„Dafür ist es wichtig, dass die Patienten bei hüftgelenksnahen Frakturen innerhalb von 24 Stunden operiert werden und man sie so früh wie möglich wieder mobilisiert“, sagt der Klinikdirektor. „Der Kreislauf der Patienten soll schon am Abend des Operationstages wieder angeregt werden, um bereits am Folgetag unterstützt durch einen sogenannten Gehbock – erste Gehversuche zu unternehmen. Natürlich ist dabei immer ein Physiotherapeut anwesend“, so Müller. „Ziel muss es sein, dass der Patient wieder als Selbstversorger nach Hause zurückkehren kann.“
Untersuchungen haben gezeigt, dass diese frühe Mobilisation Grundvoraussetzung ist, um wieder selbstständig leben zu können. „Geschieht dies nicht, steigt sogar das Sterberisiko“, so Müller. Er weist darauf hin, dass eine Fraktur ein sehr einschneidendes Erlebnis für die Patienten sein kann. „Ein solches Erlebnis demoralisiert den Patienten und führt oftmals nicht nur zu körperlichem, sondern auch zu geistigem Abbau und zur Einschränkungen der kognitiven Fähigkeiten.“ Wichtig sei daher, den Betroffenen eine Perspektive zu geben, damit sie ihren Lebensmut nicht verlieren. Um ein sogenanntes „Delir-Syndrom“ zu vermeiden, arbeiten die Chirurgen eng mit den Geriatern aus der internistischen Abteilung zusammen.
Einen bedeutenden Beitrag zur frühen Mobilisation leisten auch die neuen Operationsmethoden: Die Materialien, die heute zur Stabilisierung von Brüchen verwendet werden, wie etwa Platten- und Nagelsysteme, aber auch Hüftprothesen sind stark verbessert. „Sie halten auch gut in einer aus Altersgründen veränderten Knochenstruktur“, so Müller. „Es gibt weitaus weniger Komplikationen und die Schnitte werden kleiner“, erklärt er.
Da bei älteren Patienten oftmals eine Osteoporose – eine Erkrankung des Skeletts, bei der die Knochen an Festigkeit verlieren und leichter brechen – diagnostiziert wird, setzt man im Klinikum Karlsruhe auch auf eine Osteoporose-Therapie und hier vor allem auf eine ausreichende Versorgung mit Vitamin D. Bei dieser Behandlung wird der Vitamin-D-Wert mithilfe von Medikamenten innerhalb von zwei bis drei Wochen erhöht. „Vitamin D-Mangel ist eine der Hauptursachen für Osteoporose“, sagt Müller. Eine weitere Ursache sei der Östrogenmangel, weshalb Frauen in der Regel rund zehn Jahre früher von Osteoporose betroffen seien, als Männer, fügt er hinzu. „Im weiteren Verlauf ist eine Messung der Knochendichte und darauf basierend eine individuell abgestimmte Osteoporosetherapie der betroffenen Patienten notwendig“, versichert der Klinikdirektor abschließend.