Die innere, oder auch circadiane, Uhr steuert bei Säugetieren und damit auch beim Menschen den Tagesablauf. Sie gibt vor, wann wir müde werden, wann wir hungrig sind und wann wir aufwachen. Lokalisiert ist sie in den Suprachiasmatischen Nuklei (SCN), einer Zellansammlung im Gehirn. Dort werden in einem ca. 24-stündigen Rhythmus die so genannten Uhren-Gene aktiviert oder gehemmt. Sie sorgen dafür, dass durch bestimmte Stoffe, beispielsweise Hormone, die „Uhrzeit“ an den Körper übermittelt wird. Der prominenteste Zeitanzeiger ist das Hormon Melatonin, das nachts im Pinealorgan, einem kleinen Organ im Zwischenhirn, hergestellt wird und beim Menschen Schlaf fördernd wirkt. Es gibt zudem Auskunft über die zu- oder abnehmende Tageslänge und beeinflusst beim Feldhamster dadurch saisonale Anpassungen wie beispielsweise Fellwechsel, Gewichtszyklen und Winterschlaf.
TiHo-Forscherin Dr. Annika Herwig konnte mit ihren französischen Kollegen auf molekularer Ebene zeigen, dass diese Mechanismen bei Feldhamstern während des Winterschlafs abgestellt sind. Untersucht hat sie die Uhren-Gene Per1, Per2 und Bmal1 sowie ein Gen, das die Melatonin-Produktion reguliert. Im Normalfall werden die Gene im 24-stündigen Tagesrhythmus an- und abgeschaltet und geben so die „Uhrzeit“ vor. Bei Hamstern im Winterschlaf konnten hingegen keine tageszeitlichen Unterschiede in der Aktivität dieser Gene festgestellt werden. Sie werden entweder dauerhaft aktiviert oder gehemmt. Auch ein Melatonin-Rhythmus ist nicht vorhanden.
„Dieses Ergebnis ist sehr überraschend, weil der Winterschlaf ein zeitlich sehr präzise regulierter Prozess ist. Ein genaues Timing ist für die Tiere überlebenswichtig.“ erklärt Herwig. „So müssen die Tiere beispielsweise „wissen“, wann es im Frühjahr wieder aufzuwachen gilt. Eine nicht-rhythmische Aktivität von Uhren-Genen und Melatonin, wie wir sie zeigen konnten, bedeutet, dass diese Vorgänge nicht aktiv von der inneren Uhr gesteuert werden.“ Was den Winterschlaf auslöst und reguliert ist also nach wie vor ungeklärt.
Die Aufklärung der Abläufe während des Winterschlafes könnte auch für die Humanmedizin interessant sein: Während bestimmter Neurochirurgischer Eingriffe, beispielsweise nach Schlaganfällen, wird die Körpertemperatur der Patienten aktiv erniedrigt, um Zellschäden vorzubeugen. Diese Maßnahme kann für den Patienten, beispielsweise durch einen zu geringen Blutfluss oder durch Herzflimmern, allerdings schnell zur Gefahr werden. Wenn die Frage geklärt ist, wie ein Hamster, mit einer sonst konstanten Körpertemperatur, solche großen Temperaturunterschiede tolerieren und unbeschadet überstehen kann, können möglicherweise Patienten während neurochirurgischer Eingriffe noch besser geschützt werden.