Landtagspräsident Erich Iltgen erinnerte an die maßgebliche Rolle Sachsens während der friedlichen Revolution sowie den erfolgreichen Weg, den der Freistaat seither beschritten habe. Gleichzeitig nehme der Tag der Deutschen Einheit uns alle immer wieder in die Pflicht, "auch die Zeit vor der Wende 1989/90 zu vergegenwärtigen und uns die Ursachen des Aufbruchs in die Freiheit in Erinnerung rufen".
"Damit tragen wir dazu bei, die realen Zustände in der ehemaligen DDR im Allgemeinen und in ihrer ganzen Widersprüchlichkeit nicht aus dem persönlichen und öffentlichen Bewusstsein zu verlieren und der Entstehung kollektiver Gedächtnislücken entgegenzuwirken. […] Wir dürfen keine Möglichkeit unversucht lassen und müssen nach neuen und zeitgemäßen Wegen suchen, gerade jungen Menschen das Schicksal der Opfer politischer Verfolgung nahe zu bringen sowie die Erfahrungen des Widerstandes gegen menschenverachtendes Unrecht weiterzutragen" appellierte Landtagspräsident Erich Iltgen.
Der diesjährige Festredner, Dr. h. c. Joachim Gauck, reflektierte in seiner Ansprache den Weg zur deutschen Wiedervereinigung als Prozess, der von der Ohnmacht über die Freiheit 1990 schließlich zur Einheit führte. Gauck widersprach dabei vehement jeglicher nostalgischen Verklärung der DDR und erinnerte vielmehr ausdrücklich an die häufig vergessenen Ängste und persönliche Risiken der Beteiligten, mit denen die Befreiung von diesem "politischen Unort" verbunden gewesen sei.
Die neu gewonnene Freiheit sei nun aber auch verbunden mit Verantwortung, auch bei Misserfolgen, und müsse von den Menschen gelernt und eingeübt werden, so Gauck weiter. "Bislang hat die Zeit noch nicht ausgereicht, um alle Bürger zu Liebhabern der Freiheit zu machen." […] "Aber wir dürfen nicht vergessen, wer uns ohnmächtig machte, dürfen nie aufhören, Diktaturen auch Diktaturen zu nennen." Vor diesem Hintergrund werde sich die Zahl derer, die Freiheit für das Wichtigste halten, stetig vergrößern, gab Gauck seiner Hoffnung am Rede seiner mit großen Beifall bedachten Rede Ausdruck.
Dr. h. c. Joachim Gauck leitete von 1990/91 bis 2000 als Bundesbeauftragter die Behörde für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR. Heute engagiert sich der studierte Theologe u. a. als Vorsitzender des Vereins "Gegen Vergessen – für Demokratie", der sich dem Kampf gegen Rechtsextremismus, Antisemitismus, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit widmet.
Heute Nachmittag findet ab 14 Uhr im Sächsischen Landtag der "Tag der offenen Tür" statt, zu dem alle Bürgerinnen und Bürger sehr herzlich eingeladen sind.