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Gefühle – Wurzeln unserer Moral?

Neuroethik

(lifePR) (Heidelberg, )
Sich in andere einzufühlen, hilft Kindern einen Sinn für Fairness zu entwickeln. Und auch Hirnscans von erwachsenen Probanden, die im Labor moralische Probleme lösen, deuten darauf hin: Beim ethischen Urteilen folgen wir eher unseren Emotionen als rationalen Überlegungen.

Was haben Buddha, Immanuel Kant und der Dalai-Lama gemeinsam? Sie alle such(t)en nach einer Anleitung zum ethisch richtigen Handeln. Doch die Weisheit der Denker hört da auf, wo menschliche Gefühle ins Spiel kommen: Sie bilden offenbar die wahre Grundlage moralischer Urteile. Das haben Neuroforscher entdeckt, als sie die verschlungenen Pfade der Moral im Gehirn entwirrten, berichtet die Zeitschrift Gehirn&Geist in ihrer neuen Ausgabe (1-2/2008).

Mittels moderner bildgebender Verfahren, die es erlauben, dem Gehirn beim Lösen bestimmter Aufgaben "zuzusehen", untersuchten die Wissenschaftler Testpersonen im Labor. Sollten diese moralische Probleme lösen, sprangen vor allem die emotionalen Zentren des Denkorgans an.

Joshua Greene von der Harvard-University in Boston (USA) stellte seinen Probanden Aufgaben wie diese: Ein Waggon rast auf fünf Bahnarbeiter zu – durch Betätigen einer Weiche lässt sich der Zugteil auf ein Nebengleis lenken, wo nur ein Mensch steht. Würden Sie diesen einen opfern, um die anderen fünf zu retten? Die meisten Kandidaten beantworten dies mit Ja. Müssten sie allerdings einen Mann von einer Brücke stoßen, um den Waggon aufzuhalten, so lautet die Antwort meistens: Nein!

Gefühle stellen hier offenbar eine entscheidende Hürde dar: Das individuelle Tötungsverbot lässt uns vor dem Brückenstoß zurückschrecken, nicht dagegen vor dem Umlegen der Weiche – obwohl unterm Strich beides die gleiche Wirkung hat.

Ist uns das ethische Empfinden in die Wiege gelegt? Die Entwicklungspsychologin Claudia Keller vom MPI für Bildungsforschung in Berlin berichtet in derselben Gehirn&Geist-Ausgabe (3/2008) von Beobachtungen an Kleinkindern: Bereits mit 18 Monaten versuchen diese mitunter aktiv zu trösten oder teilen der Fairness halber mit anderen. Von "kleinen Egoisten" kann insofern keine Rede sein – freilich lernen Kinder erst im späteren Alter über ethisches Verhalten nachzudenken.

Der Harvard-Psychologe Marc Hauser spricht von einem angeborenen Moralsinn, der uns den Erwerb ausgefeilter moralischer Verhaltensregeln überhaupt erst ermögliche. Diese seien maßgeblich durch persönliche Erfahrungen und die jeweilige Kultur bestimmt, gehorchen aber dennoch universellen Grundregeln wie dieser: Die beabsichtigten Folgen einer Handlung wiegen schwerer als bloße Nebeneffekte. So lässt sich auch unser "irrationales" Urteil im Beispiel mit den Bahnarbeitern erklären.
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