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Kultur beeinflusst die Denkweise

Wie unser Gehirn arbeitet, ist nicht von Geburt an vorherbestimmt, sondern stark durch das kulturelle Umfeld geprägt

(lifePR) (Heidelberg, )
So entdeckten Neuroforscher Unterschiede zwischen Menschen aus dem westlichen und dem fernöstlichen Kulturkreis: Europäer und US-Amerikaner konzentrieren sich eher auf einzelne, ihnen wichtig erscheinende Objekte oder Merkmale; Asiaten dagegen nehmen stärker das Ganze in den Blick. Das berichtet der Neuropsychiater Georg Nordhoff in der aktuellen Ausgabe des Psychologiemagazins "Gehirn&Geist" (6/2009).

Wer bisher glaubte, die Gehirne aller Menschen, egal welcher Herkunft, funktionierten im Prinzip gleich, muss umdenken. Forschungen der letzten Jahre zeigen nämlich, dass die Hirntätigkeit und damit unser Wahrnehmen, Denken und Fühlen stark von dem kulturellen Umfeld beeinflusst werden. So neigen Menschen im Westen zu zergliederndem, analytischen Denken, während Asiaten eine ganzheitliche Sichtweise auszeichnet.

Den Grund dafür sieht der Psychologe Richard Nisbett von der University of Michigan in Ann Arbor im starken sozialen Zusammenhalt östlicher Kulturkreise. Die Gemeinschaft steht etwa einen Chinesen allgemein über dem Einzelnen. Dagegen würden Menschen im Westen stärker auf Individualismus "gepolt", was deren mentale Vorlieben präge.

Einen möglichen Beleg für diese These lieferte ein Experiment des Forschers Takahiko Masuda von der University of Edmonton (Kanada). Er führte eine Studie zur emotionalen Gesichtserkennung durch, wobei je einer Gruppe von Japanern und Kanadiern comicartige Bilder vorgelegt, auf denen mehrere Kinder im Hintergrund und eines im Vordergrund zu sehen waren. Nun galt es, den Gesichtsausdruck des zentralen Kindes zu bestimmen. Dabei ließen die japanischen Teilnehmer stärker von der Mimik der Kinder im Hintergrund beeinflussen. Die Kanadier dagegen waren nur auf das zentrale Kind fixiert.

Ein weiterer Versuch zeigte, dass Menschen in westlichen Kulturkreisen ein unabhängigeres Selbstbild besitzen, solche aus dem fernen Osten dagegen stärker in Beziehungen zu anderen verstrickt sind. Die Forscherin Ying Zhu von der Universität in Peking ließ Personen aus der chinesischen Hauptstadt sowie aus New York Adjektive danach beurteilen, ob sie auf sich selbst, auf eine andere Person oder auf die eigene Mutter zuträfen. Gleichzeitig registrierte sie die Gehirnaktivitäten der Testkandidaten.

Ergebnis: In den Köpfen der Chinesen waren sehr ähnliche Hirnaktivitäten festzustellen bei Adjektiven, die die eigene Mutter betrafen, wie bei solchen, die auf die Probanden selbst gemünzt waren. Westlern zeigten umgekehrt bei Bewertung eines anderen, fremden Menschen ähnliche Erregungsmuster wie beim "Muttertest". Die Verbindung zur eigenen Mutter scheint in den östlichen Kulturkreisen also bis ins Selbstkonzept hineinzureichen. Laut Georg Northoff sollten Forscher künftig stärker auf das kulturelle Umfeld konzentrieren, da es unser Gehirn stärker verändern könne als man bislang annahm.

Mit diesem Bericht startet das Magazin "Gehirn&Geist" eine neue Serie über "Die 5 größten Rätsel der Hirnforschung". Weitere Themen in den nächsten Ausgaben sind Plastizität, Persönlichkeit, Empathie und Bewusstsein.

Über Gehirn&Geist:

Gehirn&Geist ist das Magazin für Psychologie und Hirnforschung aus dem Verlag Spektrum der Wissenschaft. Es erscheint seit 2002, mittlerweile in 10 Ausgaben pro Jahr. Fundiert und allgemein verständlich berichten Wissenschaftler und Fachjournalisten in Gehirn&Geist über die Welt im Kopf. Schwerpunkte liegen dabei auf Psyche und Verhalten, Wahrnehmung und Bewusstsein, Intelligenz und Kreativität, Gefühle und Gedächtnis. Neue Erkenntnisse und Trends in der Psychotherapie und Medizin gehören ebenso dazu wie gehirngerechtes Lernen, Kindererziehung, Coaching und gesellschaftliche Debatten. Daneben informieren spezielle Sonderhefte ausführlich über Einzelthemen.

Die Homepage www.gehirn-und-geist.de mit aktuellen Nachrichten, Newsletter und dem kompletten Heftarchiv runden das redaktionelle Angebot ab. Außerdem bieten wir mit www.brainlogs.de das größte deutsche Blogportal für Psychologie und Neurowissenschaften, in dem Experten und Laien diskutieren.

Zu unseren rund 100 000 Lesern gehören Mediziner, Therapeuten, Manager, Lehrer, Eltern, Studenten und Interessierte, die sich umfassend, kompetent und aus erster Hand informieren wollen. Das erfolgreiche Konzept von Gehirn&Geist stand Pate für zahlreiche ausländische Schwestermagazine unter anderem in Italien, Spanien, Frankreich, Brasilien, Belgien und den Niederlanden. Mit "MIND" eroberte ein weiterer Ableger von Gehirn&Geist sogar den hart umkämpften Zeitschriftenmarkt in den USA.
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