Dabei wirkt sich die Verstopfung deutlich negativ auf die Lebensqualität der Betroffenen aus. Zudem entstehen der Gesellschaft hohe Kosten durch Arztbesuche, Verschreibungen, Krankenhausaufenthalte und Arbeitsausfälle. Eine sorgfältige Abklärung ist erforderlich, um eventuelle Ursachen der Verstopfung zu ermitteln. Ein Teil der Betroffenen leidet unter einer primären Verstopfung, bei der die Transportfunktion des Darms gestört ist, ohne dass eine ursächliche Erkrankung hierfür festgestellt werden kann. Für diese Patientinnen steht, wenn herkömmliche Abführmittel zuvor unwirksam waren, mit dem Wirkstoff Prucaloprid eine weitere therapeutische Option zur Verfügung.
Chronische Verstopfung in Deutschland
Angaben zur Häufigkeit der chronischen Verstopfung in Deutschland beruhten bislang überwiegend auf Schätzungen. Mit ca. 5 % lagen die Werte dabei deutlich unter den Angaben aus Europa und dem Rest der Welt. Eine neue Studie (GECCO: German Chronic Constipation) sollte genaueren Aufschluss zum Krankheitsbild der Verstopfung liefern, wie der Studienleiter Prof. Dr. Dipl.-Psych. Paul Enck in seinem Vortrag erläuterte. Prof. Dr. Enck ist in der Abteilung für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie des Universitätsklinikums Tübingen tätig. Die Studie bietet neben Angaben zur Häufigkeit und Auftreten der Erkrankung auch Einsicht in Ernährungsgewohnheiten, Medikamenteneinnahme, Arztkontakte und Lebensqualität von Menschen mit chronischer Verstopfung.
Von den 15.002 Befragten gaben 2240 (14,9 %) an in den vergangenen 12 Monaten verstopft gewesen zu sein (805 Männer, 1435 Frauen). 863 Personen (5,8 %) berichteten von Verstopfungssymptomen in den vergangenen vier Wochen. 692 Personen (4,6 %) hatten wegen der Verstopfung Medikamente eingenommen, 430 (2,9 %) waren deswegen beim Arzt. 386 Personen (2,6 %) berichteten, aktuell unter einer Verstopfung zu leiden (jeweils Frauen und Männer im Verhältnis von etwa 2:1). Von allen verstopften Patienten berichteten 38 % über eine oder mehrere organische Erkrankungen, die die Verstopfung erklären könnten. Hierunter waren vor allem Schilddrüsenunterfunktion, die chronischen Darmerkrankungen Morbus Crohn und Colitis ulcerosa, Zustand nach Schlaganfall, Morbus Parkinson oder Multiple Sklerose. 49 % der Betroffenen nahmen zudem regelmäßig Medikamente ein, die zum Teil verstopfende Wirkung haben. Insgesamt geht Enck davon aus, dass in 60 % der Fälle die Verstopfung auf eine nachweisbare Erkrankung oder auf Nebenwirkungen von Tabletten zurückzuführen ist. Er vermutet bei den übrigen 40 % eine direkte Störung der Darmfunktion, ohne das hierfür eine zugrundeliegende Erkrankung festgestellt werden kann.
Ein Symptom - viele mögliche Ursachen
Die chronische Verstopfung kann viele Ursachen haben, erläuterte PD Dr. Christian Pehl, Chefarzt der Inneren Medizin und Ärztlicher Direktor am Krankenhaus Vilsbiburg in Landshut. Es muss zunächst untersucht werden, ob die Verstopfung mit einer anderen Erkrankung zusammen hängt oder als Nebenwirkung von Medikamenten auftritt. Ist beides auszuschließen, spricht man von einer primären Verstopfung.
Eine häufige Form der primären Verstopfung ist die so genannte slow-transit-constipation. Dabei wird die Verstopfung durch einen verlangsamten Transport des Speisebreis durch den Darm hervorgerufen. Bei den Extremformen kommt es sogar nur alle paar Wochen zu einer Darmentleerung. Der Transport im Darm wird über das enterische Nervensystem gesteuert, das den gesamten Magen-Darm-Trakt durchzieht. Grundlage ist der sogenannte peristaltische Reflex, der Aktivierung und Hemmung der beteiligten Muskulatur steuert. Bei einer slow-transit-constipation ist dieser Reflex gestört. Hier setzt der Mechanismus des Wirkstoffs Prucaloprid an, der "prokinetisch", also die Bewegung fördernd, wirken soll. Er ahmt das Hormon Serotonin nach, das die Darmbewegung steuert. Es regt die Muskelzellen des Darmes an, sich stärker und häufiger zu bewegen.
Insbesondere bei dieser Form der chronischen Verstopfung erscheint der Einsatz von 5-HT4-Rezeptor-Agonisten (z.B. Prucaloprid) sinnvoll. Diese wirken "prokinetisch", d.h. sie fördern die Darmbewegung, indem sie die Wirkung des körpereigenen Hormons Serotonin nachahmen. Infolge dessen werden die Muskelzellen des Darm stärker und häufiger angeregt, was zu einer Normalisierung der Darmbewegung führen kann.
"Eisberg-Erkrankung" Verstopfung
Verstopfung ist eine typische "Eisberg-Erkrankung", sagte Prof. Dr. Thomas Frieling, Chefarzt der Medizinischen Klinik II der Helios Klinik Krefeld und Vorsitzender des Symposiums. Bei ihr ist der Übergang vom normalen körperlichen Zustand hin zur Krankheit fließend. Patienten können auch bei normal häufigem Stuhlgang ein Verstopfungsgefühl durch eine erschwerte Stuhlentleerung mit der Notwendigkeit des Pressens entwickeln. Andererseits kommt es vor, dass Patienten mit über mehrere Tage ausbleibendem Stuhlgang beschwerdefrei und nicht verstopft sind. Laut einer kürzlich publizierten Internet-basierten Umfrage in Deutschland empfinden verstopfte Patientinnen harte Stühle (54 %), Pressen (53 %), Bauchschmerzen (37 %) und eine unregelmäßige Stuhlfrequenz (36 %) als besonders belastend. Um die Patienten angemessen und erfolgreich zu behandeln, ist es entscheidend, bereits zu Beginn der Diagnostik die Ursache der Verstopfung zu ermitteln.
Quelle: Satellitensymposium der Firma Shire Deutschland GmbH anlässlich des 68. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS), 12.9. 2013 in Nürnberg.