Heute hat es die Lebensversicherung in der äußeren Wahrnehmung schwer. Die lang andauernde Niedrigzinsphase im Zuge der Euro- und Schuldenkrise macht ihr zu schaffen, immer wieder wird ihr Geschäftsmodell in Frage gestellt. In so einer Zeit lohnt der Blick zurück auf die Gründungszeit der öffentlich-rechtlichen Lebensversicherungsanstalten.
Warum gründet man einen Lebensversicherer?
Ausgangspunkt der Gründung der öffentlich-rechtlichen Lebensversicherungsanstalten war die seit dem 19 Jahrhundert drängende Frage, wie man die hoch verschuldeten Güter und bäuerlicher Anwesen in der ostelbischen Landwirtschaft dauerhaft und nachhaltig entschulden konnte. In Preußen wurden über Jahrzehnte verschiedene Möglichkeiten diskutiert. Am Ende setzte man auf die Lebensversicherung. Die Idee war: Die Betriebe sollten sich mit Hilfe einer Hypothekentilgungsversicherung entschulden. Die Betriebe sollten die notwendigen Hypotheken aufnehmen. Die Rückzahlungsraten (Tilgung) wurden dann in Versicherungsbeiträge umgewandelt. Bei Fälligkeit der Versicherung - oder auch beim Tod des Versicherten - erhielt der Hypothekengläubiger das Kapital, und der Betrieb war schuldenfrei.
Die damals schon bestehenden privaten Lebensversicherungen kamen als Partner bei diesem Plan nicht in Frage: Sie boten ihre Lebensversicherungen nicht flächendeckend an, sondern konzentrierten sich auf Städte und dichter besiedelte Regionen. Sie versicherten nur hohe Lebensversicherungssummen, forderten hohe Prämien, legten die eingenommenen Gelder rein renditeorientiert an, was dazu führte, dass die Gelder nicht in den Regionen wieder eingesetzt wurden, in denen sie eingenommen wurden.
Die öffentlich-rechtliche Lebensversicherung sollte aber flächendeckend für alle erreichbar sein, auch niedrige Versicherungssummen bieten und das zu so niedrigen Prämien, dass sich jeder die Versicherung leisten konnte. Außerdem sollten die Gelder auch dort eingesetzt werden, wo sie gesammelt werden - also aus der Region für die Region.
Diese Idee setzte sich - unabhängig von den Problemen der ostelbischen Landwirtschaft - in ganz Deutschland durch. Von 1910 bis 1924 wurden überall öffentlich-rechtliche Lebensversicherungsanstalten gegründet. Die Nassauische Lebensversicherungsanstalt war so Teil der Gründungswelle öffentlich-rechtlicher Lebensversicherungsanstalten in Deutschland.
Lebensversicherung ist krisenerprobt
Wenn heute die Leistungsfähigkeit der Lebensversicherung in Frage gestellt wird, dann vergisst man, welche Krisen die Lebensversicherer bereits überstanden haben: Den ersten Weltkrieg, die Weltwirtschaftskrise mit der Hyperinflation - und dem Verlust des Vertrauens der Menschen in jede Form des Sparens -, den zweite Weltkrieg mit seinen Folgen. Auch die Nassauische Lebensversicherungsanstalt ist gut durch diese Krisen gekommen. Zum Teil sehr kreativ: Die Nassauische Kriegsversicherung von 1914 war Vorbild für nahezu alle Lebensversicherer in dieser Zeit.
Heute ist Altersvorsorge wichtig
Die Bedeutung der Lebensversicherung ist auch 100 Jahre nach der Gründung nach wie vor hoch - auch wenn sich die Aufgabe etwas gewandelt hat. Lebensversicherungen werden immer weniger zur Absicherung von Krediten verwendet, sondern vielmehr zur persönlichen Altersvorsorge der Menschen. Ein neues Problem steht vor uns: der demografische Wandel und seine Folgen. Wie finanzieren die Menschen ihr immer länger andauerndes Alter? Hier hat die Lebensversicherung ihren bleibenden Wert. Die Abdeckung des Langlebigkeitsrisikos, der biometrischen Risiken, der Hinterbliebenenversorgung verbunden mit einer professionellen Kapitalanlage findet man bei keinem anderen Produkt. Sie ist das einzige Produkt, das ein Alterseinkommen lebenslänglich absichern kann - nicht umsonst gibt es in Deutschland 93,6 Millionen Lebensversicherungsverträge.
Der Weg von der Nassauischen Lebensversicherungsanstalt zur SV SparkassenVersicherung Lebensversicherung AG:
In Hessen:
20.9.1913 - Freigabe der Satzung der Nassauischen Lebensversicherungsanstalt durch Kaiser Wilhelm den II. Zunächst nur für den Regierungsbezirk Wiesbaden.
15.11.1913 - Aufnahme des Geschäftsbetriebs:
02.12.1913 - Beitritt zum Verband öffentlicher Lebensversicherungsanstalten
22.08.1918 - Beitritt des Regierungsbezirks Kassel. Neuer Name: Hessen Nassauische Lebensversicherungsanstalt
10.02.1927 - Beitritt des Volksstaates Hessen
1992 - der Freistaat Thüringen kommt zum Geschäftsgebiet hinzu.
01.01.1997 - neuer Name: SV SparkassenVersicherung Öffentliche Lebensversicherungsanstalt Hessen-Nassau-Thüringen
In Baden-Württemberg:
14.04.1924 - Gründung der Öffentliche Versicherungsanstalt Baden (ÖVA)
01.10.1924 - Gründung der Deutsche Versorgungsanstalt Versicherungsbank (DVA) (Gebiet Württemberg und Hohenzollern)
10.06.1950: Umbenennung der DVA in Sparkassen-Versicherung AG, 1987 in Sparkassen-Versicherung Lebensversicherung AG
01.01.2000 - Fusion von ÖVA und Sparkassen-Versicherung Lebensversicherung AG zur SV Lebensversicherung AG
01.01.2004: länderübergreifende Fusion zur heutigen SV SparkassenVersicherung Lebensversicherung AG