Bis in die frühen sechziger Jahre hatte der französische staatliche Rüstungskonzern MATRA eigentlich gar nichts mit Autos zu tun. Raketen baute man, Flugzeuge auch, außerdem war MATRA auf die Verarbeitung von Kunststoff spezialisiert. Nicht gerade das, was man ein glamouröses Image nennt.
Um dieses aufzupolieren, verbandelte sich MATRA mit Réné Bonnet, seines Zeichens Automobilhersteller in Eigenregie. Bonnet fertigte Anfang der sechziger Jahre das Modell Djet, der bis dato erste in Serie produzierte Mittelmotorsportwagen mit GFK-Karosse der Welt. Zuerst unterstützte MATRA lediglich die Motorsportaktivitäten von Bonnet, nachdem die Firma jedoch Anfang '64 in finanzielle Schieflage geraten war, wurde Bonnet kurzerhand geschluckt - und fortan der Matra Djet gebaut, genau 1491 Exemplare bis 1968.
Im Motorsport wurde alles abgeräumt:
Mit dem Kleinst-Hersteller übernahm MATRA aber nicht nur den Djet, sondern auch Bonnets Motorsportambitionen: So konnte man 1969 die Formel-1-Weltmeisterschaft auf einem MATRA MS 80 mit dem Fahrer Jackie Stewart feiern - beachtlich wenn man bedenkt, wie kurz der Konzern erst im Geschäft war.
Auch in Le Mans, seinerzeit prestigeträchtiger als die Formel 1, konnte MATRA Rennsportgeschichte schreiben. So gelangen drei aufeinanderfolgende Gesamtsiege in den Jahren 1972 bis 1974 auf den Le Mans - Boliden MS 670 mit MATRA 12-Zylindermotoren. Übrigens: dieses Kunststück konnte in der Geschichte von Le Mans bisher nur AUDI wiederholen!
Weltneuheiten am laufenden Band:
Angefeuert von insgesamt 124 gewonnenen und damit extrem werbewirksamen Rennen der MATRAs in den verschiedensten Rennkategorien, kam parallel zum Rennsport die Produktion der zivilen Serienfahrzeuge allmählich auf Touren.
Bereits 1967 war auf dem Genfer Autosalon der 2+2 Sitzer M 530, wiederum mit Mittelmotor und GFK - Karosserie, zu bestaunen. Immerhin 9609 dieser skurrilen Fahrzeuge mit Ford V4 Motoren wurden hergestellt.
Eine echte Sensation war der MATRA- Simca Bagheera (MATRA hatte in der Zwischenzeit den Vertrieb an die europäische Chrysler - Tochter Simca abgegeben) mit drei nebeneinanderliegenden Sitzen vorne und Mittelmotor. Hiervon wurden zwischen 1973 und 1980 sogar 47796 Exemplare an den Mann oder an die Frau gebracht.
Ab 1981 konnte man wieder zu dritt nebeneinander Platz nehmen, diesmal im Matra Murena. Auch dieser MATRA hat bis heute den Automobilbau nachhaltig mitgeprägt. Als erstes Großserienfahrzeug der Welt hatte nämlich der Murena einen im Tauchverfahren voll verzinkten Rahmen. Diese Neuerung konnte jedoch nicht mehr den Schaden wettmachen, den MATRA in genau dem gleichen Bereich zuvor durch den Bagheera hatte hinnehmen müssen.
Zerfallserscheinungen überall:
Dessen Karosserie wurde nämlich kaum vor Korrosion geschützt, genauso schnell wie der Rahmen selbst nagelneuer Bagheera schwand folgerichtig auch das Vertrauen der Kunden in die französische Marke. Kein Wunder also, dass von diesem zeitlos schönen Sportwagen nur noch 10.680 Exemplare zwischen 1981 und 1984 verkauft wurden.
Auch der zwischen 1977 und 1983 insgesamt 56.457 mal auf die Räder gestellte Rancho litt an der gleichen Krankheit. Eigentlich schade und seiner Bedeutung für die Automobilgeschichte vollkommen unangemessen: denn im Grunde genommen hatte MATRA mit dem Rancho über zwanzig Jahre vor BMW X5 und Konsorten den ersten SUV im Programm.
Und auch das letzte von MATRA gebaute Fahrzeug sollte der Tradition der Firma treu bleiben. Denn der Renault Espace , Gründer des Family-Van-Booms, ist ein MATRA -Konzept, das ebenfalls von MATRA gebaut, lediglich unter dem Namen Renault vertrieben wurde. Inzwischen baut Renault seine Espace-Modellreihe selbst - mittlerweile aber aus Blech.
Die innovative Entwicklungsabteilung von MATRA wurde inzwischen komplett von Pininfarina übernommen, die ihren Hauptsitz nach Frankreich verlegten.