Klamms Schüler boykottieren den Unterricht. Sie haben dem Lehrer den Krieg erklärt, sitzen nur noch stumm herum und machen ihn auf diese Weise fertig. Sie geben ihm die Schuld am Selbstmord eines Abiturienten. Weil dem ein Punkt fehlte, hat er das Abitur nicht geschafft. Und Klamm war der Lehrer, der ihm diesen Punkt verweigert hat.
Deutsch-Lehrer Klamm ist ein Pauker von altem Schrot und Korn. Er weiß unglaublich viel über Literatur, ist penetrant pflichtbewusst. Er verabscheut Kollegen, die fern vom Berufsethos vor der Klasse nur ihren Job tun. Und er verlangt Leistung von seinen Schülern. Schließlich wird ihnen später auch nichts geschenkt. Statt Goethes "Faust" durchzunehmen, will er sich nach der Kriegserklärung vor den Jugendlichen rechtfertigen. Er sieht sich nicht schuld am Selbstmord des Schülers.
Klamm versucht mit allen Mitteln das Verständnis der Jugendlichen zu gewinnen. Mit Belohnung, Bestechung, Bestrafung. Ihr Schweigen macht ihn rasend. Zunehmend gerät er in Zweifel, ob seine Entscheidung richtig war.
Bereits 1996 schrieb Kai Hensel dieses Einpersonen-Stück. Im Jahre 2000 wurde es in Dresden uraufgeführt. Seit dem Amoklauf von Erfurt wird es an vielen deutschen Bühnen gespielt, weil es Fragen provoziert, die weit tiefer als PISA die Ursachen der deutschen Bildungsmisere berühren. Reicht es, wenn Lehrer fachlich perfekt sind? Müssen sie nicht auch menschlich gut drauf sein? Und wie ist es mit den Schülern? Inwieweit sind sie bereit zu arbeiten und nicht nur gute Bewertungen zu verlangen?
Oder ist etwa der Leistungsdruck in der Schule noch größer als später im Berufsleben? Welche Zwänge sind es, die einen Schüler in den Selbstmord treiben? Die Stärke des Stückes liegt darin, dass es keine Schuldzuweisungen gibt. Sondern, dass es provoziert, so dass Schüler, Eltern und Lehrer regelrecht herausgefordert werden, darüber zu diskutieren. Das Theater Heilbronn bietet nach allen Vorstellungen Diskussionen an, die den Weg öffnen können, einander besser zu verstehen.
Klamms Krieg
Schauspiel von Kai Hensel
Premiere am 14. November, 20 Uhr in den Kammerspielen
Regie: Nils Brück
Ausstattung: Karoline Seidelmann
Es spielt: Frank Lienert-Mondanelli