Führungskräfteentwicklung umfasst die gezielte und systematische Förderung von Führungskräften durch die Entwicklung von Kenntnissen, Fähigkeiten und Kompetenzen, um Leitungsfunktionen besser ausfüllen zu können.
Grundlegende Faktoren der Führungskräfteentwicklung
Damit aber alle Bemühungen um eine eigene und vor allem erfolgreiche Führungskräfteentwicklung nicht im Sand versickern, müssen die Unternehmen einige grundlegende Faktoren berücksichtigen. Führungskräfteentwicklung muss ein systematischer Prozess sein, der ziel- und bedarfsorientiert ist und sich schlüssig aus den strategischen Unternehmenszielen, Kennzahlen und dem Wertecodex des Unternehmens ableitet. Erfolgreich kann die Förderung aber nur dann sein, wenn sie langfristig angelegt ist und die Bausteine systematisch aufeinander aufbauen und inhaltlich miteinander verzahnt sind.
Potenzialerfassung und Nachfolgeplanung
Die notwendige Potenzialerfassung und Nachfolgeplanung als Grundlage jeder Führungskräfteentwicklung orientiert sich an den lang- und mittelfristigen Unternehmenszielen. Das Potenzial der Mitarbeiter muss frühzeitig erkannt werden. Daraus erst kann das benötigte Nachwuchspotential entwickelt werden. Durch diese Vorgehensweise ist eine anforderungsgerechte Wiederbesetzung von freien oder von freiwerdenden Schlüsselpositionen im Unternehmen sichergestellt.
Dazu müssen die potenziellen Nachfolger aber nicht nur frühzeitig identifiziert werden, sondern die gezielten Führungskräfte-Entwicklungsmaßnahmen auch gegriffen haben.
Eignungsdiagnostische Verfahren
Valide eignungsdiagnostische Verfahren, wie z .B. das Assessment Center (AC), haben sich bei der Potenzialerfassung und –bewertung seit Jahrzehnten bewährt. Sie stellen das wirkungsvollste Analyseinstrument für die Diagnose der Stärken und Schwächen eines Teilnehmers bzw. einer Teilnehmerin bezogen auf ein zukunftsgerichtetes Anforderungsprofil dar. Es geht dabei darum, eine Aussage über das berufliche Entwicklungspotential zu erhalten, die als Grundlage für Personalentscheidungen und den richtigen Einsatz von Ressourcen dient. Eine professionell durchgeführte Eignungsdiagnostik hat den Zweck, eine Prognose über die Wahrscheinlichkeit, wie erfolgreich ein Mitarbeiter in einer bestimmten Position sein wird, abgeben zu können.
Maßnahmenumsetzung on the Job
Die aus dem eignungsdiagnostischen Verfahren abgeleiteten Entwicklungsmaßnahmen sollten primär stärkenorientiert “on the job“ oder „near the job“ eingeübt werden.
Die Mitarbeit in oder die Leitung von Projekten mit meist zeitlich und thematisch begrenzten Sonderaufgaben hat sowohl für den Projektleiter als auch den Mitarbeiter eine hohe Lernwirkung. Denn es werden an alle Beteiligten hohe Anforderungen in Bezug auf administrative und fachliche Kompetenz und die sozialen und konzeptionellen Fähigkeiten gestellt. Im Projekt kann das „Führen“ ausprobiert, alternative Ansätze gewagt und anfallende Fehler ohne schwerwiegende Folgen erfahren werden.
In sogenannten Förderkreisen sollen Potentialkandidaten in autonomen Gruppen strategisch relevante Fragestellungen bearbeiten und die Ergebnisse dem Vorstand präsentieren. In regelmäßigen Abständen finden Feedbackrunden unter Anleitung eines Coaches statt. Dabei sollen vor allem die Techniken zur Förderung der Selbsterkenntnis, die Entwicklung eines bewussteren und angemessenen zwischenmenschlichen Verhaltens, Methoden zur Bewältigung von Konflikten, Gelassenheit und Aufbau erhöhter Stressresistenz erlernt und eingeübt werden.
