Johannes Pohl, Technischer Geschäftsführer der Stadtentwässerung Dresden GmbH, erläuterte die technologischen und ökonomischen Vorteile für sein Unternehmen: Wir behandeln hier das Abwasser von rund 650.000 Menschen, dabei fallen täglich fünf Millionen Liter Klärschlamm an (5.000 Kubikmeter/Tag). Bisher trocknen wir den Klärschlamm unter Verwendung von teurem Erdgas. Künftig wollen wir auf die Trocknung verzichten und sogar Energie aus dem Klärschlamm gewinnen. Das Gas, das bei der "Vergärung" entsteht, bereiten wir auf und erzeugen in einem Blockheizkraftwerk Strom und Wärme. Unsere Prognosen gehen davon aus, dass wir etwa die Hälfte des Elektro-Energiebedarfs der Kläranlage und zusätzlich den gesamten Wärmebedarf der künftigen Schlammbehandlung abdecken. Die Investition amortisiert sich in etwa 20 Jahren. Immerhin kostet der Stadtentwässerung der Bezug von Elektroenergie jährlich rund 2,8 Millionen Euro und der von Erdgas 1,7 Millionen Euro. Dieser Elektro-Energieverbrauch entspricht jenem von 20.000 Menschen. Die Hälfte davon wird künftig aus eigener Produktion kommen.
Dirk Hilbert betonte einen weiteren Aspekt: Das Projekt fügt sich hervorragend ein in die Anstrengungen der Landeshauptstadt Dresden zur Verringerung der Kohlendioxid-Emissionen. Der globale Klimaschutz wird weltweit zu dem Umweltproblem des 21. Jahrhunderts. Die Landeshauptstadt Dresden stellt sich dieser Herausforderung. Bereits 1994 trat Dresden dem Klima-Bündnis der europäischen Städte bei. Daraus resultiert die Verpflichtung, die Kohlendioxid-Emissionen um 50 Prozent zu reduzieren. Die Stadtentwässerung Dresden hat mit weiteren bereits realisierten Projekten ihr Gespür für energiewirtschaftliche Lösungen bewiesen. So ist im Auslauf der Kläranlage zur Elbe eine Turbine installiert, die den Höhenunterschied von rund fünf Metern zur Energiegewinnung nutzt. Bei einer Nennleistung von 138 Kilowatt werden so zirka 650 Megawattstunden pro Jahr erzeugt. Zusätzlich befindet sich auf der Dachfläche des Regenüberlaufbeckens eine Fotovoltaikanlage mit einem Jahresertrag von rund 180 Megawattstunden. Die SEDD betreibt somit das größte Solarkraftwerk Dresdens. Schon heute werden 3,5 % des Gesamtenergieverbrauchs der Kläranlage durch regenerative Energiequellen gedeckt.
Zur künftigen Faulungsanlage gehören:
- zwei 35 Meter hohe Faultürme in so genannter Ei-Form mit einem Fassungsvermögen von je 10.500 Kubikmetern
- ein Erschließungs- und Aufzugsturm mit zirka 40 Metern Höhe
- ein Gasbehälter mit 5.000 Kubikmetern Inhalt
- eine Klärgasreinigungs- und -verdichtungsanlage
Im Maschinengebäude befinden sich:
- die maschinelle Überschussschlamm-Eindickung
- eine Fremdstoffannahme für fettreiche Schlämme
- die Schlammwärme-Übertrager-Station
- die Elektro- und MSR-Anlagen
- die Chemikalienlager für den Faulprozess sowie Pumpenaggregate und Belüftungsanlagen zur Abluftbehandlung
Begleitend müssen bestehende Anlagen angepasst werden. Das betrifft im Wesentlichen den Umbau:
- der vorhandenen Überschuss-Schlamm-Eindicker zu statischen Primär-Schlamm-Eindickern
- der vorhandenen Primär-Schlamm-Eindicker zu Konditionierungsbecken.
Was passiert mit dem Klärschlamm in der neuen Anlage?
Je nach Witterung erreichen die Kläranlage Kaditz täglich 120.000 bis 150.000 Kubikmeter Abwasser aus dem Dresdner Stadtgebiet und den umliegenden angeschlossenen Gemeinden. Zukünftig werden täglich rund 1.000 Kubikmeter auf 37 Grad Celsius erwärmter Klärschlamm (Menge entspricht dem Volumen eines Schwimmbadbeckens) den Faultürmen zugeführt. Das beim Abbau von Kohlenstoff entstehende Methangas wird in einem Blockheizkraftwerk in elektrischen Strom und Wärme umgewandelt. Zuvor wird das Gas gereinigt und verdichtet. Über den 5.000 Kubikmeter fassenden Gasspeicher gelangt das aufbereitete Gas in das aus zwei Modulen bestehende Blockheizkraftwerk. Der hier erzeugte Strom würde für die Versorgung von 10.000 Personen ausreichen. Die SEDD wird den gewonnenen Strom jedoch für die eigenen Anlagen einsetzen und mehr als 50 Prozent des Eigenbedarfs decken.
Der Klärschlamm hat eine durchschnittliche Aufenthaltszeit von 20 Tagen in den Faultürmen und insgesamt 28 Tagen in der Schlammbehandlung. Nachdem der ausgefaulte Klärschlamm auf einen Trockensubstanzgehalt von 25 Prozent entwässert wurde, gelangt er in die neu zu errichtende Klärschlammverladestation mit drei Silos und wird in LKW verladen. Diese transportieren die täglich anfallenden 150 Tonnen verwerteten Schlamm zu verschiedenen Kompostierungsanlagen in Sachsen und Brandenburg. Hier wird der Klärschlamm gemeinsam mit anderen Böden aufbereitet und findet abschließend Verwertung im Landbau, zum Beispiel zur Rekultivierung von Tagebaurestlöchern.