Der Studienkreis für Tourismus und Entwicklung e.V. hat am 12. März die Preisträger des internationalen TO DO!-Wettbewerbs für sozialverantwortlichen Tourismus bekannt gegeben. Der TO DO!2009 wurde im Rahmen der 44. Internationalen Tourismusbörse in Berlin verliehen.
Die beiden gleichrangigen Gewinner sind das landwirtschaftlich-touristische Regional-Netzwerk GAMBIA IS GOOD sowie die GULUDO BEACH LODGE im Norden von Mosambik, ein beispielhaft konzipiertes sozialverantwortliches Projekt.
"Wir freuen uns besonders, dass wir in diesem Jahr zwei vorbildliche Bewerber aus Afrika auszeichnen können", sagte Studienkreis-Geschäftsführerin Dr. Wibke Reger. Beide Preisträger kommen aus jenem Teil des afrikanischen Kontinents, der es immer noch schwer hat, bei uns mit positiven Schlagzeilen wahrgenommen zu werden." Aufgefallen sei in der abgelaufenen Wettbewerbsrunde außerdem, so Wibke Reger, "dass einige der eingereichten Projekte von einer jungen, engagierten Generation entwickelt wurden und noch nicht lange bestehen. Hier scheint Sozialverantwortlichkeit als Maßstab unternehmerischen Handelns inzwischen selbstverständlich dazuzugehören."
Inzwischen kommen mehr als 80 Prozent aller Preisträger und fast zwei Drittel der Projekt-Einreichungen aus Entwicklungs- oder Schwellenländern. "Der TO DO!-Wettbewerb verdeutlicht deutschen Urlaubern, wie eine Tourismusentwicklung aussehen kann, bei der alle Beteiligten gewinnen", so Dr. Werner Bruns, Abteilungsleiter im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, in seiner Laudatio auf die Gewinner des TO DO!2009.
Mit Gambia is Good (GiG) wird zum zweiten Mal ein Projekt aus Gambia ausgezeichnet. Außergewöhnlich an dieser Maßnahme ist, dass sie zunächst zur Regionalentwicklung und damit zur Verbesserung der Einkommens- und Lebensbedingungen der lokalen Bevölkerung beitragen sollte, die Verbindung zum Tourismus ergab sich erst später. Zentraler Gedanke bei GiG ist, durch Weiterentwicklung der Anbaumethoden die bisherige Subsistenzwirtschaft zu überwinden. Dazu wurden mit Unterstützung von "Concern Universal", einer britischen Hilfsorganisation, zwischen 2003 und 2006 Schulungen von etwa 1.000 Farmerinnen und Farmern (rund 90 Prozent Frauen) durchgeführt. Dies verhilft ihnen zu einem gesicherten Einkommen, verbessert den Lebensstandard der Familien und sichert die Ausbildung der Kinder. Insgesamt werden durch das Projekt rund 5.000 Personen erreicht. Bei GiG selbst arbeiten etwa 35 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
In den dörflichen Kollektivbetrieben mit sechs bis acht Hektar ist nun fast ganzjährig Gartenbau möglich. Die Betriebe haben 150 bis 200 Mitglieder, die nach einem festen Organisationssystem zusammenarbeiten. Obst, Gemüse und andere landwirtschaftliche Erzeugnisse wie Honig, Eier oder Milchprodukte werden nicht nur auf verschiedenen lokalen Märkten angeboten, sondern auch regelmäßig in Hotels und Restaurants geliefert. Dadurch reduzieren sich die Importe für den touristischen Bedarf deutlich. GiG hat zwischenzeitlich bei Frischprodukten einen Marktanteil von 35 Prozent erreicht - in einem früher von Importen dominierten Markt. Das Projekt wurde zum Selbstläufer, da der sichtbare Erfolg die Beteiligten zu weiteren Aktionen anspornte. Eine Farmerin antwortete auf die Frage, was das Projekt ihr gebracht habe: "It's like heaven."
Zusätzlich wurde 2007 die Lehr- und Schau-Farm "Gambia is Good Farmyard" angelegt, die zwischenzeitlich von weit über 2.000 Urlaubern besucht wurde; es ist die einzige Anlage dieser Art in Gambia. So kann interessierten Urlaubern der "Best Practise"-Erfolg vermittelt werden.
Ganz anders strukturiert ist das zweite Gewinner-Projekt des TO DO!2009, die Guludo Beach Lodge im Norden Mosambiks. Ziel dieses Projektes ist es, mit Hilfe touristischer Entwicklung die Armut in ländlichen Gemeinden zu reduzieren und gleichzeitig die Natur zu schützen. Entstanden ist das Projekt durch ein junges britisches Paar, Amy und Neal Cartes-James, die nach ersten eigenen Arbeitserfahrungen in Entwicklungsländern fest entschlossen waren, etwas in den ärmsten Gegenden der Welt zu tun. Nach dem World Summit on Sustainable Development in Johannesburg gingen sie auf Empfehlung des WWF im Jahr 2002 in den Norden von Mosambik, in die Region des damals gerade gegründeten Quirimbas-Nationalparks. Dort war die Arbeitslosigkeit hoch, 30 Jahre nach Abzug der Portugiesen und dem bis Mitte der 90er Jahre andauernden Bürgerkrieg. Die Lebenserwartung lag bei 38 Jahren, 30 Prozent der Kinder erlebte nicht den fünften Geburtstag.
