Die Geschichte des Bauhauses ist eine des Erfolgs und eine der Verfolgung, eine Geschichte, die von Beginn an eng mit den jeweiligen politischen Konstellationen verwoben war: Gegründet im April 1919 in Weimar, nahezu gleichzeitig und am selben Ort wie die Weimarer Republik, wurde das Bauhaus bereits im Juli 1933 im Zuge der Machtübernahme der Nationalsozialisten in Berlin aufgelöst. In den 14 Jahren ihres Bestehens schaffte es die Schule, zum berühmtesten Avantgarde-Institut ihrer Zeit zu werden. Im kulturkritischen und latent antimodernen Denken des deutschen Bildungsbürgertums jedoch fand das Bauhaus keinen Platz.
Aus Thüringen wurde das "Staatliche Bauhaus Weimar" bereits 1924/25 von der neu gewählten rechtskonservativen Regierung vertrieben. Walter Gropius, Gründer und erster Direktor des Bauhauses, wechselte daraufhin mit der Schule nach Dessau und errichtete dort die "Hochschule für Gestaltung - Bauhaus Dessau". Aber die Verfolgung ging weiter: Unter dem Druck der Nationalsozialisten in der thüringischen Regierung wurden 1930 im ehemaligen Staatlichen Bauhaus Weimar die Fresken Oskar Schlemmers zerstört. Der Bildersturm gegen die Avantgarde-Schule und ihre Lehrer war eröffnet. Und in Dessau wurde im selben Jahr der zweite Direktor des Bauhauses Hannes Meyer wegen seiner linkspolitischen Einstellung fristlos entlassen. Zum 1. Oktober 1932 beschloss der Dessauer Gemeinderat, dessen Mitglieder schon zu dieser Zeit überwiegend der NSDAP angehörten, die Schließung der Hochschule für Gestaltung.
Ludwig Mies van der Rohe, seit 1930 dritter und letzter Direktor des Bauhauses, führte die Schule im Wintersemester 1932/33 als privat geführtes "Freies Lehr- und Forschungsinstitut" in einer stillgelegten Telefonfabrik in Berlin-Steglitz weiter. Im April 1933 jedoch beendeten die Nationalsozialisten de facto den Lehrbetrieb. Das Bauhaus hatte weder ökonomisch noch politisch eine Chance, unter dem nationalsozialistischen Regime zu überleben. Am 20. Juli 1933 beschlossen Ludwig Mies van der Rohe und die verbliebenen Meister daher die Auflösung des Bauhauses und setzten damit selbst einen Schlusspunkt unter das Experiment Bauhaus.
Gegenstand des 11. Ateliergesprächs ist insbesondere die Endzeit des Bauhauses. Darüber hinaus wird es einen Rückblick auf die Schließungsgeschichte in Weimar sowie einen Ausblick auf das Wirken von Lehrern und Studierenden in der beginnenden NS-Zeit geben.
Referenten sind Dr. Peter Hahn, Kunsthistoriker und langjähriger Direktor des Bauhaus Archivs in Berlin, und Justus H. Ulbricht, Historiker und Mitarbeiter der Klassik Stiftung Weimar.
Peter Hahn wird sich in seinem Referat "Die Schließung des Bauhauses in Berlin vor 75 Jahren" mit den konkreten Umständen der Auflösung der Schule befassen. Justus H. Ulbricht diskutiert unter dem Titel "Modernität als Bedrohung. Der Kampf um das Bauhaus im Kontext des kulturkritischen Denkens im deutschen Bildungsbürgertum" die Verfolgung des Bauhauses in einem übergreifenden kulturpolitischen Zusammenhang.
Moderation: Dr. Kirsten Baumann, stellvertretende Direktorin der Stiftung Bauhaus Dessau.
Das Ateliergespräch wird unterstützt von der Wüstenrot Stiftung.
Termin:
22. Juli 2008, 19 Uhr
Ort:
Meisterhaus Schlemmer
Ebertallee 67
06846 Dessau-Roßlau