Zum 98. Jahrestag dieses historischen Ereignisses, gedachten die Sudetendeutschen in einer Feierstunde im Haus der Heimat in Stuttgart den Opfer und erinnerten so auch an das Selbstbestimmungsrecht der Völker.
Unter den zahlreichen Besuchern, die der Einladung zur Feierstunde zum Gedenken an den 4.März 1919 gefolgt waren, konnte der Landesobmann der Sudetendeutschen Landsmannschaft Baden-Württemberg, Klaus Hoffmann, auch wieder eine große Anzahl von Ehrengästen begrüßen, wie den CDU-Landtagsabgeordneten Konrad Epple, die Leitende Ministerialrätin aus dem baden-württembergischen Innenministerium, Dr. Christiane Meis, den Oberbürgermeister der Stadt Backnang, Dr. Frank Nopper, den ehemaligen CDU-Landtagsabgeordneten und Landesvorsitzenden des BdV, Arnold Tölg, Alt-Regionalrat Hans-Werner Carlhoff, Alt-Stadtrat Rolf Schlierer, den Sprecher der Südmährer, Franz Longin sowie von der Sudetendeutschen Landsmannschaft Stuttgart den Ehrenkreisobmann Ernst Merkl und Kreisobfrau Waltraud Illner.
Ein besonderer Gruß galt jedoch der CDU-Bundestagsabgeordneten, Stadträtin Iris Ripsam, die in der von Matthias Kinzler, Elke Stauber-Micko, Gerlind Preisenhammer und Martin Preisenhammer musikalisch umrahmten Feierstunde, die Gedenkrede hielt.
Iris Ripsam, die auch baden-württembergische Landesvorsitzende der „Union der Vertriebenen und Flüchtlinge in der CDU/CSU“ ist, ging in ihrer Ansprache zunächst auf die Vorgeschichte ein, die zu den tragischen Ereignissen des 4.März 1919 führten. So hatte der amerikanische Präsident Woodrow Wilson mit dem Ausgang des Ersten Weltkrieges den Völkern Österreich-Ungarns ihr Selbstbestimmungsrecht zugebilligt, welches jedoch von der neu gegründeten Tschechoslowakei nicht gewährt wurde, galten für die deutschen Minderheiten in den neu gegründeten Nationalstaaten im östlichen Europa lediglich Minderheitenschutzrechte. Als Bürger 2.Klasse behandelt, wünschten sich die Sudetendeutschen einen Anschluss an Deutsch-Österreich und demonstrierten am 4.März 1919 in zahlreichen Städten des Sudetenlandes friedlich gegen die Nichtzulassung zu den Wahlen zur Provisorischen Nationalversammlung der Republik Österreich im Februar 1919, gegen die Eingliederung in die neu gegründete Tschechoslowakische Republik und für den Verbleib in der Republik Österreich, deren Forderungen nach Selbstbestimmung jedoch durch Schüsse paramilitärischer tschechischer Einheiten ein gewaltsames Ende fanden. Die CDU-Politikerin erinnerte an dieser Stelle an die 52 Deutschen und zwei tschechoslowakischen Polizisten, die an diesem Tag in Kaaden, Mährisch Sternberg, Karlsbad, Arnau im Riesengebirge, Eger, Mies und Aussig ums Leben kamen und nannte jedes einzelne Schicksal, das damals für das Selbstbestimmungsrecht gestorben war, bei seinem Namen.
Auch nach dem Zweiten Weltkrieg war es wieder die deutsche Minderheit, welche die Last für die furchtbaren Verbrechen des Krieges in besonderer Weise tragen musste. „Der Zweite Weltkrieg war ja eigentlich am 8.Mai 1945 offiziell beendet, doch für die Sudetendeutschen folgten weitere schlimme Monate und Jahre, in denen sie ihr Hab und Gut, ihre Heimat, ja gar ihr Leben verloren haben“, so Iris Ripsam weiter. Doch hielten die Sudetendeutschen, trotz der leidvollen Erfahrung der Vertreibung, an dem Bemühen um einen Dialog fest und untermauerten ihre Absicht, an einem geeinten Europa mitzuwirken, „in dem die Völker ohne Furcht und Zwang leben können“ bereits im Jahre 1950 mit der Verkündung der „Charta der deutschen Heimatvertriebenen“, einem Dokument, welches das Selbstverständnis und das Handeln aller deutschen Heimatvertriebenen prägt und bis heute Halt und Richtung gibt. Die Stuttgarter CDU-Stadträtin schilderte dabei auch die Umstände, unter welchen Bedingungen im Nachkriegsdeutschland die deutschen Heimatvertriebenen leben mussten und zeigte großen Respekt vor den Verfassern der „Charta“, die bei der Verkündung am 5.August 1950 in Stuttgart von den Grundgedanken des Willens zur Eingliederung, zur Gleichberechtigung, zum Wiederaufbau, zur Rückkehr in die Heimat wie auch dem Wunsch nach Frieden und Freiheit in einem geeinten Europa geprägt war. „Mit der „Charta der deutschen Heimatvertriebenen“, hatten sich die Sudetendeutschen für Versöhnung und Frieden in Europa ausgesprochen. Sie ebneten den Weg für die EU als Friedensprojekt und die Geschichte gibt ihnen Recht“, so die Gedenkrednerin. Iris Ripsam, verschwieg auch nicht, dass die gemeinsame und teils sehr leidvolle Geschichte, die Tschechen und Deutsche verbinde, viele Wunden hinterlassen habe und das die Aufhebung der Benes-Dekrete, die bis heute noch nicht erreicht werden konnte, eine der Wunden ist, die noch der Heilung bedürfen. Mit einem Appell an die Heimatvertriebenen, angesichts der Flüchtlingsströme und des damit aufflammenden Nationalismus in Europa, mit ihren Erfahrungen als Mittler und Brückenbauer zu fungieren, schloss die Stuttgarter CDU-Stadträtin ihre Ansprache und sagte:
„Der Verlust der Heimat kann jeden Menschen an jedem Ort der Erde treffen. Und er ist für alle gleich. Entwurzelnd und entmutigend“.