Am vergangenen Samstag, 1. Juni 2019 hat der BdV-Bund der Vertriebenen im Haus der Heimat in Stuttgart seinen 67. Landesverbandstag abgehalten. Die Neuwahl des Landesvorstands war einer der wichtigsten Programmpunkte dieses Tages.
Frau Iris Ripsam, Stadträtin, ehemalige Bundestagsabgeordnete, wurde mit überzeugenden 98,4 Prozent für zwei weitere Jahre im Amt als BdV-Landesvorsitzende bestätigt. Frau Ripsam hat sich für den großen Vertrauensbeweis bei den Delegierten der Landsmannschaften und Kreisverbände bedankt. So macht sich Frau Ripsam für die nächsten zwei Jahre gemeinsam mit dem neu gewählten und verjüngten Landesvorstand auf den Weg, den BdV-Landesverband Baden-Württemberg zukunftsfähig zu machen.
Als ihre Stellvertreter wurden folgende Personen gewählt:
Raimund Haser MdL, Klaus Hoffmann, Andrea Krueger MdL a.D., Hartmut Liebscher und Uta Lüttich.
Weiter wurde beim diesjährigen Landesverbandstag Frau Gabrielle Wulff nach 30 Jahren Arbeit beim BdV verabschiedet und für ihren sowohl beruflichen als auch ehrenamtlichen Einsatz in der BdV-Geschäftsstelle, für Orts-, Kreisverbände, Landsmannschaften und weit darüber hinaus mit der Ernst-Moritz-Arndt-Medaille, der höchsten Auszeichnung des BdV-Landesverbandes, ausgezeichnet.
Bildbeschriftung:
Der neue BdV-Landesvorstand
Von links: Josef Prunkl (Beisitzer für die Südostdeutschen), Hans-Werner Schwalke (Beisitzer für die Nordostdeutschen), Waltraud Illner (Beisitzer der BdV-Kreisverbände - KV Stuttgart), Viktor Neubauer (Beisitzer für die LM der Deutschen aus Russland), Reinhold Frank (Landesschatzmeister), Albert Reich (Beisitzer der BdV-Kreisverbände - KV Stuttgart), Iris Ripsam MdB a. D. (Landesvorsitzende), Matthias Schwarz (Beisitzer der BdV-Kreisverbände - KV Zollernalb), Michael Konnerth (Schriftführer), Andrea Krueger (stv. Landesvorsitzende), Hartmut Liebscher (stv. Landesvorsitzender, Landesgeschäftsführer); nicht im Bild Klaus Hoffmann (Landesobmann der Sudetendeutschen Landsmannschaft)
Wir vertreten die im Land Baden-Württemberg wohnenden Sudetendeutschen.
Die Nachfahren jener Deutschen, die vor mehr als 800 Jahren in den sogenannten "Böhmischen Ländern", nämlich in Böhmen, Mähren und dem südlichen Teil Schlesiens (diese Länder bilden heute die "Tschechische Republik") ansässig geworden sind, wurden in diesem Jahrhundert unter dem Sammelnamen "Sudetendeutsche" bekannt.
1945/46 wurden 3,2 Millionen von den insgesamt 3,5 Millionen Sudetendeutschen aus ihrer Heimat vertrieben, ihr Eigentum wurde entschädigungslos konfisziert. Konfiskation und Vertreibung waren begleitet von blutigen Exzessen. Grundlage dieser gegen Menschen- und Völkerrecht verstoßenden "ethnischen Säuberung" bildeten Dekrete, die vom damaligen tschechoslowakischen Staatspräsidenten Edvard Beneš erlassen worden waren und die heute noch gültig sind.
Rund 600 000 dieser vertriebenen Sudetendeutschen kamen nach Baden-Württemberg, wo sie sich eine neue Existenz aufbauten und in das wirtschaftliche, gesellschaftliche, kulturelle und politische Leben eingegliedert wurden. Sie fanden sich in zahlreichen Vereinigungen zusammen, deren Grundlage ganz verschiedenartig war: Herkunftsgebiete, politische oder kulturelle Interessen, Freizeitgestaltung, berufliche Gemeinsamkeiten und manches mehr.
