d23 steht für Dorfstraße 23 in Klein-Reken, der Adresse des Elternhauses von Thomas Rentmeister, der 1964 in Reken, Westfalen geboren wird. Den Umzug seiner Mutter in ein Pflegewohnhaus und die damit verbundene Auflösung des Hausstands nimmt Rentmeister zum Anlass, sich mit seiner eigenen Geschichte und Biografie auseinanderzusetzen. So wie die Lebensumstände seines Elternhauses seine persönliche Identität mitgeformt haben, verleiht er dem Materialkosmos aus seiner Vergangenheit eine bildhauerische Gestalt.
Für „d23“ hat der Künstler die beweglichen Dinge, die sich am Ende noch im Haus befunden haben, verarbeitet: Der gesamte Hausrat, viele persönliche Gegenstände sowie eigene „Frühwerke“ und in der Garage eingelagerte Negativformen seiner Polyesterskulpturen haben drei 7,5-Tonner LKW gefüllt, die je bis zu 36 Kubikmeter fassen.
Rentmeister hatte sich zum Ziel gesetzt, mit dem unüberschaubaren Fundus aus kunstfernen Gegenständen und Materialien skulptural zu arbeiten. Für „d23“ hat er nun in zwei Räumen des Sprengel Museum Hannover alle Gegenstände zu überbordenden Rauminstallationen verarbeitet. Mehr als drei Wochen hat der in Berlin und Brandenburg lebende Künstler vor Ort in Hannover für die Fertigung der Skulpturen gebraucht.
Thomas Rentmeister, geboren 1964 in Reken (Westfalen), arbeitet in den Bereichen Skulptur und Installation. Seit 2009 hat er eine Professur für Skulptur an der Hochschule für Bildende Künste Braunschweig inne. Seine Werke werden national und international gezeigt – er hatte Einzelausstellungen unter anderem im Museum Abteiberg, Mönchengladbach, im Hamburger Bahnhof, Berlin, in der Kunsthalle Nürnberg, im Museum Boijmans Van Beuningen, Rotterdam, im Kunstmuseum Bonn, im Perth Institute of Contemporary Arts und im Sprengel Museum Hannover. Außerdem ist er in zahlreichen öffentlichen und privaten Sammlungen vertreten. Thomas Rentmeister lebt und arbeitet in Berlin und Dreetz (Brandenburg). www.thomasrentmeister.de
KUNST DER GEGENWART AUS NIEDERSACHSEN
Die Monografienreihe „Kunst der Gegenwart aus Niedersachsen” bietet seit nahezu 60 Jahren einen Überblick über bedeutende niedersächsische Künstler*innen verschiedener Sparten. Jährlich wird ein*e Künstler*in mit einer Publikation und einer Ausstellung im Sprengel Museum Hannover der Öffentlichkeit vorgestellt. Seit Band 67 gibt die Stiftung Niedersachsen die Reihe heraus. Sie erscheint aktuell im Wallstein-Verlag, Göttingen, und wird redaktionell von Dr. Annett Reckert und Thomas Kaestle betreut.
Band 79 „Thomas Rentmeister. d23“, Wallstein-Verlag, Göttingen, zahlreiche Abbildungen, 20 Euro. Die Bücher sind Anerkennung und Ehrung für die Künstler*innen, die mit dem Land Niedersachsen verbunden sind, die auf beachtliche Karrieren und umfangreiche Werke zurückblicken können. Jede*r Künstler*in erhält die Möglichkeit, die Monografie nach ihren Wünschen zu gestalten. So entstehen alljährlich besondere Buchwerke.
Mehr zu „Kunst der Gegenwart aus Niedersachsen“ und eine Liste vormaliger Künstler*innen, die in der Buchreihe erschienen sind, finden sich auf der Website der Stiftung Niedersachsen: https://www.kunst-der-gegenwart.de
ZITATE AUS DER MONOGRAFIE THOMAS RENTMEISTER. D23, BAND 79
„Indem Thomas Rentmeister den Gebrauchswert von Materialien einfach umgeht, indem er kunstfremde Materialien ins Werk einbringt, treten wir einen Schritt von den Arbeiten zurück und lachen, über uns selbst, die Situation und die Welt, wie wir sie uns gemacht haben. Wir setzen uns über die Realität (mitsamt aller Normen) für einen Moment hinweg und beginnen, zumindest mental, (mit) zu spielen.“
Arne Rautenberg, Seite 19
„Thomas Rentmeister (…) behielt den gesamten Hausstand seines Elternhauses. Alles, was nicht die Verwandten haben wollten oder fest verbaut war, kam in Container. (…) Das Material soll die Grundlage für eine Installation im Sprengel Museum Hannover bilden, die zentrale Anliegen im Werk von Thomas Rentmeister umspannt. Es ist eine Arbeit, die genuin aus den Fragen seines bisherigen Schaffens erwächst. (…) Wo endet die Definition eines Gegenstands als Alltagswerkzeug und wo beginnt seine Klassifizierung als alltagsentrücktes Kunstwerk?“
Friederike Quander, Seite 39/40