Beim Job Enlargement wird der Arbeitshorizont und der Verantwortungssinn durch zusätzliche Aufgaben erweitert und eine übergroße Spezialisierung und Zersplitterung der Aufgaben rückgängig gemacht. Das Ergebnis sind oftmals eine höhere Identifikation mit der Arbeit und persönliche Erfolgserlebnisse.
Durch die Job Rotation, die geplante, zeitlich befristete Versetzung in andersartige Aufgabenbereiche, soll die Flexibilität und Mobilität erhöht und der sozio-kulturelle Horizont erweitert werden. Der Kandidat soll lernen, in anderen Hierarchien und anderen Unternehmens- oder Gesellschaftsstrukturen zu agieren und zu interagieren, um sich persönlich und fachlich als Führungskraft weiterzuentwickeln.
Individuelles Coaching – Sparring für Führungskräfte
Die Entwicklung von Führungskräften ist ein vielschichtiger und anspruchsvoller Prozess.
Personal Coaching ist dabei die effektivste Methode zur individuellen Unterstützung der Mitarbeiter im Bereich Management Skills. Ein professioneller Coach kann dem Kandidaten dabei helfen, verdeckte oder blockierte Möglichkeiten und Fähigkeiten zu nutzen und die Elastizität seines Handelns zu erweitern. Er fungiert dabei wie ein unbeteiligter Sparringspartner, der dem Mitarbeiter ein unabhängiges Feedback gibt, alternative Perspektiven beleuchtet und die Selbstreflexion und –wahrnehmung fördert. Auf diese Weise hilft der Coach dabei, das eigene Potenzial zu erkennen und schicksalhafte gegebene Begrenzungen zu akzeptieren. Denn gerade für Führungskräfte ist es wichtig und hilfreich, sich immer der Struktur des eigenen Selbst bewusst zu sein.
Unternehmensplanspiele – Praxissimulation unternehmerischer Verantwortung
Um unter realistischen Bedingungen und sehr effizient Managementkompetenzen zu entwickeln und unternehmerisches Denken und Handeln zu trainieren, eignen sich Unternehmensplanspiele hervorragend. Dabei wird auch das analytische Denkvermögen sowie die Konflikt- und Teamfähigkeit gefördert. Denn im Unternehmensplanspiel übernehmen Teams die unternehmerische Verantwortung für die erfolgreiche Führung eines simulierten Unternehmens im Wettbewerb. Jedes Team (Unternehmen) entwickelt eine Strategie auf Grundlage einer Markt-und Wettbewerbsanalyse und setzt diese operativ um. Der Erfolg wird mit Hilfe von Key Performance Indicators (KPI’s) gemessen.
Auslandsaufenthalt für ein Denken in weltumspannender Perspektive
Die Globalisierung erfordert heute mehr als je zuvor eine Internationalisierung der Führungskräfteentwicklung. Auslandsaufenthalte fördern die Fähigkeit zur kulturellen Empathie. Durch die direkte Auseinandersetzung mit einer anderen, fremden Kultur ist der Mitarbeiter gezwungen, sich in das Wertesystem anderer Menschen einzufühlen und es zu respektieren. Das Verständnis für andere Kulturkreise eröffnet die Möglichkeit, Denkanstöße für Probleme im eigenen Land mitzunehmen und anzuwenden. Gleichzeitig befähigt es Mitarbeiter zu einem Denken in weltumspannenden Perspektiven, sowohl hinsichtlich der Märkte und Marktchancen als auch bezüglich der Standorte, Ressourcen und Kooperationen.
