Wie destruktiv eine Führungskraft mit mangelnder Emotionaler Intelligenz für das Unternehmen sein kann, erläutern die beiden Coaches an nachfolgendem Beispiel:
Der Gebietsdirektor einer Versicherungsgesellschaft schied aus Altersgründen aus. Auf diese Position wurde von der Firmenleitung ein junger Mann gesetzt, der durch einen hohen Intelligenzquotienten und ein großes fachliches Repertoire bestach. Dieser fachlich versierte junge Mann fegte wie ein neuer Besen durch die Abteilung und schaffte es innerhalb kürzester Zeit ein bestehendes, homogenes Team zu zerbrechen. Es kam zu Cliquenbildungen und Kämpfen innerhalb des Verkaufsteams. Er gab Anweisungen direkt an die Verkäufer und überging damit die Kompetenzen der Bezirksdirektoren. Diese bekämpften ihn mehr oder weniger offen, was dazu führte, dass einer entlassen wurde (er bekam selbstverständlich eine hohe Abfindungssumme) und ein anderer sein Gebiet beschnitten bekam (dieser wehrte sich per Rechtsanwalt und gewann). In dieser unruhigen Phase der Führung verließen einige Verkäufer das Unternehmen, da sie mit der Unsicherheit, wer denn nun ihr weisungsbefugter Chef sei und welche Firmenphilosophie verfolgt werden sollte, nicht zurecht kamen. Andere lehnten sich plötzlich gegen Anordnungen auf, die vorher selbstverständlich waren. Die Stornoquoten in dieser Region schnellten auf einen nie da gewesenen Höchststand, da der neue Chef Leistungen einforderte, die nur erreichbar waren, wenn den Kunden wichtige Fakten unterschlagen wurden. Erst diese Tatsache alarmierte die Firmenleitung, denn gerade in diesem Gebiet lagen die Stornos vorher sehr niedrig.
Zehn Monate genügten, um aus einem motivierten Team, welches ein florierendes Gebiet betreute, demotivierte, ängstliche aber auch aggressive Mitarbeiter werden zu lassen. Hätte die Firmenleitung des Versicherungsunternehmens auf den EQ genau so viel Wert gelegt, wie auf die fachliche Kompetenz, hätten sie sich bestimmt viel Geld, Zeit und Nerven sparen können.
Emotionale Kompetenz ist erlernbar
Zu den Kriterien für Emotionale Intelligenz gehören laut Daniel Golemann vier Domänen und die damit verbundenen Fähigkeiten: Selbstwahrnehmung, Selbstmanagement (diese gehören zu den persönlichen Kompetenzen), soziales Bewusstsein und Beziehungs-management (diese gehören zu den sozialen Kompetenzen).
Nehmen wir als Beispiel nochmals den emotional inkompetenten jungen Gebietsdirektor des Versicherungsunternehmens, welcher so kläglich gescheitert ist. Ihm mangelte es ganz offensichtlich sowohl an persönlichen als auch an sozialen Kompetenzen. Er war nicht in der Lage seine Schwächen und Grenzen wahrzunehmen. Sein Einfühlungsvermögen in die Situation der Bezirksdirektoren war gleich null, die Bedürfnisse der Verkäufer und Kunden konnte er nicht erkennen und hinsichtlich Teambildung fehlte ihm jegliche Grundlage.
Nun sind diese Fähigkeiten keine angeborenen Begabungen, sondern erlernbar und zwar an jedem Punkt des Lebens. Es braucht allerdings Zeit, Übung und viele Wiederholungen. Und damit der Aspirant seine Bemühungen nicht vor dem Erfolg einstellt, ist die Zusammenarbeit mit einem Coach die effektivste Methode. Dieser kann der Führungskraft helfen, drei Dinge zu bewältigen: schlechte Gewohnheiten bewusst machen, bewusst bessere Methoden anstreben und die neuen Verhaltensweisen bei jeder Gelegenheit üben, bis sie zur zweiten Natur werden.
Für Unternehmen ist es wichtig zu wissen, dass nicht die neueste Technologie, nicht die grandioseste Datenbank und auch nicht die modernste Fahrzeugflotte den Erfolg ausmachen. Einen echten Vorteil haben Firmen nur dann, wenn die Menschen in ihrem Betrieb gut zusammenarbeiten. Und stimmt die Beziehung zwischen Chef und Mitarbeiter, stimmen auch die Ergebnisse.