In Kowarschen im Sudetenland geboren, führte der Weg von Familie Keil nach der Vertreibung aus der Heimat zunächst nach Bad Kissingen, wo der Vater sich bis zum Koch hocharbeitete. „Ich habe keine schlechten Erinnerungen an diese Zeit, auch wenn ich als Kind sehr oft krank war und beinahe an Diphterie gestorben wäre“, erzählte Birgit Keil aus den Anfangsjahren in der neuen Heimat. So hätten sich ihre Eltern nie beklagt und ihren Kindern, trotz der kargen Verhältnisse, eine wunderschöne Zeit voller Qualität ermöglicht. Berufliche Gründe des Vaters, führte die Familie dann nach Bad Cannstatt, was Birgit Keil heute als „ein großes Glück“ bezeichnet. Hier setzte das junge Mädchen ihre Ausbildung als Tänzerin fort, zunächst in einer kleinen Ballettschule im „Kunzi-Bau“ in Bad Cannstatt, wo sich ein russisches Ehepaar ihr annahm und später bei Anneliese Mörike, einer Solistin des Stuttgarter Balletts, die eine private Ballettschule betrieb und die das Talent der jungen Tänzerin erkannt hatte. „Taschenmesserchen“ hat sie mich immer genannt“, erzählte Birgit Keil von Anneliese Mörike weiter, die der Mutter der schüchternen Ballettschülerin mit auf den Weg gab: „Frau Keil, ihre Tochter wird ihnen noch viel Freude machen“. Und das machte sie dann auch. Nach ihrem ersten Solo-Auftritt unter Ballettdirektor Nicholas Beriozoff, bekam Birgit Keil nach ihrem Schulabschluss im Jahre 1961 unter dem neuen Ballettdirektor John Cranko ihren ersten Vollvertrag als Tänzerin im Stuttgarter Ballett. Ein Jahr später von John Cranko für ein halbes Jahr auf die Royal Ballet School nach London geschickt, um, wie der berühmte Ballettdirektor meinte, eine „Horizonterweiterung“ zu erfahren, wurde Birgit Keil im Jahre 1963 Solistin im Stuttgarter Ballett. Es setzte sich ein Weg in ihrer Karriere als Tänzerin fort, der nicht wunderbarer hätte sein können. „Überhaupt ist mein Leben Fügung, dass bemerke ich immer wieder und auch die Entwicklung, die ich noch heute immer wieder in meinem Leben erfahre, empfinde ich als eine große Gnade“, sagte Birgit Keil. Sie war Tanzpartnerin berühmter Tänzer wie Richard Cragun und Rudolf Nurejew und fand mit dem tschechischen Balletttänzer Vladimir Klos auch privat ihr Glück.
Nach 35 Jahren als Tänzerin im Stuttgarter Ballett und als die deutsche Ballerina mit vielen Auftritten rund um die Welt berühmt geworden, sah Birgit Keil die Zeit gekommen, ihre aktive Karriere zu beenden, die Seite zu wechseln, um dann in den Nachwuchs zu investieren und ihre Erfahrungen als Tänzerin weiterzugeben. Inzwischen Kammertänzerin geworden, gründete Birgit Keil deshalb im Jahre 1995 die private „Tanzstiftung Birgit Keil“, die das Ziel verfolgt, „junge Tänzer und Choreografen sowie Neugier, Interesse, Verständnis und Verstehen für das sowohl klassisch-akademische Ballett, den modernen Tanz und das aktuelle Tanztheater“ zu fördern. Besondere Unterstützung erfuhr sie dabei von dem erst kürzlich verstorbenen langjährigen baden-württembergischen Ministerpräsidenten Lothar Späth, der auch 20 Jahre Kuratoriumsvorsitzender der Stiftung war. Dass die Nachwuchsarbeit für das Ballett inzwischen eine Herzensangelegenheit der berühmten Tänzerin ist, macht das Engagement Birgit Keil`s an der Akademie des Tanzes der Staatlichen Hochschule für Musik und darstellende Kunst in Mannheim deutlich, wo sie 1997 als Professorin die Leitung übernahm und deren Arbeit dort für sie „immer das Wichtigste“ bleiben wird. Das musste auch im Jahre 2003 der damalige Generalintendant des Badischen Staatstheaters in Karlsruhe, Achim Thorwald, erfahren, der Kammertänzerin Birgit Keil zwar als Direktorin des Staatsballetts Karlsruhe für das Badische Staatstheater gewinnen konnte, für die jedoch ihr Engagement für den tänzerischen Nachwuchs immer an erster Stelle stehen wird.
Besonders verbunden fühlt sich Kammertänzerin Professor Birgit Keil aber auch mit ihrer Heimat, dem Sudetenland und der Sudetendeutschen Landsmannschaft. „Ich bin eine von Ihnen, aber inzwischen natürlich auch Stuttgarterin“, so die berühmte Balletttänzerin, die 1999 mit dem „Großen Sudetendeutschen Kulturpreis“ ausgezeichnet wurde und die zum Abschluss des eindrucksvollen Nachmittags von der Weilimdorfer Obfrau Waltraud Illner für 50 Jahre Mitgliedschaft in der Sudetendeutschen Landsmannschaft mit Urkunde und Nadel ausgezeichnet wurde.
Helmut Heisig
- SL- Weilimdorf –