Zunächst: Die MVG gratuliert ihren Kollegen von der VAG Nürnberg zum erfolgreichen Abschluss dieses schwierigen Projekts, das unter laufendem U-Bahnbetrieb realisiert werden musste und das durch die Überlagerung von Umstellung einer vorhandenen Strecke, Integration zweier neuer Streckenabschnitte und gleichzeitiger Inbetriebnahme einer neuen Fahrzeuggeneration auch besonders komplex war.
Aus diesem Anlass werden wir in diesen Tagen immer wieder gefragt: Wann wird auch die Münchner U-Bahn vollautomatisch fahren ? Deshalb zur Klarstellung:
Vollautomatisch, das heißt rechnergesteuert, fährt die Münchner U-Bahn
- im Gegensatz zu Nürnberg - schon seit rund drei Jahrzehnten. Sonst wäre die in München übliche Zugdichte auch gar nicht möglich. Im Regelbetrieb der Münchner U-Bahn überwacht der Fahrer zwar den Einstiegsvorgang und gibt auch - durch Knopfdruck - den Abfahrtsauftrag. Auch kann er im Bedarfsfall den Zug von Hand abbremsen. Alles andere macht die Technik. Auch der Mischbetrieb von automatisch (also vom Computer) gesteuerten Zügen und Zügen, die konventionell vom Fahrer (also per Hand mit Absicherung durch ein Signalsystem mit Fahrsperre) gesteuert werden, ist in München seit vielen Jahren gängige Praxis. In Nürnberg wurde hingegen bisher ausschließlich mit einem konventionellen Signalsystem und einer Steuerung des Zuges durch den Fahrer gefahren
- was bisher auch möglich war, weil die Zugdichte in Nürnberg viel geringer war als in München.
Nürnberg holt nun nicht nur die Automatisierung nach, sondern stellt gleichzeitig eine Linie auch auf fahrerlosen Betrieb um. Das bedeutet: Auch die Überwachung des Gleisraums im Bahnhofsbereich, des Einund Aussteigens der Fahrgäste und die Freigabe der Abfahrt werden nun bei den fahrerlosen Zügen von entsprechender Technik übernommen und zentral aus der Betriebsleitzentrale überwacht.
Ein also nicht nur automatischer, sondern zugleich auch fahrerloser Betrieb wäre zwar grundsätzlich auch in München möglich, wenn die Überwachung des Gleisraums im Bahnsteigbereich, des Einsteigens und der Abfahrtsauftrag ebenfalls von technischen Einrichtungen, wie sie jetzt in Nürnberg zum Einsatz kommen, übernommen würden. Dies haben wir auch, übrigens auch in engem Kontakt mit den Nürnberger Kollegen, detailliert untersucht. Das Ergebnis war jedoch bisher: Angesichts der bisher von der Industrie genannten Investitionskosten für diese Technik ist eine Umstellung auf fahrerlose Züge für uns unter Münchner Bedingungen nicht wirtschaftlich.
Die Frage, ob man den fahrerlosen Zug wirklich will, die ja in Nürnberg letztlich positiv beurteilt wurde, und mit welchem Personaleinsatzkonzept (z. B. hinsichtlich des stationären Personals) man einen fahrerlosen Betrieb verknüpfen möchte, stellt sich somit derzeit in München nicht. Sie würde sich erst stellen, wenn die Investitionskosten sinken würden. Das werden wir natürlich weiter beobachten.
Ein wesentlicher Aspekt für die Einführung des fahrerlosen Betriebes in Nürnberg war auch die Möglichkeit, kurzfristig zusätzliche Züge einsetzen zu können, wenn ein plötzlicher Bedarf eintritt. Vorausgesetzt, dass Fahrzeuge zur Verfügung stehen, können im fahrerlosen Betrieb Verstärkerzüge kurzfristig von der Leitstelle eingesetzt werden. Im klassischen Betrieb geht dies nur, wenn Fahrpersonal am richtigen Ort zur Verfügung steht.
Für München relativiert sich dieser Vorteil jedoch sehr stark. Die Münchener U-Bahn ist tagsüber bis in die späten Nachtstunden hinein sehr gut ausgelastet, entsprechend kurz sind die Zugabstände. Die Durchführung zusätzlicher Verstärkerfahrten wäre daher allein schon aufgrund der begrenzten Streckenkapazität nur in den Tagesrandlagen möglich. In diesen Zeiten kommt es aber bei uns im Regelfall nicht zu Kapazitätsengpässen, da bei uns in der Regel ganztägig längere Züge im Einsatz sind.
Eine kleinere Variante des fahrerlosen Betriebs wird hingegen auch von uns weiterverfolgt, nämlich die so genannte "fahrerlose Wende". Gemeint ist damit, dass die an den Endhaltestellen im Regelfall notwendige Leerfahrt des Zuges (also ohne Fahrgäste) in ein Abstell- und Wendegleis mit entsprechender Technik auch ohne Fahrer abgewickelt werden könnte. Der Vorteil: Da der Fahrer den Führerstand direkt am Bahnsteig wechseln könnte, also nicht mehr die volle Zuglänge von 115 Metern ablaufen müsste, könnte die Wendezeit verkürzt werden, der Zug stünde wieder schneller zur Abfahrt in die Gegenrichtung für die Fahrgäste zur Verfügung. Das könnte bei dichten Takten durchaus zur Einsparung einzelner teurer Züge führen (die dann anderweitig eingesetzt werden könnten) und damit die erforderlichen Investitionen wirtschaftlich werden lassen. Die MVG hat deshalb bei der derzeit laufenden Erneuerung der automatischen Zugsteuerung diese Möglichkeit der fahrerlosen Wende bereits mitberücksichtigt. Wann und wo sie konkret zum Einsatz kommen könnte, ist aber noch nicht entschieden."