Weil die heimischen Wildpflanzen meist nicht so auffällig blühen wie Zierpflanzen, sind sie in Vergessenheit geraten – zu Unrecht! Flächenverlust, Herbizide und die Überdüngung der Landschaft machen ihnen in freier Wildbahn zu schaffen. Umso schöner, wenn wir ihnen in unseren Gärten zum Comeback verhelfen. „Wer möchte, dass es im eigenen Garten summt und brummt, sollte auf Natternkopf, Blutweiderich oder die Wiesen-Witwenblume nicht verzichten“, so Dr. Corinna Hölzer, Leiterin der Stiftung für Mensch und Umwelt, die „Deutschland summt!“ gründete.
Wir stellen Ihnen unsere Facebook-Texte zur Verfügung – auch als Serie! Hier finden Sie zwei Probetexte:
Dauerbrenner für Spezialisten
Gut möglich, dass Ihr Euch schon seit Mai an unserer heutigen Pflanze erfreut. Die Wilde Malve blüht schon seit geraumer Zeit. Allerdings ist sie ein wahrer Dauerbrenner, so dass sie noch bis in den September hinein zu bewundern sein wird. Typisch sind ihre großen Blüten in hellem Rosa mit dunkleren Streifen. Die bieten nicht nur was für’s Auge, sondern auch viel Nektar für Hummel, Schwebfliege und Co. Der Pollen hingegen ist für viele Wildbienen eher uninteressant – mit einer Ausnahme: Die Malven-Langhornbiene ist auf verschiedene Malven angewiesen. Vielleicht ist sie auch wegen dieser Spezialisierung gefährdet. Wer ihr helfen möchte, setzt also ganz klar auf Malven! Auch einige Falter wie der Malven-Dickkopffalter brauchen sie als Raupenfutterpflanze. Auffällig sind auch die großen flach-runden Samen der Wilden Malve, die ihr den Spitznamen „Käsepappel“ einbringen und in unreifem Zustand angenehm nussig schmecken. Das finden offenbar auch einige Wanzen und Käfern, die man dort gut beobachten kann, wie sie entspannt Saft daraus saugen. Die Wilde Malve wächst am besten an einem sonnigen Standort und auf nährstoffreichem Boden. Bekannte Verwandte sind die kleinere und eher mageren Boden bevorzugende Moschusmalve oder die Weg-Malve. Die bekannten Stockrosen und Eibisch gehören ebenfalls zur Familie. Wie sieht es bei Euch mit Malven aus? Wir sind wie immer gespannt auf die Fotos!
Workout an der Kraftblume
Unsere Blicke bleiben zurzeit oft an den hellgelben Blüten des Echten Leinkrauts hängen. Diese erinnern bei näherer Betrachtung an ein grummelig schauendes Gesicht: Die dunklere Unterlippe verschließt scheinbar schlecht gelaunt den Zutritt zum Nektar. An diesen kommen daher auch nur kräftige Insekten. Es braucht schon die Wucht von Hummeln oder anderen großen Wildbienen, um das Maul aufzudrücken und an den im Blütensporn liegenden Nektar zu gelangen. Kein Wunder, dass manche Hummel die Mühen umgeht und den Sporn kurzerhand aufbeißt. Der Pollen wird von der Luzerne-Sägehornbiene und der Garten-Wollbiene genutzt. Falter jedoch gelangen auf die elegante Tour an den Nektar. Durch ihren langen Rüssel, den sie in die Öffnung schieben können, ist kein Kraftakt nötig. Für Möndcheneule oder den seltenen Roten Scheckenfalter sind die Pflanzen auch als Raupenfutter gefragt. Das wuchsfreudige Leinkraut steht am liebsten in voller Sonne. Dort bilden sich auch noch im fortgeschrittenen Sommer die Blüten über den dünnen blaugrünen Blättern. Durch ihre tiefreichende Wurzel ist das Leinkraut recht unempfindlich gegen Trockenheit. Während man die Pflanze im deutschen Sprachraum auch noch Frauenflachs nennt, wird es im Englischen noch ein Stückchen origineller. Hier bezeichnet man sie auch Krötenflachs (toadflax) oder butter-and-eggs. Wie immer sind wir gespannt auf Eure Bilder, wenn Ihr denn Leinkraut im Garten oder auf dem Balkon habt.
Wer braucht Wildpflanzen eigentlich?
Zehn bis 80 Tierarten profitieren von einer einzelnen Wildpflanzenart! Wildpflanzen sind perfekt an die hiesigen Klima- und Bodenbedingungen angepasst und daher ausgesprochen pflegeleicht. Sie verschönern unser Leben. Und ganz nebenbei liefern sie lebenswichtige Nahrungsgrundlagen für Insekten und damit für viele weitere Tiere. Viele Wildbienen etwa sind auf bestimmte Pflanzen spezialisiert. Ohne Glockenblumen im Garten werden wir dort auch nie die Glockenblumen-Scherenbienen beobachten können. Mit heimischen Wildpflanzen unterstützen wir also auch die Artenvielfalt bei den Tieren.
Facebook-Posts sind der Renner
Dass es allesamt Schönheiten sind, die auch bei immer mehr Gärtnerinnen und Gärtnern gut ankommen, zeigt eine lose Reihe von Pflanzenportraits auf den Social-Media-Seiten von „Deutschland summt!“. In rund 1.000 Zeichen stellt die Stiftung für Mensch und Umwelt aktuell blühende Pflanzen humorvoll in leichter Sprache vor. Die Portraits von Storchschnabel, Wasserdost oder dem Kriechenden Günsel werden dort oft gelikt, geteilt – und begeistert mit Fotos aus den Gärten der Community kommentiert.
Lässt man sich auf die Pflanzen ein, wird man sehr bald auch deren dezenten Charme wiederentdecken. Beobachtet man das geschäftige Summen, Brummen und Flattern in einer Wildblumenwiese, stellt man sich bald die Frage, wieso großblütige Dahlien, gefüllt mit sterilen Blütenblättern anstatt mit nahrhaftem Pollen, besser in den Garten passen sollten als kleinblütige Insektenmagneten. Dann kommt womöglich auch die Erinnerung wieder, wie man früher wunderschöne Blumensträuße vom Wegrand pflücken konnte – und es wird überhaupt erst wieder bewusst, wie lange das schon nicht mehr geht.
Interesse an einem Interview: Frau Dr. Corinna Hölzer oder andere Projektmitarbeiter stehen Ihnen gerne zur Verfügung. Weiteres Bildmaterial zum kostenlosen Download: https://we.tl/t-5jBQtkM827