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Die Uhr im Kopf

Psychologen und Chronobiologen untersuchen, wie das Gehirn Zeit misst und warum wir sie je nach Situation unterschiedliche wahrnehmen

(lifePR) (Heidelberg, )
In den schönsten Momenten rast sie vorbei, in den öden kriecht sie: die Zeit. Wie wir die vierte Dimension erleben, ist Forschern zufolge vor allem eine Frage der geistigen Perspektive, berichtet die Zeitschrift Gehirn&Geist in ihrer neuen Ausgabe (10/2007).

Um das subjektive Zeiterleben zu erforschen, stürzte der Psychologe David Eagleman von der Baylor University in Houston (US-Bundesstaat Texas) Probanden von einem rund 50 Meter hohen Turm. Die Freiwilligen fielen in ein Netz – nachdem sie einen einfachen Sehtest absolviert hatten. Auf einem Display am Handgelenk flackerten Zahlen, so schnell dass man sie normalerweise nicht erkennt. Und im freien Fall? Die Testkandidaten erlebten dessen Dauer zwar deutlich länger als sie tatsächlich war, doch die Wahrnehmung veränderte sich nicht. Nur »Matrix«-Held Neo vermag deren zeitliche Auflösung im Notfall zu erhöhen, um zum Beispiel einem Kugelhagel auszuweichen.

Die »innere Zeit« des Menschen entsteht im Zusammenspiel von Aufmerksamkeit, Wahrnehmung und Gedächtnis, erklärt der Chronopsychologe Pascal Wallisch von der University of Chicago in Gehirn&Geist (Heft 10/2007). Experimenten zufolge beginnt die Uhr im Kopf immer dann zu rasen, wenn wir vielen neuen, schnell wechselnden oder besonders komplexen Reizen ausgesetzt sind. Unsere mentalen Ressourcen werden dann stark von der Situation beansprucht. Im Gegensatz dazu vergehen reizarme Perioden etwa bei Routinetätigkeiten eher schleppend.

In der Erinnerung sieht die Sache dagegen anders aus, wie der britische Psychologe John Wearden von der Keele University in Staffordshire nachwies. Er zeigte einer Gruppe von Versuchspersonen einen Ausschnitt des Hollywood-Films »Armageddon«. Eine zweite Gruppe verbrachte den gleichen Zeitraum in einem Wartezimmer, ohne etwas Bestimmtes zu tun. Erwartungsgemäß ließ die Vorführung die Minuten verfliegen. Doch als der Forscher einige Zeit später noch einmal nachfragte, schätzten die ehedem beschäftigungslosen Probanden die Experimentaldauer um gut zehn Prozent kürzer ein als die Filmgucker! Ereignisreiche Phasen erscheinen rückblickend länger, langweilige dagegen kürzer – und das umso mehr, je länger der betreffende Abschnitt zurückliegt.

An der mentalen Zeitmessung beteiligt sind vor allem der Thalamus, die »Pforte unserer Sinneswahrnehmung«, das tief im Gehirn liegende Striatum sowie Rindenareale im Stirn- und Scheitellappen des Gehirns. Je nachdem, wie stark sie aktiv sind und miteinander kommunizieren, verändert sich unser Zeitempfinden. Hier entsteht vermutlich auch das Gefühl von Zeitnot – als Symptom akuter Überlastung.
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