Jakob Achterkamp ist Auszubildender bei der Firma Dickmänken in Rheine – und befindet sich schon bald auf der Zielgeraden zum Gesellen. Mittlerweile ist er im dritten Lehrjahr angekommen und hat mithilfe seines Ausbildungsbetriebs und der Berufsschule jede Menge Know-how angesammelt. Im Oktober geht es für Jakob allerdings noch einmal um eine ganz besondere Herausforderung: Denn der angehende Tischler nimmt an einem vierwöchigen Auslandspraktikum in Australien teil und arbeitet im Tischlereibetrieb Husk & Co in Sydney mit.
Auslandspraktikum in Sydney: Arbeiten am anderen Ende der Welt
In der Region Northern Beaches, rund 20 Kilometer von Sydney entfernt, hat Sebastian Kopiec 2016 seine Tischlerei Husk & Co eröffnet. In der modern ausgestatteten Werkstatt stellt der Deutsche mit seinen Mitarbeitern hochwertige Möbel und Innenausbauprodukte für luxuriöse Wohnhäuser der Umgebung her. Küchen, Schränke, Regale und mehr werden entsprechend individueller und anspruchsvoller Kundenwünsche auf Maß gefertigt. Die Arbeit der kleinen Tischlerei kann sich sehen lassen. Und so präsentiert Sebastian Kopiec die Arbeit seiner Betriebs gerne in den sozialen Medien, zum Beispiel auf Instagram und Facebook.
Vom jungen Auszubildenden in Deutschlands zum erfolgreichen Unternehmer in Australien
Sebastian Kopiec ist in Deutschland aufgewachsen und hat hier seine Ausbildung zum Tischler absolviert. Nach der Gesellenprüfung arbeitete er einige Monate in einem Unternehmen in Spanien. Seit sechs Jahren lebt und schafft der gelernte Tischler in Australien. Weil Kopiec seine eigene Zeit im Ausland als bereichernd erlebt hat, möchte er jetzt jungen Menschen die gleiche Erfahrung ermöglichen. Jakob Achterkamp ist mittlerweile der vierte Auszubildende, der in der australischen Tischlerei aktiv mitarbeiten darf.
Modernes Handwerk: Internationales Know-how ist gefragt!
Wer in die Welt des deutschen Handwerks schaut, merkt: Pioniergeist, Internationalität, Digitalisierung und Diversität sind heute feste Bestandteile im modernen Handwerk. Und längst sind Tradition und Zukunft auf Engste miteinander verzahnt. Unter dem Motto: „Ist das noch Handwerk?“ zeigt zum Beispiel der deutsche Handwerkskammertag auf der https://handwerk.de, wie jung und dynamisch, ja hip der Berufszweig geworden ist.
Gerade die internationale Ausrichtung des Handwerks sei dabei wichtig wie kaum jemals zuvor, erklärt Andreas Bendel von der Handwerkskammer Münster: „Immer mehr Betriebe sind auf der Suche nach Fachkräften mit internationaler Kompetenz. Warum also nicht direkt bei den eigenen Auszubildenden ansetzen und sie zu international geschulten Fachkräften weiterbilden. Das bedeutet direkte Investition in die Zukunft!“
Während Studenten viel häufiger Auslandserfahrungen machten, sei das Thema Internationalisierung bei den Auszubildenden noch ganz am Anfang. Mit der Tischlerei von Sebastian Kopiec arbeite man mit einem ausländischen Betrieb zusammen, der ideal für die jungen Tischler sei. „Bei Husk & Co sind neben dem Chef noch zwei Mitarbeiter tätig. Für ein Projekt bedeutet das, dass alle Mitarbeiter Hand anlegen müssen – auch demnächst Jakob Achterkamp“, so Andreas Bendel. Auf diese Weise würden die Auszubildenden unmittelbar erleben, wie in einem Betrieb in Australien gearbeitet werde.
