Die Leistungsdichte des gesamten J80 WM-Feldes war enorm. Die Positionen, besonders unter den vorderen Plätzen, wechselten nach jeder Wettfahrt und bescherten so vielen Crews ein Wechselbad der Gefühle. Nur einer segelte immer auf Platz eins, der Spanier Ignacio Camino Rodriguez. Mit einer Serie immer unter den besten Zehn, aber ohne einen einzigen Tagessieg auf seinem Konto, fand er sich jeden Abend als Führender auf der Ergebnisliste wieder. Ausgerechnet in der letzten Wettfahrt schob das spanische Team zu früh die Bugspitze über die Ziellinie und durfte das Rennen nicht weiter segeln. Hauchdünne zwei Punkte Vorsprung konnten dem Vize-Weltmeister von 2007 aber nicht mehr vom Gewinn des Titels abhalten. "Wir mussten während der letzten Wettfahrt draußen warten, ob nicht doch noch eine zwölfte Wettfahrt gestartet wird. Unser Puls lief auf vollen Touren, denn wer weiß, wie es nach einem weiteren Rennen für uns ausgegangen wäre. Aber zum Glück nahm der Wind so stark zu, dass wir nach Hause konnten. Da fiel uns ein großer Stein vom Herzen", berichtete Rodriguez erleichtert.
Extra aus den Staaten angereist und zum ersten mal selbst bei einer Weltmeisterschaft am Steuer einer J80, segelte J-Boats Präsident Jeff Johnstone nach kurzer Eingewöhnungsphase gleich auf dden Silbermedaillen-Platz. Mit einem in Deutschland gecharterten Boot und mit Segeln von Faber und Münker aus Kiel kam der smarte Amerikaner mit den Bedingungen vor Kiel immer besser zurecht. Drei Tagessiege katapultierten Johnstone und sein Team in den letzten vier Wettfahrten auf das Siegerpodest. Zu seiner rein deutschen Mannschaft vor Kiel gehörten neben Henning Mittelmann und Bo Teichmann auch die 14jährige Stella Mau und der 15jährige Florian Föh. "Natürlich hätten wir gerne noch ein zwölftes Rennen gesegelt, wir hatten ja zum Sprung auf den Titel schon angesetzt, aber die Entscheidung, bei den harten Wetterbedingungen kein weiteres Rennen zu segeln, ist völlig in Ordnung. Wir sind sehr glücklich mit der Vizemeisterschaft, und ich muss mich bei meiner Crew bedanken, die ein tollen Job gemacht hat", zeigte sich Jeff Johnstone zufrieden mit seinem Erfolg.
Der geballten Überlegenheit der Crews aus Spanien, Frankreich und Schweden unterlegen, konnten die deutschen Mannschaften ihre Revierkenntnisse kaum ausspielen und mussten sich mit Rängen ab Platz neun zufrieden geben. Uli Münker und Peter Hecht (beide Kiel) segelten sich zwar zwischenzeitlich auf den Bronzeplatz im Gesamtklassement, mussten dann aber bei den verbleibenden Wettfahrten bis zum Samstag dem internationalen Feld die Vorfahrt lassen. Ein versöhnlicher dritter Platz in der letzten Wettfahrt brachte die beiden Initiatoren der Tutima J80 Worlds zum Abschluss unter die besten Zehn. "Die Top Ten waren schon unser Ziel, unser Traum natürlich ein Platz auf dem Podest, aber den haben wir durch unsere mäßige Leistung am vorletzten Tag verspielt. Wir haben ein sehr gutes Geschwindigkeitspotenzial gehabt, aber die taktischen Anforderungen draußen waren schon sehr anspruchsvoll. Da waren die Anderen einfach einen Tick besser", resümierte Uli Münker.
Ähnlich erging es dem Team um Steuermann Martin Menzner vom Kieler Yacht-Club, der neben einem Tagessieg auch mal einen 34. Platz einstecken musste. Am Ende hieß es Platz zwölf für die Sieger der MAIOR Regatten.
Einen denkbar schlechten Auftakt zur Tutima J80 Worlds erwischte das Bremer Team der Brüder Jörg und Manfred Gosche. Gleich in der ersten Wettfahrt rammten sie ein italienisches Boot auf der Startlinie und demolierten ihren Bug. Drei Wettfahrten brauchten Gosche und sein Team für eine notdürftige Reparatur, bevor sie wieder in das Renngeschehen eingreifen konnten. Als Wiedergutmachung bekam Gosche den Durchschnitt aller seiner Ergebnisse für die ersten Wettfahrten gutgeschrieben. Noch auf der Kieler Woche im Katamaran F18 als Sieger gekürt, musste sich Steuermann Jörg Gosche ganz neu auf das Kielbootsegeln mit einer J80 einstellen: "Mit der F18 ist man innerhalb von 30 Sekunden von einem Ende der Startlinie zum anderen gesegelt, mit einer J80 braucht man Minuten. Dieses Umdenken hat mir zu Beginn echt Schwierigkeiten gemacht." Als viertbestes deutsche Boot schloss Jörg Gosche die Tutima J80 Worlds mit Rang 21 ab, noch hinter dem süddeutschen Team um Joseph Pochammer vom Bodensee auf Platz 17.
Souverän konnte Mandus Freese als Wettfahrtleiter seine Wettfahrten durchziehen, scheute sich aber auch nicht, den einen oder anderen Start unter der "Black Flagg" zu starten. "Besonders zum Schluss, bei den letzten Wettfahrten, wurde das Feld zunehmend nervöser, da blieb uns gar nichts anderes übrig, als mit der "Black Flagg" ein bisschen Ruhe in das Starterfeld zu bringen. Wenn dann einer zu früh startet, ist er für die Wettfahrt raus", erklärte Mandus Freese, der erst am zweiten Tag die Regie auf dem Startschiff von Kieler Woche Chef Jobst Richter übernommen hatte.
Endstand nach elf Wettfahrten:
1. Ignacio Camino Rodriguez/Alberdo Padron Gomez Jose Luis/Armando Gutierrez (ESP) 52;
2. Jeff Johnstone/Bo Teichmann/Stella Mau/Florian Föh/Henning Mittelmann (USA) 54;
3. Carlos Martinez/Chencho Ortega/Eugenio Pedreno/Juanma Barrionuevo (ESP) 63;
4. Patrick Bot/Frederic Denis/Matthieu Durand/Frederic Hauville/Agathe Brucelle (FRA) 71;
5. Kevin Sproul/Yoann Richomme/Robert Gullan/Aarian Gray (GBR) 7;
6. Javier Padron/Juan Gonzalez/Abelardo Queuedo/Cesar Obregon (ESP) 79;
7. Ingemar Sundstedt/Jörgen Strömquist/Olof Detlefsen/Anne Tempelmann/Mikael Linquist (SWE) 79;
8. Jonathan Lobert/Félix Pruvor/Thomas Le Breton/Benjamin Diouris (FRA) 81;
9. Ulrich Münker/Philipp Schön/Willem Geertz/Erik Hecht/Peter Hecht (Kiel) 87;
10. Luc Nadal/Francois Meesmaecker/Pierre Mousselon/Gilles Curcaud (FRA) 106.