Anlässlich des 90. Jahrestages der Machtübertragung an Hitler – Der Abend ist dem KZ-Überlebenden Boris Romantschenko gewidmet, der im März 2022 von einer russischen Rakete in seiner Wohnung in der Ukraine getötet wurde
Onlineveranstaltung am 24. Februar 2023 um 18.00 Uhr mit Michael Gormann-Thelen, einem Kenner des Wirkens von „ERH“ und Mitherausgeber einer der zentralen Schriften Rosenstock-Huessys, des dreibändigen Werkes „Im Kreuz der Wirklichkeit. Eine nach-goethische Soziologie“.
Wer an der kostenfreien Onlineveranstaltung via Zoom teilnehmen möchte, melde sich bitte an bei schroeter@talheimer.de
Eine Veranstaltung in der Reihe „Kristalle der Hoffnungen“. Diese Reihe wird getragen von: Redaktion „Latenz“, Redaktion „bloch-akademie-newsletter“, Löwenstein-Forschungsverein e.V., Hans-Mayer-Gesellschaft e.V. und Talheimer Verlag.
Am 24. Februar 1973 starb Eugen-Rosenstock-Huessy („ERH“). Mit dieser Veranstaltung wollen wir an einen besonderen Denker und Intellektuellen erinnern, der nachhaltige Wirkungen seines Schaffens hinterlassen hat. Zu seinen Schülern gehörten jene Frauen und Männer, die später den „Kreisauer Kreis“ gründeten und das Attentat auf Hitler planten, darunter die vom NS-Staat hingerichteten Adolf Reichwein (1898–1944), Helmuth James v. Moltke (1907–45) und Peter Yorck v. Wartenburg (1904–44) sowie die nach 1945 emigrierte Freya von Moltke (1911–2010). Eugen Rosenstock-Huessy gilt vielen als geistiger Mentor des „Kreisauer Kreises“. Als überzeugter Christ unterstützte er in den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts den christlich-jüdischen Dialog. „ERH“ war Mitbegründer und erster Leiter der „Akademie der Arbeit“ in Frankfurt am Main und danach Professor in Breslau. Er war ein energischer Gegner des Nationalsozialismus.
In den zwanziger Jahren führte er auf der Schwäbischen Alb bei Münsingen Jugendbildungsseminare (damals „Jugendlager“ genannt) durch. Nach der Befreiung Deutschland durch die Allierten besuchte er vopn seinem amerikanischen Exilort aus deutsche Städte. In Tübingen sprach er im Schlatterhaus. Doch das Denken der NS-Zeit war ihm noch zu präsent in der Bundesrepublik. Er blieb dauerhaft in den USA bis zu seinem Tod.
Doch am 24. Februar 2023 jährt sich nicht nur der Todestag von „ERH“. An diesem Tag ist es ein Jahr her, dass russische Truppen in völkerrechtswidriger Weise einen Angriffskrieg auf die Ukraine begannen. In Erinnerung an die dann folgenden Verbrechen russischer Militärs widmen wir diese Veranstaltung Boris Romantschenko. Er überlebte Aufenthalte in vier KZs des NS-Staates und wurde am 18. März 2022 von einer russischen Rakete in seiner Wohnung getötet.
Rosenstock-Huessys Ansatz der „Vergegenwärtigung“ sieht den Menschen in seinem Eingebettetsein in die geschichtlichen Abläufe und in seinem Verwobensein mit der Rolle und Bedeutung der Sprache. Der „unreine Denker“, wie er sich selbst nannte, sucht das Gemeinsame der Menschen, auch das Gemeinsame in den verschiedenen Kulturen, Religionen und Glaubensrichtungen. Die „Krise Europas“, die sich in den beiden Weltkriegen zeigten, markiert für ihn einen Wendepunkt in der Menschengeschichte.
Mit der persönlichen Erlaubnis der Schriftstellerin und Juristin sowie Widerstandskämpferin im „Kreisauer Kreis“ Freya Gräfin von Moltke erschien im Jahr 2008 die neubearbeitete und nunmehr vollständige Ausgabe eines der Hauptwerke „ERHs“: „Im Kreuz der Wirklichkeit. Eine nach-goethische Soziologie“.
„Die politische Witterung, die Nase für die Zukunft, der Spürsinn – das, was im Lateinischen ‚investigare‘, vestigium: ‚die Spur‘ steckt – das ist also die Verwurzelung in der Zukunft der Menschen und ihres Zusammenlebens, die den Soziologen von den Naturforschern abtrennt. Wer diesen Sinn pflegt, auf den wirkt die ferne Zukunft heute schon ein! Das aber erklärt, weshalb wir aus der Zukunft heraus heute doch schon erkennen dürfen. Der, der am tiefsten unter einem Mißstand am Leiden Anteil nimmt, ist den Stumpfsinnigen um ein Jahrhundert voraus.“ (Eugen Rosenstock-Huessy)
„‚Im Kreuz der Wirklichkeit‘ trifft zu Beginn des 21. Jahrhunderts auf eine gänzlich veränderte Welt. Global organisieren sich Wirtschafts- und Arbeitswelten. Weltumspannend tragen neue Kommunikationstechniken zum Austausch zwischen Kulturen, Lebensweisen und Religionen bei. Rosenstock-Huessys umfangreiches Werk der Soziologie, sein Impuls für das anerkennende und anerkannte ‚Du‘, sein unbeugsamer Humanismus finden im aktuellen zivilgesellschaftlichen Diskurs der ‚Einen Welt‘ ihre zukunftsweisende Verortung und Verzeitlichung. Die Glaubwürdigkeit des Autors erwächst dabei auch gerade aus seiner biografischen Invariante der Richtung. Sein klarer Bruch mit dem Nationalsozialismus, seine stete Ablehnung des stalinistischen Kommunismus und seine nicht unerheblichen Wirkungen auf Mitglieder des ‚Kreisauer Kreises‘ geben vorliegendem Werk seine zeitgeschichtliche Signatur.“ (Aus dem Vorwort)
Eintritt frei. Nach Anmeldung wird ein Zoom-Link zugeschickt. Anmeldung erbeten an: schroeter@talheimer.de