Dieser Theaterabend ist nicht nur ein wunderbar ironisches Spiel im Spiel, sondern vor allem eine große Liebeserklärung an das Theater. Premiere ist am 5. Dezember 2015 im Großen Haus. Uta Koschel, die in Heilbronn zuletzt „Das Fest“ inszeniert hat, führt Regie. Tom Musch hat das Bühnen- und Kostümbild entwickelt. Es spielen: Sylvia Bretschneider, Bettina Burchard, Katharina Leonore Goebel, Sabine Unger, Nils Brück, Anjo Czernich, Oliver Firit, Frank Lienert-Mondanelli und Tobias D. Weber
Inhalt
Es ist Generalprobe für die Komödie „Nackte Tatsachen“, mit der eine kleine englische Tourneetheatergruppe in den nächsten vier Monaten durchs Land touren und ordentlich Geld verdienen will. Ihr Stück ist mit den bekannten Boulevardzutaten gewürzt: Ehebruch, Steuerflucht, Lügen, Tür auf, Tür zu, Telefonklingeln und einer Unmenge an Requisiten. Jeder Theaterfachmann weiß: Proben für Komödien sind alles andere als spaßig. Da geht es um Disziplin und absolute Präzision, wenn man die Pointen richtig setzen will. Wenige Stunden vor der Premiere sind die Darsteller allerdings weit davon entfernt, den Text oder ihren pünktlichen Auftritt zu beherrschen. Stattdessen diskutieren sie mit dem Regisseur, der nur Dank Valium einigermaßen die Ruhe behält, über die Logik des Stückes und kämpfen mit falsch platzierten Requisiten, klemmenden Türen, verlorenen Kontaktlinsen oder ihrer Schwerhörigkeit. Doch der Vorhang muss auf, egal wie, und irgendwie kommt die Premiere raus…
Aber Schauspieler sind auch nur Menschen mit ihren Leidenschaften, Sorgen und Schwächen, die sie als Profis während der Vorstellungen komplett ausblenden müssen. Eigentlich! Nur wenn der Regisseur gleichzeitig ein Verhältnis mit der Regieassistentin und der jungen Darstellerin hat, die immer noch sehr attraktive Dotty sich einen jungen, äußerst eifersüchtigen Kollegen als Liebhaber gönnt und darüber hinaus flirtet, was das Zeug hält, und ein anderer Schauspieler seinen Whiskey mehr als alles andere liebt, dann spielt sich hinter den Kulissen der eigentliche Wahnsinn ab, der mehr und mehr in das Geschehen auf der Bühne eingreift. Erst recht, wenn man in einer mehrmonatigen Tournee auf Gedeih und Verderb miteinander verbunden ist.
Von hinten komischer als von vorn – sagt Frayn
Die Idee zu seinem Stück „Der nackte Wahnsinn“ hatte Michael Frayn, als er eines seiner Stücke einmal von der Seitenbühne aus sah und dachte: „Von hinten ist es komischer als von vorn“. Von diesem Erlebnis inspiriert schrieb er sein Erfolgsstück über die kleine Theatertruppe und die alltäglichen kleinen und großen „Tragödien“ hinter den Kulissen. Der besondere Clou: Im zweiten Akt ist die Bühne um 180° gedreht und was dem Zuschauer sonst verborgen bleibt, nämlich der Blick hinter die Kulissen, ist ihm nun gewährt.
Übrigens: Was nach Wahnsinn aussieht, ist hart erarbeitet. Theater ist ein Präzisionsapparat, bei dem ein Rädchen ins andere greifen muss. Beim „nackten Wahnsinn“ sind die Anforderungen an Disziplin und Körperbeherrschung der Schauspieler noch einmal potenziert. Und nichts ist so schwer zu machen, wie das, was am Ende leicht und verspielt aussehen soll.
MICHAEL FRAYN
geboren 1933 in London, arbeitete zunächst als Reporter, Übersetzer und Kolumnist, bevor er sich dem literarischen Schreiben zuwandte. Sein immenses Werk umfasst weit über dreißig Theaterstücke und zehn Romane.
Die Komödie „Der nackte Wahnsinn“ erlebte 1982 ihre Uraufführung und wurde zum viel gespielten Welterfolg. Zehn Jahre später wurde der Stoff mit international bekannten Schauspielern wie u. a. Michael Caine und Christopher Reeve in der Regie von Peter Bogdanovich verfilmt.
Auch mit politisch hellsichtigen Stücken machte Frayn von sich reden. In „Kopenhagen“ (1998), beschrieb er das Zusammentreffen der beiden Atomphysiker Niels Bohr und Werner Heisenberg. Anfang der 1970er Jahre als Reporter für den „Guardian“ und den „Observer“ auch in Deutschland tätig, beschäftigte sich Frayn wiederholt mit Themen und Figuren der deutschen Kultur- und Zeitgeschichte. So setzte er sich in seinem Stück „Demokratie“ (2003) mit der Guillaume-Affäre um Willy Brandt auseinander. 2004 wurde ihm für seine Aufarbeitung bedeutender Ereignisse der deutschen Zeitgeschichte das Bundesverdienstkreuz verliehen.
Auch als Romanautor ist Michael Frayn erfolgreich: zuletzt erschien 2012 sein vielbesprochener Roman „Willkommen auf Skios“, mit dem er sich wieder dem Genre der Farce – diesmal in Romanform – widmete.
Premiere am 5. Dezember 2015, 19.30 Uhr, Großes Haus
Der nackte Wahnsinn
Komödie von Michael Frayn
Regie: Uta Koschel
Ausstattung: Tom Musch
Dramaturgie: Kristin Päckert
Es spielen: Sylvia Bretschneider (Belinda Blair/Flavia Brent), Bettina Burchard (Brooke Ashton/Vicky), Katharina Leonore Goebel (Poppy Norton-Taylor, Regieassitentin), Sabine Unger (Dotty Ottley/ Mrs. Clackett), Nils Brück (Garry Lejeune/ Roger Tramplemain), Anjo Czernich (Tim Allgood, Inspizient), Oliver Firit (Frederick Fellowes/Philip Brent und Scheich), Frank Lienert-Mondanelli (Selsdon Mowbray/Einbrecher), Tobias D. Weber (Lloyd Dallas, Regisseur) – kursiv gedruckte Rollenbezeichungen sind die Stück-im-Stück-Rollen
Die nächsten Vorstellungstermine: 10.12.2015, 15.12.2015, 21.12.2015, 23.12.2015, 31.12.2015, 02.01.2016, 08.01.2016, 15.01.2016, 16.01.2016