Regisseur Christopher Gottwald, der in Heilbronn geboren ist, setzt das Stück mit Sebastian Weiss in Szene. Sebastian Weiss, der derzeit unter anderem auch als Josef K. im "Process" zu sehen ist, spielt hier den Filmstudenten Tamás, der über die eigene Familiengeschichte seinen Diplom- Film machen will. Die besondere und ganz andere Herausforderung für ihn als Schauspieler: Er agiert mitten im Klassenzimmer - ohne Bühne, ohne Theater-Licht. Die vierte Wand ist aufgehoben. Er muss auf die Schüler reagieren, sie in sein Spiel einbeziehen.
INHALT DES STÜCKES
Da steht plötzlich dieser Typ vom Film in der Klasse und beschwert sich, dass nichts vorbereitet ist. Keine Assistentin ist da, kein Kamerateam und die Mädchen und Jungen, die vor ihm sitzen, sind kein bisschen auf diese Szenen eingestellt, in denen sie mitspielen sollen. Was soll das? Tamás ist Filmstudent und in vier Tagen ist Abgabetermin für seinen Abschlussfilm. Um seinen Vater soll es gehen. Seine Eltern stammen aus Ex-Jugoslawien und sind während des Krieges nach Deutschland geflohen. Und Tamás, der erst in Deutschland geboren wurde, hat sich nichts weniger vorgenommen, als die Geschichte seiner Familie mit dem Film zu erzählen. Eine Geschichte, die für ihn bisher unerzählbar war, weil er sie nicht über die Lippen bekommen hat. Eine Liebesgeschichte, die eine Kriegsgeschichte wurde. Der Vater war ein Demagoge, der mit seinen Reden die Landsleute in den Krieg trieb. Seine Mutter stand auf der anderen Seite. Wie kam es, dass die beiden zusammen nach Deutschland gingen und ein Kind bekamen?
Autorin Maja Das Gupta recherchierte in Heilbronn, sprach mit verschiedenen Menschen, die eine Zuwanderungsgeschichte haben. Die Integrationsbeauftragte der Stadt Heilbronn, Roswitha Keicher, hat ihr dabei geholfen, die Kontakte herzustellen. Besonders eng war die Zusammenarbeit mit der Dammrealschule, da dort der Anteil der Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund sehr hoch ist. Diese Schule ist Kooperationsschule des Theaters und erklärte sich auch bereit, den Probenprozess des Stückes zu begleiten. Schon in den ersten Proben in unterschiedlichen Klassen wurde deutlich, wie gut das Konzept, die Jugendlichen in das Stück hinein zu ziehen und zum Weiterdiskutieren zu animieren, funktionieren kann.
Unendlich viele unerzählte Geschichten sind der Autorin bei den Recherchen begegnet. "Tito, mein Vater und ich" ist die letzte Fassung, die in enger Zusammenarbeit zwischen Theaterleitung und Autorin entstanden ist. In ihr fließen mehrere wahre Geschichten zusammen. Diesen Filmstudenten Tamás beispielsweise gibt es wirklich, auch sein Vater war eine politische Leitfigur in Ex-Jugoslawien. Dann hatte Maja Das Gupta in Heilbronn eine Frau kennen gelernt, die seit ihrer Flucht aus dem Kosovo arbeitsunfähig ist. Außerdem recherchierte sie vor einiger Zeit in Belgrad über das Schicksal von Frauen im Bürgerkrieg. All diese Stränge sind in dem Stück "Tito, mein Vater und ich" vereint.
Innerhalb des Landes-Projektes "Kunst und Integration" erhielt das Klassenzimmerstück eine Förderung vom Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg. Dank der Förderung ist es möglich, das Klassenzimmerstück für 40 Vorstellungen kostenfrei in den Schulen zu spielen. Im Anschluss an die Vorstellung gibt es ein von der Theaterpädagogik moderiertes Publikumsgespräch.
Premiere am 8. März 2012
Tito, mein Vater und ich (URAUFFÜHRUNG)
Klassenzimmerstück von Maja Das Gupta
Regie: Christopher Gottwald
Kostüm: Roswitha Egger