Was bringt eine Familie dazu, gemeinsam ein Unternehmen auf die Beine zu stellen und einen Hufschuh zu entwickeln? Noch dazu eine Familie, deren Mehrheit keine Ahnung von Pferden hat – respektive hatte? Am Anfang standen Armin und Tanja Eberle. Armin wurde in eine Thurgauer Käserfamilie geboren. Sein Einstieg ins Berufsleben begann – naheliegend – mit einer Käserlehre. Den Beruf übte er anschliessend während einigen Jahren aus. Eines Tages übernahm er eine Stute und neben dem Reiten begann er sich intensiv mit der Hufpflege zu befassen. So intensiv, dass er beschloss, sich zum Huforthopäden auszubilden. Im Jahr 2004 schloss er die Ausbildung bei der Deutschen Huforthopädischen Gesellschaft DHG und dem Deutschen Institut für Huforthopäden DIFHO ab. Als Tanja Weixelbaumer in sein Leben trat, war sie zwar passionierte Reiterin, hatte aber noch kaum etwas von Barhufhaltung gehört.
Hufschuhe für jede Anwendung
Bei der Arbeit an den Pferden hatte Armin immer wieder festgestellt, dass Kunden schlecht passende Hufschuhe einsetzten. Tanja ihrerseits war auf den Geschmack des Barhufreitens gekommen, war aber mit dem Angebot an Hufschuhen völlig unzufrieden. Der Wunsch nach einem Hufschuh, der ihren Idealvorstellungen entsprach, wurde immer grösser. Während einem Ferienaufenthalt mit ihren Eltern Inge und Tino Weixelbaumer, Unternehmer im (Un-)Ruhestand, und dem Bruder Mirko Weixelbaumer, Unternehmensberater, entstand die Idee, einen Hufschuh zu produzieren, der einfach anwendbar ist, zum Pferd passt, der neuesten Technologie und dem Know-how entspricht. «Wir müssen das iPhone der Hufschuhe erfinden», sagte Mirko. Oder wie Tanja es ausdrückt: «Ein Schuh aus einem Stück, ein simpler Verschluss – fertig.»
«Konventionell gibt es nicht»
Gemeinsam gründeten sie die Firma Swiss Galoppers GmbH. Alle waren sich des Risikos bewusst, dass die Vermischung von Geschäft und Familie mit sich brachte und schlossen nach eingehenden Diskussionen und Auseinandersetzungen einen Gesellschaftsvertrag ab. Dann ging’s los. Skizzen, Tüfteln an Prototypen, die Suche nach Entwicklungs- und Produktionspartnern, und ebenso Vertriebsmöglichkeiten und Businesspläne. Wie sollte das Ganze finanziert werden? Bei der Bank ernteten sie ein Lächeln, also starteten sie eine Crowd-Funding-Aktion – zuerst gegen Tinos Widerstand, der argumentierte, «er gehe doch nicht betteln». Die Aktion gelang, die Produktion konnte starten. «Konventionell gibt es in unserer Firma nicht», schmunzelt er heute.
1000 Kilometer und mehr
Eine Firma im Kanton Aargau (GUDO AG.) stellt den Hufschuh im Spritzgussverfahren her. Er entspricht genau Armins Idealvorstellung: Die Weichkomponente im Ballenbereich garantiert eine optimale Anpassung, das Strahlenbett der Innensohle wirkt stossdämpfend und verhindert das Drehen des Schuhes am Huf. Die abgeschrägte Sohle passt zum natürlichen Abfussen des Pferdes und ist nicht breiter als der Huf. So behält das Pferd sein natürliches Gangbild. Das Zwei-Komponenten-Kunststoffmaterial weist eine hohe Abriebfestigkeit auf und der Schuh ist leicht zu reinigen. Für empfindliche Tiere gibt es eine Neopreneinlage (Gaiter), welche Druckstellen verhindert. Der Schuh wird bereits in vier Grössen hergestellt und weitere sollen folgen. Der Verkauf läuft über den Fachhandel, Kunden aus der Schweiz können auch im Shop online bestellen. Im Ausland besteht ein Netz von Vertriebspartnern. Die bisherigen Erfahrungen zeigen, dass der höhere Preis gegenüber der Konkurrenz durch die Einfachheit und vor allem die Langlebigkeit wettgemacht wird. Eine Kundin hat mit einem Satz Hufschuhe mittlerweile über 1000 Kilometer zurückgelegt.
Patentierte Einfachheit
Für die «Einfachheit des Hufschuhs» hat die Swiss Galoppers GmbH erfolgreich ein Patent beantragt. Alles am Hufschuh möglichst simpel zu halten, erleichtert den Gebrauch nicht nur den bestehenden Kunden, sondern eröffnet auch neue Segmente und gehört zu den Zukunftsvisionen. Zum Beispiel wird in der Zukunft der Verschlussriemen leicht vertieft, so dass kein Schnee – und am Strand kein Sand – eindringen kann. «Wir müssen an Europa denken», ist Tino überzeugt und erinnert daran, dass Barhufreiten an der Meeresküste sehr beliebt ist. Zum Ganzen gehört auch, dass sich der Hufschuh rezyklieren lässt – das Material wird gemahlen und wieder in den Produktionsprozess eingebracht. Die Swiss-Galoppers-Familie will mit dem gelungenen Produkt auch andere Interessenten und Pferdeorganisationen für die Barhufreiterei ermutigen und unterstützen. Zwei Franken pro Schuh vergibt sie an gemeinnützige Projekte. Den eigenen Weg konsequent zu begehen hat sich bewährt, darin sind sich alle einig. Wären Investoren eingestiegen, hätten diese mitbestimmen wollen, und Swiss Galoppers hätte ein viel schnelleres Tempo in Richtung Rendite einschlagen müssen. So hingegen bleibt genügend Zeit für Gespräche mit Kunden, Erfahrungsaustausch mit Herstellern und für Verbesserungen am Produkt – bei aller Unkonventionalität und Innovation haben auch solche konservative Gedanken ihren Platz. Schliesslich geht es den Swiss Galoppers ums gleiche wie der ganzen Branche: gesunde Pferde und zufriedene Kunden. www.goo.gl/Zcfcr4