Experten gehen davon aus, dass in Deutschland rund 20 Millionen Menschen mit einem behandlungsbedürftigen Bluthochdruck leben. Lediglich bei 25 Prozent kann eine optimale Blutdruckeinstellung erzielt werden. Bei mindestens einem Prozent der Patienten liegt sogar eine so genannte therapierefraktäre arterielle Hypertonie vor. Hier können trotz Einnahme von bis zu drei Blutdruckmedikamenten in maximal verträglicher Dosierung keine optimalen Zieldruckwerte von 140/90 mmHg erreicht werden. "Genau für diese Gruppe von Betroffenen könnte das neue Verfahren interessant sein", unterstreicht Reimer. "Vorab müssen bei diesen Patienten aber andere Ursachen wie eine Nierenarterienverengung, eventuelle Nierenerkrankungen, hormonelle Überproduktionen durch Erkrankungen der Nebennieren oder etwa schlafbezogene Atemstörungen ausgeschlossen werden", ergänzt Martin Hausberg, Direktor der Medizinischen Klinik I und Fachmann auf dem Gebiet der Nieren- und Hochdruckerkrankungen.
Kommt das Verfahren nach Ausschluss anderer Ursachen zum Tragen, wird ein so genannter Symplicity® -Katheter(TM) verwendet. Dabei führt der behandelnde Radiologe den flexiblen Katheter über die Leistenarterie in die Nierenarterie ein. Sobald sich der Katheter in der Nierenarterie befindet, werden die umgebenden Nervenfasern über Elektroden mit Hochfrequenz-Schwachstrom ausgeschaltet. Das wiederum reduziert die gesteigerte Aktivierung des sympathischen Nervensystems, eine häufige Ursache des Bluthochdrucks. "Nur wenigen Patienten ist bewusst, dass ihre Nieren bei der Blutdruckregulierung eine wichtige Rolle spielen", weiß Hausberg aus Erfahrung zu berichten. Seinen Ausführungen zufolge sind die Nerven der Nierenarterien in hohem Maße an der Steuerung des Blutdrucks beteiligt. Bei einem Bluthochdruck senden diese zu viele Signale und melden dem Gehirn dadurch fälschlicherweise, dass eine zu geringe Menge an Blut bei der Niere ankommt. Es bilden sich dann verstärkt Hormone, die den Blutdruck in die Höhe treiben. "Diese Kenntnis machen wir uns bei der der renalen Denervation zu Nutze, indem wir das dichte Nervengeflecht, das sich um die Nierenarterie herum windet, gezielt durch das Blutgefäß mittels Strom veröden, verdeutlicht Reimer. Da das verödete Nervengewebe sich nicht mehr regeneriert, kann der Einfluss der Nervenfasern auf den Blutdruck langfristig verringert werden.
Die Wirkung tritt nicht unmittelbar nach dem Eingriff ein, sondern mit einer Verzögerung, die sich auf mehrere Monate belaufen kann. Um den Blutdruck bestmöglich auf den angestrebten Zielwert zu senken, werden die Patienten auch nach der Behandlung zunächst weiter mit Blutdruckmedikamenten behandelt.
Helmut Keller, hat sich vor rund sechs Monaten dem Eingriff unterzogen. Bereits seit 20 Jahren leidet er unter einem medikamentös kaum beherrschbaren Bluthochdruck. In Folge des Hochdrucks kam es bereits zu einer Nephrosklerose. Hierunter versteht man Vernarbungsprozesse der Nieren, die die Nierenfunktion beeinträchtigen. Um weiteren Folgeerkrankungen wie einem Herzinfarkt, einem Schlaganfall oder einer Erblindung vorzubeugen, entschloss sich der 50-Jährige nach eingehenden Überlegungen und Gesprächen mit Klinikdirektor Martin Hausberg zu diesem Eingriff. "Der Eingriff selbst ging reibungslos über die Bühne", erklärt Keller. "Ich erhielt während des Eingriffs ein Schmerzmittel im Bereich der Einstichstelle, so dass ich keine Schmerzen hatte. Drei Tage nach dem Eingriff konnte ich nach Abschluss der Kontrolluntersuchungen wieder nach Hause gehen", so der Patient weiter. Seinen Angaben zufolge konnte zwischenzeitlich ein Blutdruckmedikament abgesetzt und eines reduziert werden. Sein Blutdruck liegt aktuell bei 130/85 mmHg. Was einem normalen Blutdruckwert entspricht. "Ich bin froh, dass ich diesen Eingriff machen ließ und hoffe, dass noch weitere Medikamente reduziert oder abgesetzt werden können", so Keller abschließend.