Für die Leistungen des Skyrunners Christian Stangl wurden schon alle Superlative bemüht, die das Wörterbuch hergibt.Als er vom Gipfel des Everests ins Basislager zurück kam und sagte, die Tour in 24 Stunden rauf und runter "gegangen" zu sein, lachten ihn die Bergsteiger aus. Jedoch nur so lange, bis sie die Gipfelfotos sahen.
Der Everest gehört zu Stangls "Seven Summits Speed"-Tour: Die höchsten Kontinental-Berge in Rekordzeit erobern. Dabei geht es Stangl nicht um die an sich schon beachtliche Leistung, das in einem Bergsteigerleben zu erreichen. Stangl möchte mehr: Die Grenzen des Höhenbergsteigens in neue Dimensionen bringen. Auf jeden der sieben Gipfel im Skyrunning-Stil, der neuesten und immer populärer werdenden Disziplin des Höhenbergsteigens: ohne fremde Hilfe, ohne Sauerstoffflasche, ohne Ballast wie Zelt oder High-tech-Equipment. "Ehrliches Bergsteigen", wie der Admonter das nennt.
Der Everest als Tagestour. Ähnlich wie der heimische Bergsteiger am Wochenende auf seinen Hausberg kraxelt. Warum soll das nicht auch für alle Berge dieser Erde gelten?
Neben dem Speed-Erlebnis zählt für Stangl die Schönheit und Vielfalt der sieben Gipfel: "Jeder dieser Berge ist anders, hat ein total anderes Klima. Insgesamt fordern die sieben Gipfel einen kompletten Bergssportler. Der Mount McKinley in Alaska war eine Ski-Schnellbesteigung in knapp 17 Stunden, an der Carstensz-Pyramide in Papua kletterte ich solo und seilfrei durch die 780m hohe Nordwand und den Kilimandscharo joggte ich in Turnhose und Turnschuhen als Bergmarathon", so Stangl.
Sechs der höchsten "Muggel" (steirisch für Erhebung) der Kontinente hat er bereits bestiegen: den Aconcagua (6.959 Meter) in Südamerika in viereinhalb Stunden, den Kilimandscharo (5.895 Meter) in fünfeinhalb, den Elbrus (5.643 Meter) etwas über fünf Stunden, die Carstensz-Pyramide in Neuguinea in unglaublichen 49 Minuten (!), den Denali/Mount McKinley (6.194 Meter) in Alaska in knapp 17 Stunden. Und 2006 den Everest vom Basislager über dieNordroute zum Gipfel in 16 Stunden und 42 Minuten – und an acht Leichen vorbei, wie Stangl berichtet.
"Die Vielfalt fasziniert, diese unglaubliche Schönheit dieser Berge. Majestätisch wie der Olymp überragen sie die Ebenen oder die Nachbargipfel. Ich kann nicht anders, ich muss schnell hinauf. Es ist wie ein Seil, das mich hochzieht. Alles scheint ganz leicht und auf dem Gipfel ist das Gefühl unbeschreiblich. Früher hätte man das als mystisch bezeichnet, heute heißt das, den Flow spüren."
Einer fehlt noch auf der Liste. Einer der schwierigsten, weil unwirtlichsten und gefährlichsten: der Mount Vinson in der Antarktis. 4.897 Meter hoch, die Spitze ragt 3000 Meter aus dem ewigen Eis. Schwer zu erreichen, Temperaturen bis Minus 50 Grad, Orkane mit Windstärken, die kaum mehr in die üblichen Skalen passen. Vom Basislager zum Gipfel und zurück will Stangl die knapp 3000 Höhenmeter schneller als 26 Stunden laufen, dem aktuellen Rekord.
Zur Vorbereitung geht’s auf den Himalaya-Achttausender Cho-Oyu. Für andere ein Lebensziel: die Besteigung eines Achttausenders. Für Stangl schlicht das Trainingslager. "Ich muss topfit sein für die Antarktis, Ausdauer und Höhen-Akklimatisierung pushen. Der Cho-Oyu ist ideal dafür: vom Basislager kann ich nonstop in einer Tour zum Gipfel. Und das werde ich sogar mehrmals machen. Dass ich den Speedrekord brechen werde, ist ein netter Nebeneffekt. Danach kann der Mount Vinson im November kommen. Einfach wird das nicht. Doch nicht von ungefähr bildet er den Abschluss meiner Sieben-Gipfel-Tour. Das schwierigste soll man sich für den Schluss aufheben", so der Skyrunner.
Übrigens hat Stangl gerade einen Film abgedreht: "Der Skyrunner". Er wird im Rahmen der European Outdoor Filmtour (EOFT) im Dezember uraufgeführt. Die EOFT ist mit knapp 60 Veranstaltungen in Deutschland, Österreich, der Schweiz und den Niederlanden das größte Film-Event für die Outdoor Community in Europa. Für Journalisten/innen gibt’s eine DVD-Vorabversion, die bei WILKOM angefordert werden.