Jeder 15. Einwohner Baden-Württembergs ist Sudetendeutscher. Heute gibt es in Europa und Übersee insgesamt rund 3,8 Millionen Sudetendeutsche. Rund 600 000 von ihnen kamen im Zuge der Vertreibung aus ihrer Heimat nach dem 2.Weltkrieg nach Baden-Württemberg. Gemeinsam mit der einheimischen Bevölkerung trugen sie in der Nachkriegszeit zum Wiederaufbau des Landes bei. Durch ihre Stimmabgabe bei der Volksabstimmung 1952 waren sie wesentlich am Zustandekommen des "Südweststaates" beteiligt. Die für Baden-Württemberg kennzeichnende Ausgewogenheit zwischen großen Weltfirmen, Mittel- und Kleinbetrieben hat die wirtschaftliche Eingliederung der Sudetendeutschen und die Gründung neuer Werke und Fabriken durch sudetendeutsche Unternehmer in besonderem Maße erleichtert. Stellvertretend dafür seien genannt die Autofirma Porsche in Stuttgart, die Wiesenthal-Glashütte in Schwäbisch Gmünd, die Aluminium-Hütte Grohmann in Bisingen,die Maschinenfabrik Panhans in Sigmaringen, die Papierwerke Zechel in Reilingen,das Pharmawerk Merckle in Blaubeuren, dazu zahlreiche weitere mittlere und kleinere Betriebe.
27 Städte und Gemeinden Baden-Württembergs übernahmen Patenschaften über sudetendeutsche Kreise, Gemeinden und Landschaften. Insgesamt 24 kulturelle sudetendeutsche Einrichtungen - wissenschaftliche Gesellschaften, Archive, Büchereien, Sammlungen, Heimatstuben - wurden durch eigene Kraft der Sudetendeutschen und mit Hilfe öffentlicher Stellen in Baden-Württemberg aufgebaut.
Aus dem kulturellen Leben des Landes sind manche Namen von Sudetendeutschen nicht mehr wegzudenken, wie z. B. der Bildhauer Prof. Otto H. Hajek, die Tänzerin Birgit Keil, die Komponisten Karl-Michael Komma und Widmar Hader, der weltbekannte Posaunist Armin Rosin, die Dirigenten Wolfgang G. Hofmann und Emmerich Smola, die Malerin Traude Teodorescu-Klein oder der Dichter und Schriftsteller Josef Mühlberger - um nur einige wenige stellvertretend zu nennen.
Das Sudetenland im Vergleich zur Fläche einzelner deutscher Bundesländer
Bayern 70550 km2 Baden-Württemberg 35750 km2 Sudetenland 26500 km2 Hessen 21100 km2 Schleswig-Holstein 15700 km2 Saarland 2600 km2
Die kulturelle Verflechtung der Sudetendeutschen mit den übrigen deutschen Ländern und Landschaften ist seit Jahrhunderten eng und vielgestaltig.
Beispiele sind: Der schwäbische Baumeister Peter Parler aus Schwäbisch Gmünd, der im 14. Jahrhundert u. a. den Veitsdom in Prag erbaute, oder der aus dem Egerland kommende Barockbaumeister Balthasar Neumann, der nicht nur die Würzburger Residenz, sondern z. B. auch berühmte Treppenhäuser in Brühl und Bruchsal schuf. Auch andere Namen, herausgegriffen aus einer großen Zahl, beweisen den lebendigen Anteil, den die Deutschen aus den böhmischen Ländern am geistigen Leben des gesamten deutschen Volkes hatten und haben: Der Komponist Johann Wenzel Stamitz aus Deutsch-Brod beispielsweise, der später in Mannheim wirkte, Vinzenz Prießnitz und Johann Schroth, die großen Naturheiler, der Brünner Abt Gregor Mendel, dessen Vererbungslehre zur Grundlage moderner Genetik wurde, die Friedensnobelpreis-Trägerin Bertha von Suttner, die Dichter Rainer Maria Rilke, Adalbert Stifter, Marie von Ebner-Eschenbach, die Maler Alfred Kubin oder Ferdinand Staeger, aber auch die Bamberger Symphoniker, die nach der Vertreibung aus den "Prager Deutschen Philharmonikern" hervorgegangen waren, oder auch der Schriftsteller Otfried Preußler aus Reichenberg, dessen "Räuber Hotzenplotz" und "Kleine Hexe" heute Millionen Kinder und Erwachsene erfreuen.
Die Organisationen der Sudetendeutschen spiegeln in ihrer Vielfalt und Vielschichtigkeit das Leben und die Interessen der Angehörigen dieser Volksgruppe wider. Im politischen, kulturellen, wissenschaftlichen, wirtschaftlichen, beruflichen, sozialen und gesellschaftlichen Bereich gibt es sudetendeutsche Zusammenschlüsse, aber auch auf Generationsebene und im Bereich der Freizeitgestaltung.
In Baden-Württemberg gibt es heute 27 größere sudetendeutsche Vereinigungen, von denen viele noch Untergliederungen auf Orts- und Kreisebene haben.
Mehrere sudetendeutsche Zeitschriften werden in Baden-Württemberg herausgegeben, ebenso haben verschiedene sudetendeutsche Stiftungen, Institute und Gesellschaften ihren Sitz in diesem Lande.
Die Sudetendeutschen im Vergleich zur Einwohnerzahl verschiedener Staaten
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