Heimatgefühl und heimatliche Küche gehören zusammen. Was dem Ostfriesen der Matjes sind dem Schwaben die Kässpatzen. Essen ist mehr als nur Nahrungsaufnahme. Es bedeutet Geselligkeit, familiäre Traditionen, regionale Gebräuche. Der Geschmack bestimmter Speisen verbindet sich mit Erinnerungen: an die Kindheit, an Menschen und Orte, an Erlebnisse. Besonders deutlich empfinden das die Heimatvertriebenen. Ihnen helfen die vertrauten Gerichte, wenigstens kulinarisch heimzukehren und so das Heimweh etwas zu lindern.
Über die Vertreibung gerettete Familienrezepte wurden sorgsam gehütet. Anfangs fehlten wichtige Zutaten für die "Heimwehküche". Mohn und Knoblauch waren kurz nach dem Krieg im Westen nicht gebräuchlich. Die Einheimischen beobachteten auch mit Verwunderung, wie eifrig die Vertriebenen "in die Pilze" gingen.
Die historisch gewachsene Verwandtschaft der böhmischen mit der bayerischen Küche förderte hierzulande die kulinarische Integration. Beiden Küchen ist die Vorliebe für Braten, Knödel und Mehlspeisen gemeinsamen. Viele Gerichte tragen lediglich unterschiedliche Namen: die Allgäuer Riebelesuppe kennt der Isergebirgler als Reibteigsuppe, der Reiberdatschi entspricht den böhmischen Haluschken.
Nicht zuletzt durch Ehen zwischen Einheimischen und Vertriebenen ergänzten und bereicherten sich die Speisezettel. Die Sudetendeutschen lernten, die Allgäuer Kässpatzen zu schätzen, die Allgäuer die Reichenberger Raucherwurst. Und spätestens dann, wenn eine Allgäuerin für ihren sudetendeutschen Mann Liwanzen bäckt, gehen Liebe und Heimat durch den Magen ...
Die Anregung zur Ausstellung ergab sich durch ein Buch des Thüringer Kuchenmeisters Harald Saul. "Unvergessliche Küche Sudetenland" ist eine Sammlung von Familienrezepten mit den dazugehörigen Familiengeschichten. Nach diesem Muster öffnet auch die Ausstellung die Tür zur sudetendeutschen Küche. Sie erzählt Geschichte vom Knödelfritz und vom Posselt-Bäcker und stellt traditionelle Gerichte vor, die zuweilen seltsame Namen tragen: Was kommt auf den Tisch, wenn man Stoppelfuchs, Bähbrot oder Tilletunke bestellt? Was lagert in einem sudetendeutschen Vorratskeller? Der Besucher kann es mit eigenen Händen ertasten. Ein Gewürzregal lädt zum Schnuppern ein - und zum Rätseln: Gehört Ingwer wirklich zur böhmischen Küche oder doch eher zur asiatischen?
Richtiges Kochen ist in einer Ausstellung mit historischen Objekten leider nicht möglich. Doch am Kleckselkuchentag (1. Adventssonntag) und am Raucherwursttag (2. Adventssonntag) lässt sich der Ausstellungsbesuch mit dem Genuss von Gablonzer und Reichenberger Spezialitäten verbinden. Kinder und Schulklassen können sich vom Knödelfritz aus Haindorf oder von der Knödel-Rosa aus Böhmen durch die Ausstellung führen lassen.
Geöffnet von:
8.Oktober 2014 bis 1. Februar 2015
geöffnet täglich außer Montag von 14-17 Uhr
geschlossen am 24., 25, und 31. Dezember 2013 sowie 1. Januar 2014
geöffnet am 26. Dezember 2013 (2. Weihnachtsfeiertag)
Weitere Informationen über
Eva Haupt M.A., Museumsleiterin
Isergebirgs-Museum Neugablonz, Bürgerplatz 1, 87600 Kaufbeuren-Neugablonz
Tel. 0 83 41/96 50 18 Fax 0 83 41/ 6 52 92, info@isergebirgs-museum.de.