Nicht zuletzt hätten mutige, zupackende Einsteiger auf diese Weise die Möglichkeit, einen bereits namhaften Betrieb für künftige Herausforderungen fit zu machen und um neue Geschäftsfelder zu erweitern.
Nach organisationseigenen Erhebungen betreffen den Generationswechsel im Handwerk – entsprechend dem anteiligen Betriebsbestand in dieser Rechtsform – vor allem inhabergeführte Personenunternehmen, aber auch Kapitalgesellschaften. Allein von den mehr als 46.000 Personenunternehmen im Handwerk des Freistaats sind ein Fünftel der Inhaber älter als 55 Jahre, darunter in den Berufen Straßenbauer, Metallbauer, Feinwerkmechaniker, Informationstechniker, Tischler, Augenoptiker und Bäcker. Damit stellt sich für viele der über 55-jährigen Chefs schon bald die Aufgabe, die Weichen für eine geordnete Unternehmensnachfolge zu stellen.
"Nach den Erfahrungen unserer Betriebswirtschaftsberater haben am Markt gut eingeführte Betriebe mit einem stabilen Kundenstamm, gefragten Produkten und Dienstleistungen in der Regel gute Chancen, einen geeigneten Nachfolger zu finden", sagte Dirschka.
Schwierig stelle sich die Lage dagegen für Unternehmen dar, "die absehbar in besonderer Weise dem Strukturwandel auf den Märkten ausgesetzt sind". Beispiele dafür seien Schuhmacher, Metallbildner, Graveure, Böttcher und Buchbinder.
Nicht zuletzt angesichts des demografischen Wandels in der Bevölkerung appelliert der Sächsische Handwerkstag an die Politik auf Bundes- und Landesebene, auch künftig die Anstrengungen darauf zu richten, "gezielter als bisher junge ausgebildete Unternehmer für die Übernahme eines mittelständischen Betriebes als einer Form der Existenzgründung zu motivieren".
Als politisch vordringlich nannte Dirschka, derartigen Existenzgründern den Zugang zu Bankkrediten und öffentliche Bürgschaften zu erleichtern. Öffentliche Bürgschaften seien eine wichtige Finanzierungsquelle für Handwerksunternehmen und stellten ein effizientes und den Landeshaushalt schonendes Förderinstrument dar. – Nach bisherigen Erfahrungen von Betriebswirtschaftsberatern scheiterten Unternehmensnachfolgen in 30 % der Fälle an Finanzierungsproblemen.
"Da die meisten kleinen und mittleren Unternehmen nach wie vor an Familienangehörige abgegeben werden, dringen wir mit Nachdruck auf eine mittelstandsfreundliche Erbschaftsteuerreform. Hier darf es auf keinen Fall zu einer Verschlechterung gegenüber dem bisherigen Regelwerk kommen", so der Handwerkstag-Präsident. Am Ende müsse, wie in der Koalitionsvereinbarung von CDU/CSU und SPD festgeschrieben, vielmehr eine steuerliche Erleichterung der Betriebsübergaben stehen. – Im Interesse dringend gesuchter Betriebsübernehmer vonnöten sei zudem, den Bürokratieabbau noch wirksamer voranzutreiben, indem vor allem Genehmigungsverfahren deutlich gestrafft und transparenter gestaltet werden.
Dirschka zufolge werden Handwerkskammern und Verbände potenziellen Übernehmern bzw. Übergebern von am Markt eingeführten Handwerksbetrieben auch künftig mit einer Vielzahl von Aktivitäten zur Seite stehen. Dazu gehörten so genannte Coachings (Beratung und Betreuung) potenzieller Kandidaten sowie Informationsveranstaltungen zu Themen wie Steuern, Recht und Finanzierung im Rahmen der "Nachfolgeoffensive Handwerk". Eine wichtige Informationsquelle seien ferner die Internet-Portale www.nexxt-change.org (Gemeinschaftsinitiative von BMWi, KfW, DIHK und Zentralverband des Deutschen Handwerks) sowie www.unternehmensnachfolge.sachsen.de (Land Sachsen).
Der Sächsische Handwerkstag – die Spitzenorganisation des Handwerks im Freistaat – vertritt mehr als 57.800 Betriebe mit insgesamt etwa 330.000 Beschäftigten. In Sachsen ist damit rund ein Drittel aller Handwerksbetriebe der neuen Länder (ohne Berlin) ansässig.
Hintergrund: Das sächsische Handwerk in Kürze
- Zahl der Handwerksbetriebe – Im Freistaat (Stand: 30. September 2007) sind 57.886 Handwerksbetriebe registriert, davon 37.406 im zulassungspflichtigen und 10.028 im nichtzulassungspflichtigen Handwerk. Die übrigen Betriebe gehören im Wesentlichen zum handwerksähnlichen Gewerbe. – Nach Regionen geordnet, entfallen 23.394 Unternehmen auf den Regierungsbezirk Chemnitz, 21.992 auf den Bezirk Dresden und 12.500 auf den Bezirk Leipzig. – Anfang 1990 hatte es im Territorium insgesamt zirka 31.000 Handwerksbetriebe gegeben.
- Branchenstruktur – Die stärksten Gruppen im zulassungspflichtigen Handwerk Sachsens bilden die Elektro- und Metallgewerbe mit 17.024 und das Bau- und Ausbaugewerbe mit 10.918 Betrieben. Im zulassungsfreien Handwerk dominieren das Bau- und Ausbaugewerbe (4.212) sowie das Bekleidungs-, Textil- und Ledergewerbe (1.772), im handwerksähnlichen Sektor das Holzgewerbe (3.346) sowie das Bau- und Ausbaugewerbe (3.094 Betriebe).
- Beschäftigte im Handwerk – Im sächsischen Handwerk sind mehr als 330.000 Menschen beschäftigt. 1989/90 waren im Handwerk des heutigen Landes Sachsen zirka 95.000 Beschäftigte einschl. Inhaber tätig.
- Dichte im Handwerk – Mit 13,6 Betrieben pro 1.000 Einwohner liegt die Handwerksdichte in Sachsen deutlich über dem bundesdeutschen Mittel von 10,7.
- Lehrstellen im Handwerk – Bis 31. Oktober 2007 wurden für das Ausbildungsjahr 2007/2008 im sächsischen Handwerk 7.382 Lehrverträge geschlossen. Das sind 219 mehr (plus 3,1 %) als im Vorjahreszeitraum. Der Anteil der betrieblichen Lehrstellen beläuft sich auf 5.942. – Zum 31. Dezember 2006 waren von den 21.736 ausbildungsberechtigten Handwerksbetrieben Sachsens 8.592 aktiv an der beruflichen Erstausbildung beteiligt.