Handwerkskammer Münster und Bundesministeriums für Bildung und Forschung unterstützen Auslandspraktikum
Das Auslandspraktikum wird gefördert aus dem Programm „Ausbildung Weltweit“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung - ein Förderprogramm zur finanziellen Unterstützung weltweiter und praxisorientierter Auslandsaufenthalte während der Berufsausbildung. Berücksichtigt werden dabei alle Zielländer, die nicht durch das europäische Förderprogramm Erasmus+ abgedeckt werden.
Neben der Volljährigkeit müssen sich die Bewerber mindestens im zweiten Ausbildungsjahr befinden. Erhält man eine Zusage, bekommen die jungen Tischler einen Fahrtkosten-Zuschuss, finanzielle Unterstützung rund um den Aufenthalt und einen Zuschuss für einen vorbereitenden Sprachkurs. Denn gerade die Sprache ist eine Hürde, die mitunter eine Herausforderung darstellt. Jakob Achterkamp ist da allerdings zuversichtlich: „Da ich noch Nachhilfestunden in Englisch bekomme, fühle ich mich für meine Verhältnisse sehr gut auf das Praktikum vorbereitet!“
Einen Partnerbetrieb vor Ort sucht das BMBF selbst nicht. Dafür fungiert die Handwerkskammer Münster als Kontaktstelle, welche die Auslandsbetriebe und jungen Fachkräfte zusammenbringt – und trifft auch die Auswahl geeigneter Auszubildender. Die Berufsschule entfällt in der Zeit des Aufenthalts in Australien. Stattdessen werden wöchentliche Berichte gefordert. „Und natürlich darf das eine oder andere Foto für den Betrieb in Deutschland nicht fehlen“, schmunzelt Jakob Achterkamp.
Pioniergeist heißt auch, die eigene Komfortzone zu verlassen
Ohne ein gewisses Maß an Selbständigkeit lässt sich das Auslandspraktikum in Australien indes nicht umsetzen. Das weiß auch Jakob Achterkamp, der gerade dabei ist, letzte Vorbereitungen für die Reise zu treffen. Während die Handwerkskammer zwar das Praktikum anbietet und sich um die Organisation des Betriebes vor Ort kümmert, muss Jakob Flug, Unterkunft oder die Gestaltung der Freizeit organisieren.
Der Anstoß für das Auslandspraktikum kam übrigens vom Tischlerei-Chef Stefan Dickmänken selbst: „Als Traditionsbetrieb wollen wir immer am Puls der Zeit sein, wenn es um Innovationen und Pioniergeist geht – auch wenn das einiges an Mut bedeutet. Das zeigen die vielen Maßnahmen, die wir in Richtung moderne Fertigungstechniken, Kundenservice oder Digitalisierung gemacht haben. Selbstverständlich also, dass wir auch unsere Auszubildenden unterstützen, ihr Wissen um internationales Know-how zu erweitern.“
Zeit, aufzubrechen und Neues zu entdecken
Lust auf das Abenteuer Australien hat Jakob Achterkamp mehr als genug. Für den Auszubildenden liegen die Vorteile eines Auslandspraktikums auf der Hand. Der angehende Tischler lernt vor Ort neue Kulturen und Geschäftsprozesse kennen, muss sich mit der Fremdsprache Englisch auseinandersetzen und Selbstständigkeit lernen. „Ich sehe vor allem die Chance, andere Arbeitsstrukturen kennenzulernen. Weil Husk & Co. kleiner als Dickmänken ist, kann ich an einem Projekt von der Planung bis zur Montage mitarbeiten. Das ist echte Handarbeit“, erzählt Jakob. Dazu habe er von Kollegen gehört, dass die Mentalität anders sei als in Deutschland.
In der Zwischenzeit hat Jakob Achterkamp alles für die Reise organisiert. Auch wenn er vor dem langen Flug ein wenig Aufregung verspürt, kann er es nicht abwarten aufzubrechen und seine neue Herausforderung in Angriff zu nehmen. Und wer weiß – vielleicht findet sich auch die eine oder andere Freundschaft über Landesgrenzen. Wir jedenfalls wünschen ihm alles Glück der Welt.