Studien mit bildgebenden Verfahren deuten darauf hin, dass Ärzte viele Wachkomapatienten irrtümlich für bewusstlos erklären. Adrian Owen vom Medical Research Council in Cambridge hat eine Wachkomapatientin während eines Hirnscans gebeten, im Geiste Tennis zu spielen oder durch ihr Haus zu laufen. Es zeigte sich, dass bei ihr die gleichen Hirnregionen aktiv waren wie bei Gesunden, die dieselben Aufgaben erfüllten. »Diese Hirnaktivität kann nur dann entstehen, wenn sich jemand etwas bewusst vorstellt«, sagt der Forscher. Den heute geltenden Kriterien zufolge ist dies aber ausgeschlossen. Seine Studie führte Owen mittels funktioneller Magnetresonanztomografie (fMRT) durch.
»Die heutigen Wachkoma-Tests stammen aus einer Zeit, als funktionelle Bildgebung noch völlig unbekannt war«, erklärt Owen. Der Neurowissenschaftler plädiert daher dafür, künftig neben dem äußeren Verhalten auch die Hirnaktivität eines Patienten zu berücksichtigen.
Owens Schlüsse sind jedoch nicht unumstritten. Kritiker zweifeln an der Aussagekraft der Untersuchung: fMRT bestimme lediglich die Aktivität von Gehirnarealen – ob die Patienten währenddessen etwas erlebten, sei nicht messbar. Außerdem hätten alle Messungen bisher ergeben, dass die Gehirnaktivität von Menschen im Wachkoma gegenüber Normalen insgesamt stark reduziert sei. Dies spräche gegen die These einer bewussten Wahrnehmung.
Owen hält dem entgegen, dass die Aktivität in exakt denselben Arealen auftrat wie im gesunden Gehirn. Darum halte er ein bewusstes Erleben für wahrscheinlich. Auf wie viele der Betroffenen dies insgesamt zutreffe, sei allerdings noch unklar. Immerhin konnte bislang jeder zweite von Owens Patienten sprachliche Anweisungen befolgen; besonders schwere Fälle würden allerdings von vornherein nicht untersucht.
Menschen im Wachkoma halten ihre Augen meist über längere Zeit geöffnet, haben einen stabilen Kreislauf und atmen selbstständig. Obwohl sie gelegentlich Geräusche von sich geben und auf Reize reagieren, zeigen sie keine äußerlichen Anzeichen von Bewusstsein. In der Regel stellen Ärzte dann die Diagnose »Wachkoma« anhand von standardisierten Beobachtungskriterien. Nach Schätzungen betrifft dies allein in Deutschland derzeit rund 8000 Menschen.