Zur Berichterstattung über die Preisverleihung laden wir herzlich ein.
Die Preisträger 2015:
Der Große Sudetendeutsche Kulturpreis 2015 geht an Prof. Dr. rer. nat., Dr. h. c. mult. Rudolf Fritsch. Nach dem Abitur am humanistischen Gymnasium Ansbach studierte Fritsch die Fächer Mathematik und Physik an der LMU München und an der Uni Saarbrücken, wo er 1968 promovierte. 1973 folgte die Habilitation an der Universität Konstanz.
Die Karriere als Naturwissenschaftler führte bereits mit 42 Jahren an die LMU München zurück, wo er von 1981 bis zur Emeritierung 2004 ordentlicher Professor für Mathematik war. Er stand dem Mathematischen Institut der Universität vor, war Dekan der Fakultät für Mathematik und der Fakultät für Mathematik und Informatik.
Neben diesen universitären Verpflichtungen fand Rudolf Fritsch noch Zeit, sich in der ostpreußischen und sudetendeutschen Landsmannschaft zu engagieren. Er war Gründungsmitglied und Mitglied des Bundesvorstandes der Gemeinschaft "Junges Ostpreußen". 1988 war er an der Gründung des Institutes für Ost- und Westpreußische Landeskunde beteiligt, von 1990 bis 2008 saß er im Kuratorium der Ost- und Westpreußenstiftung in Bayern, deren zweiter Vorsitzender er seit 2008 ist. Im Jahre 2003 wurde ihm für seine Verdienste der Ehrenschild "Deutschordensland" der Ost- und Westpreußen, Landesgruppe Bayern verliehen.
1991 wurde Fritsch in die naturwissenschaftliche Klasse der Sudetendeutschen Akademie der Wissenschaften und Künste berufen, schließlich leitete er diese Klasse. Seit 2006 ist er Präsident der Sudetendeutschen Akademie.
Der Sudetendeutsche Kulturpreis für Literatur und Publizistik 2015 wird Anne Hahn zuerkannt. 1966 in Magdeburg geboren, ist ihre Jugendbiographie durch politische Unterdrückung in der DDR geprägt, bis hin zu einer sechsmonatigen Haft nach einem missglückten Fluchtversuch von Aserbaidschan in den Iran im Jahre 1989.
Anne Hahns literarisches Werk reflektiert die politische Verfolgung, der ihre Generation in der DDR ausgesetzt war, den Druck auf die Jugendlichen, die Freunde an die totalitäre Staatsmacht zu verraten und die Androhung einer völligen Perspektivlosigkeit gleich zu Beginn eines jungen Erwachsenenlebens.
In der literarischen Öffentlichkeit steht der Name Anne Hahn insbesondere für die Subkulturforschung und die Expertise der Punkkultur in der DDR. Doch ihr Buch "DreiTagebuch" zeigt im Jahre 70 nach der Vertreibung eindrucksvoll, dass das Bekenntnis zu den deutschen Vorfahren in Böhmen keinen Widerspruch zur Identität einer über 20 Jahre nach der Vertreibung geborenen Autorin bilden muss.
Dr. Nikolaus Brass aus Lindau erhält den Sudetendeutschen Kulturpreis für Musik 2015. Nach dem Abitur 1968 studierte er Medizin und auch Komposition. 1980 bis 1986 nahm er an den Darmstädter Ferienkursen teil, wo er Morton Feldman begegnete, der sein weiteres musikalisches Denken und Schaffen nachhaltig beeinflusste. Parallel zu seiner Tätigkeit als Mediziner arbeitete er als Komponist. Die Konfrontation mit den Höhen und Tiefen des menschlichen Lebens im medizinischen Beruf fungierte wie ein Kompass bei der Suche nach Ausdruck.
Charakteristisch für seine Musik wurden "fließende Zeitprozesse, Fragen von Ordnung und Störung, das Abtasten der akustischen Außenfläche nach dem, was sie als Widerhall in sich birgt sowie Aspekte der menschlichen Existenz" in einem "permanenten Kreisen und Verlieren und Wiederfinden."
Seine Kompositionen VOID I (für Klavier) und VOID II (für Soli und Orchester) wurden 2009 bei den Klangwerktagen in Hamburg einer Gemeinschaftskomposition von Jugendlichen, die sich mit demselben Thema auseinandergesetzt hatten, gegenübergestellt. In einem begleitenden Podiumsgespräch diskutierten der Architekt des Jüdischen Museums, Daniel Liberkind, und Nikolaus Brass über Formen des Gedenkens in Architektur und Musik.
Der Sudetendeutsche Kulturpreis für Darstellende und Ausübende Kunst 2015 geht an Fritz Graas. Aufgewachsen in der Heimat, kam er nach der Vertreibung mit der Familie nach München. Nach dem Abitur studierte Graas Philosophie, erweiterte aber bald um ein Studium für Gesang und Schauspiel, später um Theaterwissenschaft.
