Ob ein Patient für die Implantation eines CI in Frage kommt, hängt zunächst davon ab, ob der Hörnerv als Verbindung zwischen Ohr und Gehirn noch funktionsfähig ist. „Die operative Versorgung mit einem CI ist dann ein komplexer Vorgang“, erläutern Dr. Jürgen Neuburger und Dr. Michael Beeretz, CI-Operateure am Städtischen Klinikum Karlsruhe. „Das Implantat, das hinter dem Ohr im Knochen platzierten wird, gibt die Information über eine Elektrode direkt an den Hörnerv weiter. Die Elektrode wird zu diesem Zweck in die Windungen Hörschnecke (Cochlea) eingebracht.“
Um ein optimales Hörergebnis zu erzielen, ist bei der Operation deshalb höchste Präzision erforderlich. Der Operateur kontrolliert bereits während des Eingriffs die korrekte Lage der Elektrode. Für diesen zentralen Schritt setzt das Team um Neubauer und Beeretz seit Dezember den Operationsroboter Loop-X ein. Während sich der Roboter selbstständig über den Patienten hinwegbewegt, liefert er höchstpräzise 2D- und 3D-Bilder, die der Operateur direkt und drahtlos an einem Tablet begutachten kann.
Die vielfältigen Einstellungsmöglichkeiten und die Einschränkung des Behandlungsfeldes helfen dabei, die Strahlenbelastung der Patienten zu minimieren. Daneben scannt das Gerät den Körper schneller und beschleunigt somit die Arbeitsabläufe während des Eingriffs.
Ein CI wird häufig bei tauben oder schwerhörigen Kleinkindern ab 6 Monaten und vor Vollendung des 2 Lebensjahres eingesetzt. Erfolgt die Implantation in dieser Phase, lassen sich taubheitsbedingte Entwicklungsstörungen bei der Sprachausbildung noch vermeiden.
Die größte Patientengruppe sind jedoch Menschen über 70 Jahre. Denn wenn im Alter die Wahrnehmung der hohen Töne nachlässt, hilft diesen ein Hörgerät nicht mehr weiter. Für hochgradig Schwerhörige bietet ein hörerhaltendes CI in Kombination mit einem klassischen Hörgerät zunehmen eine Alternative, wenn das Hörgerät alleine nicht mehr ausreicht.
Prof. Dr. Werner Heppt, Direktor der Hals-Nasen-Ohrenklinik am Klinikum Karlsruhe, ist stolz, nun den innovativen OP-Roboter einsetzen zu können. „Mit dieser Technik sind wir bei der Versorgung von tauben und hochgradig schwerhörigen Patienten in einer neuen Welt angekommen und werden diesen Eingriff im laufenden Jahr noch 15 bis 20 Mal anbieten.“ Ziel ist es, Patienten in Karlsruhe und in der Region wohnortnah mit einem CI zu versorgen. Auch die Nachsorge kann im Klinikum Karlsruhe erfolgen, etwa beim dem gerade zu Beginn sehr wichtigen Training mit den Logopäden, bei Ohrenschmerzen oder wenn Anpassungen am Implantat nötig sind.
Loop-X kam bundesweit erstmalig Ende 2021 bei einem neurochirurgischen Eingriff im Klinikum Karlsruhe zum Einsatz. Er ist im modernen Hybrid-OP in Haus M angesiedelt, in dem alle chirurgischen Disziplinen unter einem Dach vereint sind. Mitfinanziert wurde der Roboter durch die großzügige Spende einer ehemaligen Patientin der Neurochirurgischen Klinik und deren Ehemann. „Für diese Zuwendung möchten mein Team und ich uns ausdrücklich bedanken“, schließt Heppt.
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