Der Vorgesetzte als zentraler Personalentwickler
Führungskräfteentwicklung ist aber längst nicht mehr nur eine Domäne der Personalabteilung. Vielmehr werden Vorgesetzte zu „Personalentwicklern“. Menschen neigen dazu, sich an Vorbildern zu orientieren – im Idealfall an ihrem Chef. Führen und Delegieren sind dabei nicht die einzigen Faktoren, die einen guten Vorgesetzten ausmachen. Sie überzeugen durch die Übernahme von Verantwortung und Pflichterfüllung. Sie sind nicht nur an Zahlen, sondern auch am Wohlergehen ihrer Mitarbeiter interessiert. Sie leben die Werte Kundenorientierung, Integrität, Exzellenz, Fairness, Bescheidenheit, Demut und Sinnvermittlung im täglichen Leben. Aber vor allem erkennen sie das Potential ihrer Mitarbeiter, fördern ihre Stärken und Fähigkeiten und ermuntern sie, diese auch einzusetzen und zu nutzen.
Transparenz schafft Akzeptanz
Aber auch in der Führungskräfteentwicklung gilt: ohne Transparenz keine Akzeptanz. Nur wenn die Beteiligten um die Möglichkeiten, Wirkung und die Ziele der Entwicklungsmaßnahmen wissen, ist eine professionelle Führungskräfteentwicklung erfolgreich. Denn die notwendigen Entwicklungsmaßnahmen können nur mit Hilfe der Betroffenen umgesetzt werden. Als Erfolgsgarant hat sich dabei das Konzept der sozialen Validität (Schuler 1990) herauskristallisiert. Dabei basiert die Interaktion zwischen dem Mitarbeiter und dem Personalverantwortlichen auf den vier Akzeptanzparametern: Information, Partizipation, Kommunikation und Transparenz. Nur die konsequente Umsetzung dieser Parameter schafft eine partnerschaftliche Situation, um gemeinsam die Entwicklungsmaßnahmen zu gestalten und erfolgreich umzusetzen. Dann wird Führungskräfteentwicklung zu einer produktiven Kraft im Unternehmen.
Letztlich gilt:“Größe kommt zu Größe und Qualität zu Qualität“ (Reinhard F. Leiter)
VITA Reinhard F. Leiter, Executive Coach bei der SELECTEAM Deutschland GmbH
Reinhard F. Leiter war Gründungsmitglied des Arbeitskreises Assessment Center –Führungskräfteauswahl /-entwicklung und langjähriger Vorsitzender des Arbeitskreises.
Reinhard F. Leiter absolvierte nach dem Besuch des Humanistischen Gymnasiums Jesuitenkolleg Kalksburg (Wien) ein Betriebswirtschaftsstudium mit den Schwerpunkten Organisationslehre und Personalwesen an der Ludwig-Maximilian-Universität in München. Bei der Bayer Group nahm R.F. Leiter Funktionen als Leiter u.a. der Aus- und Weiterbildung und als Personalleiter (1970 – 1982) wahr. Bei der Allianz AG leitete er das Zentrale Bildungswesen. Diese Aufgaben führten ihn 1999 zu seiner letzten Position als Leiter des Fachbereichs Executive Events der Allianz SE. In den letzten Jahrzehnten war er auf allen fünf Kontinenten in 30 Ländern tätig.
Seine berufliche Orientierung ist durch die Maxime geprägt: „Im Mittelpunkt steht immer der Mensch“. Sie ist von der Überzeugung getragen, dass alle Maßnahmen eines Unternehmens – altbewährte genauso wie neu eingeführte – in ihrer Methodik einer permanenten Überprüfung, Anpassung und Erneuerung bedürfen. So können sie in einer rasant technologisierten Welt wirken und dabei dem Unternehmen und seinen Menschen gerecht bleiben.
Neu-Erscheinung 2017
Presentation Excellence - A holistic approach“ – Reinhard F. Leiter; Verlag Windmühle Hamburg 2017; ISBN 978-3-86451-039-7