Die Kuratorin Elsbeth Wiemann und der Leiter der Gemälderestaurierung Henning Autzen begleiteten gemeinsam den Aufbau des 1519 entstandenen monumentalen Wandelaltars, von dem vier beidseitig bemalte Flügel erhalten sind. Diese wurden an einem Gerüst befestigt, das 1978 von dem Florentiner Schlosser Mario Mariani, von dem auch die Altarunterbauten für die Uffizien stammen, eigens für den Herrenberger Altar entworfen und hergestellt wurde.
1891 gelangte das Werk aus der Stiftskirche St. Marien in Herrenberg in die Württembergische Altertumssammlung Stuttgart, von wo die Staatsgalerie es 1924 übernahm. Der Altar wird im Rahmen der Neupräsentation erstmals einen anderen Standort in der Staatsgalerie einnehmen. Der neben dem Festsaal größte und höchste Raum des Gebäudes bietet mehr Platz für die beeindruckenden Ausmaße des Altarensembles, das für die ursprüngliche Aufstellung in der Herrenberger Stiftskirche auf Untersicht angelegt wurde. Nicht allein die als Schauseite für die Osterzeit und gewöhnliche Sonntage vorgesehenen vier Tafeln zur Passion Christi können nun aus größerer Entfernung betrachtet werden. Auch die Rückseite des Altars mit dem Flügelpaar zum Abschied der Apostel und den Tafeln zur Verlobung Mariens und der Beschneidung Christi, die ursprünglich nicht zusammen zu sehen waren, ist an ihrem neuen Standort besser zugänglich.
In der Neupräsentation unserer Sammlung wird dem im Stil des spätmittelalterlichen Manierismus geschaffenen Herrenberger Altar ein Werk Barnett Newmans gegenübergestellt. Die großen Farbflächen, die der Vertreter des amerikanischen Abstrakten Expressionismus schuf, können als moderne Andachtsbilder verstanden werden. Der Besucher wird vor diesem Bild wie vor dem monumentalen Altarwerk Ratgebs zu einer meditativen Betrachtungsweise angeregt.