Zum 97. Jahrestag dieses historischen Ereignisses, gedachten die Sudetendeutschen in einer Feierstunde im Haus der Heimat in Stuttgart den Opfer und erinnerten so auch an das Selbstbestimmungsrecht der Völker.
Unter den zahlreichen Besuchern, die der Einladung zur Feierstunde zum Gedenken an den 4.März 1919 gefolgt waren, konnte der Landesobmann der Sudetendeutschen Landsmannschaft Baden-Württemberg, Klaus Hoffmann, auch wieder eine große Anzahl von Ehrengästen wie den CDU-Bundestagsabgeordneten Dr. Stefan Kaufmann, den CDU-Landtagsabgeordneten Konrad Epple, die Leitende Ministerialrätin aus dem baden-württembergischen Innenministerium, Dr. Christiane Meis, den Oberbürgermeister der Stadt Backnang, Dr. Frank Nopper, die Stuttgarter Stadträtin Iris Ripsam (CDU), Professor Gerhard Heimerl, die Bundesfrauenreferentin der Sudetendeutschen Landsmannschaft, Gerda Ott, den Sprecher der Südmährer, Franz Longin, den Stuttgarter BdV-Kreisvorsitzenden Albert Reich sowie die Kreisobfrau der Sudetendeutschen Landsmannschaft, Stuttgart, Waltraud Illner, begrüßen.
Ein besonderer Gruß galt jedoch dem Beauftragten der CDU-Landtagsfraktion für die Angelegenheiten der Heimatvertriebenen und Flüchtlinge in Baden- Württemberg, dem Landtagsabgeordneten Paul Nemeth, der in der von Monika Mahr, Matthias Kinzler, Gerlind Preisenhammer und Martin Preisenhammer musikalisch umrahmten Feierstunde, die Gedenkrede hielt.
Paul Nemeth, dessen Mutter und Vater aus ihrer Heimat vertrieben wurden und so zur Nachfolgegeneration der Heimatvertriebenen zählt, ging zu Beginn seines Vortrages zunächst auf die aktuelle Flüchtlingspolitik ein. Dabei betonte der Christdemokrat, dass er aufgrund der Erfahrungen seiner Eltern großes Verständnis für die Flüchtlinge habe, die gegenwärtig aus Angst um ihr Leben nach Deutschland kommen. Doch sei es eine historische Lüge, so Paul Nemeth weiter, wenn man die Flüchtlinge von heute mit den deutschen Heimatvertriebenen von damals vergleiche, die sprachlich, kulturell und religiös mit ihrer „neuen Heimat“ bereits verwandt waren.
Der CDU-Landespolitiker ging in seiner Gedenkrede dann auf die tragischen Ereignisse des 4.März 1919 ein, als damals die Menschen in zahlreichen Städten des Sudetenlandes friedlich gegen die Nichtzulassung zu den Wahlen zur Provisorischen Nationalversammlung der Republik Österreich im Februar 1919, gegen die Eingliederung in die neu gegründete Tschechoslowakische Republik und für den Verbleib in der Republik Österreich demonstrierten und deren Forderungen nach Selbstbestimmung durch Schüsse paramilitärischer tschechischer Einheiten ein gewaltsames Ende fanden. „Die Menschen hatten mit ihren Demonstrationen nur ein Ziel, sie wollten das Selbstbestimmungsrecht der Völker“, so Paul Nemeth weiter, der an dieser Stelle deutlich machte, dass schon damals die Sudetendeutschen zum Dialog mit der tschechischen Seite bereit gewesen wären. Die Geschichte zwischen Deutschen und Tschechen im Sudetenland nahm dann jedoch einen anderen Verlauf, dessen schrecklichster Höhepunkt die Vermögensenteignung und Vertreibung der Deutschen nach dem Zweiten Weltkrieg war. Doch hielten die Sudetendeutschen, trotz der leidvollen Erfahrung der Vertreibung, an dem Bemühen um einen Dialog fest und untermauerten ihre Absicht, an einem geeinten Europa mitzuwirken, „in dem die Völker ohne Furcht und Zwang leben können“ bereits im Jahre 1950 mit der Verkündung der „Charta der deutschen Heimatvertriebenen“. Was inzwischen auf zwischenmenschlicher Ebene in Form von Patenschaften sowie kulturellen und verständigungspolitischen Veranstaltungen vielfältig erreicht wurde, gelte es auch im Dialog, dessen Basis die Wahrheit und die christlich-abendländischen Werte sein müssten, mit der tschechischen Regierung und auf kommunaler Ebene zu verwirklichen. Dabei setzt Nemeth auch auf die junge Generation in Tschechien, deren Interesse an der Wahrheit der Vertreibungsgeschichte der Deutschen aus dem Sudetenland weiter wachse, was auch die Teilnahme zahlreicher junger Tschechen auf dem alljährlichen Sudetendeutschen Tag und ihr Wunsch, dort ins Gespräch miteinander zu kommen, zeige.
Für das Land Baden-Württemberg gelte es, den Austausch auf kulturellem und wissenschaftlichem Gebiet zur Völkerverständigung weiter voranzutreiben und die kulturelle Arbeit sowie deren Einrichtungen zu stärken.
Paul Nemeth schloss seine Gedenkrede mit dem Appell, dass das Gedenken an Flucht und Vertreibung und die Ereignisse des „4.März 1919“ stets bewahrt und die Geschichte der deutschen Heimatvertriebenen für nachfolgende Generationen wachgehalten werden müsse.
Helmut Heisig
SL- Stuttgart