In Prokofjews Oper "Die Liebe zu den drei Orangen" erlebte der Bass-Bariton Fritz Graas 1960 in München seine Premiere. Seit damals gehört Fritz Graas zum Ensemble des Bayerischen Staatstheaters am Gärtnerplatz. Als Schauspieler und Sänger ist er seit langem im Fernsehen bekannt. In Sendeformaten wie "Erkennen Sie die Melodie", "Junger Wein und alte Lieder" und auch in mehr als einem Dutzend Fernsehproduktionen von Opern und Operetten war er zu sehen und zu hören. Er moderierte bei Opernbällen und im Theater und schrieb seit 1975 an die 600 Lieder, vor allem Texte für bekannte Interpreten wie Josef Meinrad, Hans Clarin, Max Grießer, Ernie Singerl und viele andere. Ins Buch der "Münchner Originale" trug er sich ein als Mitgestalter der Inszenierungen beim Starkbieranstich im "Salvatorkeller" am Münchner Nockherberg.
Den Sudetendeutschen Kulturpreis für Wissenschaft 2015 erhält Prof. Dr. Hans-Joachim Maaz. Nach einem praktischen Jahr als Hilfspfleger in der Medizinischen Akademie Dresden studiert er Humanmedizin in Halle. Als Chefarzt der diakonischen Klinik für Psychotherapie und Psychosomatik betrachtet er es als Aufgabe, die Patienten selbstverantwortlicher und widerstandsfähiger zu machen.
Maaz geht es nicht nur um Analysen von Defiziten in Gesellschaften, in denen Repression oder strukturelle Gewalt herrschen, sondern auch um Vorschläge, die aus seinen beruflichen Erfahrungen für die Verbesserung der Probleme abgeleitet werden können. Nach seiner Auffassung liegt der Schlüssel für die Verbesserung der individuellen und gesellschaftlichen Lebensverhältnisse in der Entwicklung der zwischenmenschlichen Beziehungskultur.
Hans-Joachim Maaz schreibt nicht nur für Fachzeitschriften, sondern Berichte über ihn und Interviews mit ihm gelangen in namhafte Zeitungen und Magazine. Zahlreiche Interviews mit ihm werden von Rundfunkanstalten und im Fernsehen gesendet, darunter auch in den großen Nachrichtenformaten von ARD und ZDF. Er selbst charakterisiert sich als Oppositionellen in seiner politischen Haltung sowie in seinem beruflichen und sozialen Engagement, als Utopisten in seinen Ideen und als Realisten in seiner täglichen Arbeit.
Den Sudetendeutschen Kulturpreis für Bildende Kunst und Architektur 2015 erhält Günter Mauermann. In der väterlichen Werkstatt erlernte er das Handwerk und studierte an der Akademie der Bildenden Künste in Nürnberg. Bei seinen bildhauerischen Arbeiten setzt sich der Künstler mit vielen Werkstoffen und deren Kombination auseinander. Seine große Liebe gehört jedoch dem Granit.
In Weiden und der Oberpfalz trifft man immer wieder auf typische Werke von Günter Mauermann. Er will in seinen Werken den Gegensatz sehen zwischen strenger und gelöster Form, zwischen Säule, Kugel und Quader einerseits und Schwellungen, Einbuchtungen und Auswucherungen andererseits, zwischen Geometrischem und Organischem. Immer verbindet Mauermann die Gegensätze zu einer Einheit, wobei er den Spannungsbogen manchmal sanft, manchmal bis zum Bersten anzieht.
Willi Lang aus Radl wird mit dem Sudetendeutschen Volkstumspreis 2015 geehrt. Als ehrenamtlicher Mitarbeiter beim Gablonzer Archiv und Museum e.V. spezialisierte er sich auf die Krippengeschichte und erwarb sich durch seine intensive Beschäftigung mit dieser Thematik ein umfangreiches Spezialwissen. 1988 initiierte er die Gründung der Arbeitsgemeinschaft Sudetendeutscher Krippenfreunde und fungierte bis 1994 als deren Vorsitzender. Mit Umsicht und Geschick organisierte und gestaltete er federführend eine Reihe großer, erfolgreicher Krippenausstellungen. Für die Verankerung der böhmisch-mährischen Krippentradition im Netzwerk der deutschen und österreichischen Krippenfreunde hat er Bleibendes geleistet.
Weit über den Tag hinaus weisen auch Willi Langs Verdienste um den Aufbau der Sammlungen im Isergebirgs-Museum Neugablonz. Hier werden seine Kennerschaft und seine Fähigkeit, Objekte aufzuspüren und ihren Wert einzuschätzen, besonders deutlich.
Ein weiteres Fachgebiet, in das sich der Brauchtumsforscher Lang eingearbeitet hat, ist die Kirchentradition der "Heiligen Gräber". Er hat bei der Wiederentdeckung und Renaissance dieser volksreligiösen Andachtsform Pionierarbeit geleistet. Nicht nur im religiösen Bereich, auch im Themenbereich "Gesellschaftliches Leben" verdankt das Museum dem Sammelgenie Lang einzigartige Exponate, so zum Beispiel den Siegerschlitten der ersten Europameisterschaft im Rodeln, die 1914 auf der Jeschken-Rodelbahn in Reichenberg stattfand.