F2 Theater im Pflegewohnheim, Fidicinstraße 2 in 10965 Berlin
„Warum pieksen die Kastanienschalen? - Damit sie die Alleen in Ostpreußen festhalten können. Die würden sonst davonsegeln.“
Ein Kaffeehaus mit Sesseln und kleinen Tischen, elf elegant gekleidete Gäste mit Hüten, Zylindern, Fliegen, Rüschen, Federschmuck, Pelzkragen und Fächern, Servicepersonal, ein Pianist, eine Sängerin. Alles wirkt, wie aus der Zeit gefallen.
Melancholie weht durch den von kleinen Lampen zart beleuchteten Raum. Der Pianist stimmt „Kommt ein Vogel geflogen ...“ an, die Gäste singen mit. Erinnerungen an die Kindheit in Ostpreußen, Russland oder Sachsen werden wach. Es war eine schöne Zeit in der Familie, auf dem Dorf, in einer kleinen Stadt. Aber es war auch die Zeit des 2. Weltkriegs. Aus Briefen lesen die Gäste vor, sie erzählen von Vertreibung, Not und Hunger, aber auch über ihre erste Liebe, den Tanzkurs, ihr Verhältnis zur Natur. Und sie singen allein oder gemeinsam ein russisches Lied, ein Seemannslied, ein Wanderlied und vieles mehr.
„Die Kämpfe aus der damaligen Zeit“, sagt Hanne-Lore Hühn, „waren immer sehr fürs Überleben. Wir haben es immer wieder geschafft und schaffen es auch heute noch.“
Die Aufführung wird musikalisch von dem Pianisten und Komponisten Christoph Grund und der Sängerin Birthe Bendixen geführt. Christoph Grund, auch in der Neuen Musik Szene sehr aktiv, arrangiert Lieder, die einerseits ihren Volksliedcharakter bewahren, andererseits in die Bereiche der Neuen Musik vorstoßen. Birthe Bendixen agiert dabei als Mnemosyne, die Göttin der Erinnerung, die fast Versunkenes wieder an die Oberfläche holt. Bühne und Kostüme stammen von Silja Landsberg.
Fast neunhundert Lebensjahre bringt das Theaterensembles PAPILLONS zusammen. Die älteste Spielerin ist 94 Jahre alt. In seinem Musiktheater HERZTÖNE wirft es Fragen nach unserer menschlichen Existenz auf: Jugend und Alter, Geborgenheit und Verlust, Heimat und Neubeginn, Erinnern und Vergessen. Es ist ein zarter, zuweilen aber auch kraftvoller Theaterabend, wenn die Lieder erklingen und versunkene Welten neu erstehen lassen:
Der Blick der Regisseurin auf den Menschen ist es, der die Produktion der PAPILLONS mit Arbeiten von Marthaler, Goebbels und Schlingensief verbindet. Anstatt den Spielern eine vorgefertigte Rolle aufzuzwingen, stehen sie hier in ihrer ganzen widerständigen Eigenheit auf der Bühne. Dorte Lena Eilers, Positionen (August 2019)
Das Theaterensemble PAPILLONS wurde 2016 im Pflegewohnheim „Am Kreuzberg“ mit demenziell erkrankten Darstellenden und professionellen Kunstschaffenden von der Regisseurin Christine Vogt gegründet. Mit HERZTÖNE tritt das Ensemble wiederum öffentlich im „F2 Theater im Pflegewohnheim“ auf. Das Publikum wird mit dieser Inszenierung an einen sehr ungewöhnlichen Ort geholt.
Mit
Eduard Becker, Hanne-Lore Hühn, Maria Langgärtner, Bernd Leichsenring, Thorsten Schüler, Irène Swiatopolk-Mirska, Udo Thiel, Herbert Wehe, Elvira Werthmüller und Michael Hanemann
Live Musik von und mit:
Birthe Bendixen (Gesang/Stimmbildung), Christoph Grund (Klavier/Komposition), Heiderose Neumann (Mundharmonika)
Konzept/Regie: Christine Vogt
Konzeptionelle Mitarbeit: Birthe Bendixen, Christoph Grund, Silja Landsberg
Kostüme/Bühne: Silja Landsberg
Lichtdesign: Sven Keufner
Regieassistenz/Performance: Nina Kuyumcu
Assistenzen für die Betreuung: Claudia Blaich, Jessica Kirchner, Anika Spereiter
Karten
Eintritt: 15 € / erm. 10 €
vorverkauf@unionhilfswerk.de
Telefon: 030-422 65-822
Produktion: Pflegewohnheim „Am Kreuzberg“ (UNIONHILFSWERK)
Gefördert durch die Stiftung Unionhilfswerk Berlin
www.unionhilfswerk.de
Weitere Informationen
www.grenzbereiche-theater.de
Aufführungsort
F2 Theater im Pflegewohnheim
Fidicinstraße 2, 10965 Berlin