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„Jetzt bloß nicht rot werden!“

Erythrophobie

(lifePR) (Heidelberg, )
Erröten ist zwar keine Krankheit, doch die Angst davor kann zu einem psychischen Problem werden. Wissenschaftler erforschen, wie eine "Erythrophobie" entsteht, und zeigen neue Wege auf, die Furcht vor dem Rotwerden zu überwinden.

Jetzt nur nicht rot werden! Vielen dürfte dieser Gedanke vertraut sein. Doch worin die Angst vor dem Erröten wurzelt, ist gar nicht so leicht zu beantworten. Psychologen jedenfalls halten weniger eine körperliche Neigung als vielmehr psychische Faktoren für ausschlaggebend. So schießt Erythrophobikern das Blut nicht unbedingt schneller als anderen Menschen ins Gesicht. Bei ihnen dauert es allerdings länger, bis die Blutgefäße sich wieder verengen und die Gesichtsröte der normalen Hautfärbung weicht. Das zeigte eine aktuelle Studie an der australischen Murdoch University, über die das Psychologiemagazin Gehirn&Geist in seiner aktuellen Ausgabe (1-2/2008) berichtet.

Denkbar ist, dass die Betroffenen einfach deshalb auffällig rot werden, weil sie sich – sind sie erst einmal in Verlegenheit geraten – nur langsam wieder beruhigen. Negative soziale Einflüsse verstärken dabei die Angst vor dem Rotwerden noch: Beispielsweise befürchteten erwachsene Testpersonen in einem weiteren Experiment eher zu erröten, wenn ihnen zuvor eingeredet worden war, sie seien schon beim Vortest auffallend rot angelaufen.

In der therapeutischen Praxis wird Erythrophobie als übertriebende Furcht, vor anderen schlecht dazustehen, interpretiert. Die Errötungsangst rangiert deshalb in den Diagnosehandbüchern als Unterform der sozialen Phobie. An dieser Störung erkranken etwa zwei bis sieben Prozent der Bevölkerung, wovon wiederum 70 Prozent über Erröten klagen. Die Angst vor dem Rotwerden kann großes psychisches Leid verursachen: Betroffene Kinder und Jugendliche gehen ungern zur Schule, Erwachsene fürchten den Kontakt mit Arbeitskollegen oder geben in Extremfällen sogar den Beruf auf. Nicht wenige Erythrophobiker hegen Suizidabsichten.

Gegen die Ängste kann eine kognitive Verhaltenstherapie helfen. Ein gut wirksames Behandlungskonzept wird seit einigen Jahren an der Universität Maastricht praktiziert. Dort kombiniert die Psychologin Susan Bögels Bausteine der kognitiven Verhaltenstherapie mit einem "Aufgaben-Konzentrations-Training". Hierbei sollen Betroffene lernen, ihre Aufmerksamkeit anstatt auf sich selbst stärker nach außen zu lenken. Um erste Anzeichen des Rotwerdens zu erspüren und gegebenenfalls die Flucht zu ergreifen, konzentrieren sich Erythrophobiker in brenzligen Situationen nämlich meistens ganz auf ihr eigenes Empfinden. Was um sie herum geschieht, bekommen sie dann gar nicht mehr richtig mit.

Experten diskutieren auch chirurgische Therapien zur Behandlung der Erythrophobie. Dabei versuchen Ärzte die Aktivität des Sympathikus einzudämmen. Dieser Teil des Nervensystems sorgt in Stresssituationen dafür, dass sich die Blutgefäße in der Gesichtshaut weiten. Das Durchtrennen oder Abklemmen des Sympathikus bringt jedoch erhebliche Nebenwirkungen mit sich. Bei vielen Patienten kommt es beispielsweise zu verstärktem Schwitzen als Ausgleichsreaktion. Da eine Operation die psychischen Ursachen der Erythrophobie nicht beseitigen kann, lehnen viele Psychologen sie entschieden ab.
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