Im Jahr 2002 gründeten Amy und Neal Carter-James (im Alter von 22 und 24 Jahren!) die Bespoke Experience Ltd. sowie die Nema Foundation - nachdem sie die Zustimmung der Bevölkerung in Guludo eingeholt hatten. Auch wenn der ursprüngliche Entwicklungsgedanke nicht aus der Dorfgemeinschaft selbst kam, so war sie doch von Anfang an auf Augenhöhe mit eingebunden: Es wurden keine Entscheidungen über ihre Köpfe hinweg getroffen, Partizipation ist in höchstem Maße gegeben, die Initiatoren haben "nur" die Rahmenbedingungen geschaffen.
Die Guludo Beach Lodge wurde 2005 eröffnet. Bei Planung und Bau der aus Bungalows (so genannten "Bandas") bestehenden Anlage wurde auf die Verwendung lokaler Materialien und eine Ressourcen schonende Bauweise geachtet. In den neun Bandas können bis zu 24 Personen untergebracht werden. Die Lodge hat gegenwärtig etwa 45 ständige sowie 20 saisonal angestellte Mitarbeiter/innen.
Das erwirtschaftete Einkommen dient auch dem Aufbau der von der Nema Foundation geförderten Projekte in derzeit zwölf Dorfgemeinschaften mit etwa 15.000 Menschen; die meisten Dörfer liegen im Quirimbas Nationalpark. Neben Gewinnen aus der Lodge fließen auch Spenden in die Nema Foundation. Sie kommenz.B. von Reisenden sowie durch Zuwendungen von "Global Angels", einer internationalen Stiftung, die sich weltweit für die Verbesserung der Lebensbedingungen von Kindern einsetzt.
Touristische Angebote der Guludo Beach Lodge umfassen Tauchen und Schnorcheln, Segeltouren und Ausflüge zu den Inseln oder Tierbeobachtung (auch Wale). Im Craft Center können Gäste selbst traditionelle Töpfe herstellen und (kunst)handwerkliche Produkte kaufen.
Die Stiftung SST, Schweizerische Stiftung für Solidarität im Tourismus, gehört seit sechs Jahren zum Kreis der Förderer des TO DO!-Wettbewerbs und zeichnet die Preisträger des Wettbewerbs mit einem Preisgeld von je 5.000 Schweizer Franken aus. Das Engagement für den TO DO!-Wettbewerb begründet Esther Ineichen, Mitglied des Stiftungsrates: "Mit der Auszeichnung durch den TO-DO!-Preis erhalten Projekte wie 'Gambia is Good' und 'Guludo Beach Lodge' aus Mosambik im Sinne der Stiftung eine wichtige Plattform in der Öffentlichkeit. Das ausgerichtete Preisgeld soll als Anerkennung für ihr bisheriges Engagement, aber auch als Ermutigung zur Fortführung ihrer Arbeit verstanden werden."
Seit 2004 stellt auch die Europäische Reiseversicherung AG als Mitglied des TO DO!-Förderkreises Preisgelder in Höhe von über 2.000 Euro zur Verfügung. Hans Stadler, Bereichsleiter Vertrieb Touristik der Europäischen Reiseversicherung AG, sagte in seiner Würdigung der TO DO!-Preisträger: "Wir freuen uns sehr, dass dieses Jahr gleich zwei Projekte aus Afrika ausgezeichnet werden. Die Menschen in Afrika benötigen unsere volle Unterstützung, um die Herausforderungen in diesen wirtschaftlich schwierigen Zeiten zu meistern. Dabei müssen neue, kreative Wege beschritten werden - den Mut dazu haben die diesjährigen Preisträger mit ihren innovativen Projekten bewiesen. Wir wünschen den Gewinnern viel Erfolg bei der Fortführung ihrer Projekte und weiterhin alles Gute."
Studienkreis-Vorstand Armin Vielhaber nimmt die 15. Preisverleihung zum Anlass, den Förder-Organisationen des TO DO! aus Politik, Gesellschaft und Tourismuswirtschaft besonders zu danken: "Wir könnten diesen Wettbewerb ohne finanzielle Unterstützung nicht durchführen. Der TO DO! wird weltweit wahrgenommen und geschätzt - mit immerhin 288 Projektbewerbungen aus 69 Ländern und fünf Kontinenten. Wir würden uns freuen, wenn sich auch in der nächsten Runde Projekte aus Ländern bewerben, die bisher noch nicht vertreten waren."
Im Zentrum der Wettbewerbskriterien des TO DO! für einen sozialverantwortlichen Tourismus stehen u.a. die Berücksichtigung unterschiedlicher Interessen der ortsansässigen Bevölkerung bei Planung und Durchführung von Tourismusprojekten. Dies soll durch aktive Partizipation der Einheimischen erfolgen. Dabei müssen für alle Beteiligten die Chancen und Risiken solcher Vorhaben transparent werden, ebenso das Ausmaß und die Streuung des wirtschaftlichen Nutzens. Zu den Kriterien des Wettbewerbs zählen ferner die Gewährleistung der Attraktivität touristischer Arbeitsplätze sowie Maßnahmen zur Erhaltung und Stärkung der einheimischen Kultur.