Am Anfang stand keine bildungspolitische, sondern eine unternehmerische Initiative. 1971 traten die damalige Daimler-Benz AG, die Robert Bosch GmbH und die Standard Elektrik Lorenz AG an das Kultusministerium Baden Württemberg heran, mit der Bitte, den bestehenden dualen Studiengang aufzuwerten, um den Studierenden eine echte Alternative zum klassischen Hochschulstudium zu bieten. Die Lerninhalte müssten hierzu ein mit der Hochschule vergleichbares Niveau erreichen.
Drei Jahre später begann 1974 die Erfolgsstory der "Berufsakademie Baden-Württemberg". Zuerst jedoch als Bildungs-Projekt. 1981 hatten sich bereits 9 weitere Berufsakademien in ganz Baden Württemberg dem dualen Ausbildungsprojekt angeschlossen, im Folgejahr 1982 erfolgte die offizielle Legalisierung durch das vom Stuttgarter Landtag verabschiedete "Berufsakademiegesetz BAG" für Baden-Württemberg. Zentrale bildungspolitische Forderungen von Bologna, wie beispielsweise der Employability der Auszubildenden, waren so gesehen lange vor 1999 Baden-Württembergische Bildungsrealität.
Die Berufsakademie Baden-Württemberg wurde im März 2009 in "Duale Hochschule Baden Württemberg", kurz DHBW, umgewandelt, der Hochschulstatus wurde somit offizialisiert. Inhaltlich wurde und wird das Konzept eines kompakten dreijährigen Studiums weiterverfolgt. In insgesamt sechs Theoriephasen werden die Inhalte eines äquivalenten, nicht dualen Hochschulstudiums vermittelt. Während sechs Praxisphasen in den Unternehmen werden die Studieninhalte vertieft bzw. ergänzt. Alle Bachelor Abschlüsse sind nach dem Bologna-Modell akkreditiert und gleichgestellt mit den klassischen, nicht dualen Bachelor Abschlüssen. Wobei es ein offenes Geheimnis zu sein scheint, dass viele Unternehmen bevorzugt die Praxis erfahrenen Studienabgänger dualer Ausbildungszweige einstellen.
Die acht Studienorte der DHBW und ihr Studienangebot weisen zum Teil auch regional bedingte Unterschiede auf. An der DHBW Lörrach werden beispielsweise auf Grund der Grenznähe zur Schweiz und Frankreich besondere Abschlüsse wie die Trinationale Ingenieurausbildung zum Bachelor of Engineering, Bachelor der Fachhochschule Nordwestschweiz und Licencié der Université de Haute-Alsace angeboten. Aktuell studieren ca. 1700 Studierende verteilt auf 15 Studiengänge an der DHBW Lörrach.
Einer der neueren und sehr nachgefragten Studienangebote der DHWB Lörrach ist der seit Oktober 2004 angebotene Bachelor in Tourismusbetriebswirtschaft. Allein 56 der insgesamt 152 Studierenden dieses Studienzweigs haben im Oktober 2009 ihr Studium begonnen. Der Erfolg dieses oder vergleichbarer Studiengänge könne mit der allgemein gewachsenen Bedeutung des Service- und Dienstleistungssektors anteilig an der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung erklärt werden, erörtert Prof. Dr. Valentin Weislämle, verantwortlich für den Studiengang Tourismusbetriebswirtschaft an der DHBW. Weislämle spricht von der "Hoffnungsbranche Tourismus". "Gerade in einer touristisch derart attraktiven Region wie dem Schwarzwald und dem Elsass liegen viele Wertschöpfungs- und Arbeitsplatzpotenziale, die durch professionellen Tourismus erschlossen werden können." erklärt Weislämle.
Bis dato sei der regionale Tourismus durch eine sehr geringe Akademikerdichte gekennzeichnet. Die meisten touristischen Organisationen und Strukturen seien durch öffentliche Trägerschaft bzw. inhabergeführte Unternehmen gekennzeichnet. Dies habe zur Folge, dass ein bedeutender Teil der Stellen aus dem öffentlichen Dienst rekrutiert wurde, wodurch sich das bestehende Defizit an spezifischer Ausbildung im Tourismus erklären ließe, führt Weislämle weiter aus.
Von den ca. 540 ausbildenden Partnerunternehmen der DHBW Lörrach entfallen über 50 Betriebe auf den Bereich Tourismuswirtschaft. Hierunter befinden sich drei in der Schweiz, ein in Frankreich, ein in England und ein weiteres in Zypern ansässiges Unternehmen. Die klassischen Touristiker führen bei der Zahl der Auszubildenden. Thomas Cook liegt mit insgesamt 15 Studenten vor Spar mit! Reisen mit 9 Auszubildenden, gefolgt von der Treugast Solution Group mit 8 Auszubildenden. Gemessen an der Gesamtzahl von 152 Studierenden entfallen auf Thomas Cook und Spar mit! Reisen ein überproportional hoher Anteil an Auszubildenden. Spar mit! Reisen kann in Anbetracht der wesentlich kleineren Unternehmensstruktur und gemessen daran, dass das Unternehmen ein Jahr später als Thomas Cook in eine Kooperation mit der DHBW Lörrach eintrat, den mit 14 Prozent höchsten Studierenden-Anteil umgerechnet auf die Gesamtbelegschaft ausweisen. Aktuell zum 1. Oktober konnte Spar mit! Reisen den ersten Ausbildungsvertrag in ein Arbeitsverhältnis umwandeln.
"Als Reiseveranstalter mit vielen Alleinstellungsmerkmalen ist das duale Ausbildungsmodell für uns besonders attraktiv", erklärt Mathias Finck, geschäftsführender Alleininhaber von Spar mit! Reisen. "Denn in den dreimonatigen Praxisphasen können wir die Studierenden intensiv in unsere unternehmensspezifischen Abläufe einarbeiten. Nach einer Übernahme profitieren hiervon beiden Seiten enorm."
"Insgesamt führt die starke Einbindung der Unternehmen als gleichberechtigte Partner im Ausbildungsmodell der DHBW zu nachfrageorientierten Studiengängen, die einerseits wissenschaftlich ausgerichtet sind, andererseits aber die konkreten Anforderungen der Unternehmen in den Mittelpunkt der zu vermittelnden Kompetenzen setzen", erläutert Weislämle. Das BA-Modell der DHBW erfülle also per se schon lange die Forderungen des Bolognaprozesses nach bestmöglichster Employability. Auch die Übernahme- und Beschäftigungsquote der Absolventen von über 90% spräche eine eindeutige Sprache.