Seit Beginn der Faschingszeit ist auch im Klinikum ein "Ansturm" von schwer alkoholisierten Jugendlichen zu erkennen. "Gerade in den letzten Wochen hatten wir das Problem, dass die Jugendlichen wegen der Witterung sehr unterkühlt waren und damit zusätzlichen lebensbedrohlichen Gefahren ausgesetzt waren." so Joachim Kühr, Direktor der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin.
Im Jahr 2008 wurden in Deutschland laut Krankenhausstatistik insgesamt 23.000 Jugendliche wegen einer Alkoholvergiftung stationär behandelt. In der Klinik für Kinderund Jugendmedizin des Städtischen Klinikums Karlsruhe werden jährlich etwa 105 - 110 Jugendliche im Alter von ca. 14 Jahren mit schweren Vergiftungserscheinungen eingeliefert. Damit stieg die Zahl der jungen "Komasäufer" gegenüber dem Jahr 2000 um 170 Prozent. Besonders drastisch war der Anstieg bei Betroffenen im Alter von 10- bis 14-Jahren mit "akuter Alkoholintoxikation".
Meist konsumieren die Jugendlichen, die wesentlich anfälliger für schwerwiegende gesundheitliche Schäden durch Alkohol als Erwachsene sind, Wodka mit einer Mischung aus Säften, Eistee oder Energiedrinks. Bei ihnen reicht bereits wenig Alkohol aus, um schwere Vergiftungen zu verursachen, denn je kleiner und leichter der Körper ist, desto höher ist die Alkoholkonzentration im Blut.
90 Prozent des konsumierten Alkohols muss die Leber abbauen, die bei Kindern und Jugendlichen noch nicht vollständig ausgereift ist. Die Enzyme, die für den Abbau des Alkohols erforderlich sind, sind bei ihnen nur in geringerer Menge vorhanden als bei Erwachsenen. Dadurch fällt der Blutzucker nach dem Alkoholkonsum stark ab, was zu einer akuten Unterzuckerung und zur Bewusstlosigkeit führen kann. Vor allem das Gehirn ist in Gefahr, da es erst im Alter von etwa 17 Jahren voll ausgereift ist und durch Alkohol geschädigt werden kann.
Trotz enger Jugendschutzbestimmungen kaufen die Jugendlichen den hochprozentigen Alkohol häufig selbst oder bekommen ihn von volljährigen Bekannten gekauft. Um diesen Entwicklungen entgegenzuwirken, wurden die Karnevalsvereine im Karlsruher Einzugsbereich schon im Vorfeld der närrischen Zeit per Rundschreiben der Kinderund Jugendbehörde über den Inhalt der Jugendschutzbestimmungen informiert. Ergänzend fanden Schulungen des Ausschank-Personals statt, um auf Ausreden der Jugendlichen richtig reagieren zu können.
Das Projekt "Jugendschutz Karlsruhe" mit den Schwerpunkten Reduzierung des riskanten Alkoholkonsums bei Kindern und Jugendlichen, Verminderung des Risikos einer Suchtentwicklung, Verminderung der Anzahl verübter Straftaten durch Jugendliche unter Alkoholeinfluss ist gerade in der Faschingszeit besonders wichtig.
Um Kinder und Jugendliche bei Alkoholkonsum und wenn erkennbar gegen das Jugendschutzgesetz verstoßen wurde, direkt anzusprechen, werden im Rahmen des Projektes präventiv Jugendschutzteams aus einem Polizeibeamten, einem Vertreter des Rettungsdienstes sowie einem Vertreter aus dem sozialen Bereich eingesetzt.
Kooperationspartner des Projektes "Jugendschutz Karlsruhe" sind die Jugendberatung der Stadt Karlsruhe, die Klinik für Kinder- und Jugendmedizin des Städtischen Klinikums, die Schulsozialarbeit, der Soziale Dienst der Stadt Karlsruhe, die Fachstelle Prävention des Polizeipräsidiums, das Kinderbüros der Stadt Karlsruhe und die Jugendsozialarbeit. Ihr Appell zur Beachtung der Bestimmungen des Jugendschutzgesetzes richtet sich an jeden: kein Ausschank oder Verkauf von hochprozentigem Alkohol an Jugendliche unter 18 Jahre. "Jugendschutz ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe" so Sabine Pfortner vom Kinderbüro der Sozial- und Jugendbehörde Karlsruhe.
Kindern und Jugendlichen, die bereits durch riskanten Alkoholmissbrauch aufgefallen sind, ermöglicht das Programm "RESET Alkohol" sich mit ihrem Alkoholkonsum auseinander zu setzen und die Risiken des eigenen Verhaltens zu reflektieren. Durch Einzelgespräche und ein pädagogisches Gruppenangebot sollen die Kinder- und Jugendlichen den verantwortungsvollen Umgang mit sich selbst üben und ihre Grenzen kennenlernen.