Seit Jahren fordern Politiker, speziell aus Union und FDP, mehr Wettbewerb im System der gesetzlichen Krankenversicherung. Einer der zentralen Punkte: Soll man Fusionen unter gesetzlichen Krankenkassen künftig nur noch erlauben, wenn das Bundeskartellamt die Fusion prüft und genehmigt? Im Wirtschaftsleben ist dies übliche und bewährte Praxis, für gesetzliche Kassen als Körperschaften des öffentlichen Rechts gilt das jedoch nicht.
Nun liegt ein Gesetzentwurf vor, der am 8. März 2012 im Gesundheitsausschuss des Bundestages behandelt wird. Er sieht strenge Regelungen zur Fusionskontrolle vor und weist dem Kartellamt eine Schlüsselrolle zu. „Wir können damit einen wichtigen Meilenstein erreichen, um so den Versicherten auch die volle Wahl- und Entscheidungsfreiheit zu gewähren – die würden sie bei regionalen Monopolen verlieren“, sagt Hans Unterhuber, Vorstandsvorsitzender der Siemens-Betriebskrankenkasse SBK. Nach wie vor würde die Regelung allerdings torpediert und könne noch kippen. Unterhuber: „Wir wissen, dass die Lobbyisten hinter der Bühne Sturm laufen.“
Ein Monopol muss nicht deutschlandweit sein, auch regionale Monopole oder die Übermacht in bestimmten Versorgungsbereichen genügt für eine ungute Monopolstellung. Schon heute sind 90 Prozent der gesetzlich Versicherten bei nur noch 35 Kassen. Unterhuber: „Wir haben einen hohen Konzentrationsgrad erreicht und müssen hier ein Stoppzeichen setzen. Gerade bei der AOK gibt es schon heute regionale Monopole, die den Wettbewerb behindern.“
Die SBK befürworte eine gewichtige Rolle des Bundeskartellamtes bei künftigen Kassenfusionen. SBK-Chef Hans Unterhuber: „Das Bundeskartellamt hat jüngst Absprachen bei Betonsteinen abgemahnt, Strafmaßnahmen für ein Hydranten- und Wasserarmaturenkartell eingeleitet und gegen einen Instant-Cappuccino-Hersteller Bußgelder verhängt. Gleichzeitig verwehrt man den Kartellwächtern den Zugang zum 185 Milliarden Euro schweren Markt der gesetzlichen Krankenversicherung. Hier stimmt das Verhältnis nicht!“ Das Argument, als Körperschaften hätten die Krankenkassen einen gesetzlichen Auftrag zu erfüllen, will der SBK-Chef nicht gelten lassen. „Das tun wir auch! Und wir gewährleisten eine solidarische Absicherung und eine flächendeckende Versorgung. Die Menschen sollten aber auch frei wählen können, welchem Versicherer sie am meisten vertrauen“, so Unterhuber.