Die Bühnenfassung ist eng angelehnt an die Novelle, die Petra Wüllenweber auf den Kern reduziert hat. Es war eine besonders große Herausforderung, dem Text, der nicht einen Dialog enthält, sondern die Erinnerungen des einen Protagonisten, Johann, widerspiegelt, eine dramatische Struktur zu geben:
"Damals brauchte ich dringend einen Freund", erinnert sich Johann an den Beginn seines engen Bündnisses mit dem gleichaltrigen Ludwig. "Ein Freund war alles in jener Zeit." 11 Jahre waren die beiden Jungen alt, als sie sich kennenlernten. "Etwas mit den Eltern zu unternehmen, war unwürdig geworden." Johanns inniger Wunsch nach einer Freundschaft wird durch Ludwig, den Neuen in der Klasse, erfüllt. Sie verbringen viel Zeit im Garten von Ludwigs Eltern, der unter einer hohen Autobahnbrücke liegt. Manchmal springen Menschen von ihr in den Tod. Erst recht unzertrennlich werden sie, als sie gemeinsam rudern. Sie fahren Zweier ohne (Steuermann). Dieses Boot verlangt den absoluten Gleichklang seiner beiden Ruderer. Weil jeder auf einer Seite zieht, müssen beide gleich stark sein. In ihrer ersten Saison gewinnen Johann und Ludwig jedes Rennen im Zweier ohne. In der zweiten Saison bekommen sie harte Konkurrenz: eineiige Zwillinge. "Wenn wir die schlagen wollen", sagt Ludwig, "müssen wir auch Zwillinge sein." Von nun an wollen sie das Gleiche tun, das Gleiche wollen, das Gleiche denken. "Ich hoffe, jedem ist klar, was es heißt, ein solches Angebot zu bekommen. Wir waren sechzehn, wir fanden uns hässlich, wir fanden uns unerträglich. Und dann kommt jemand und sagt: Ich will genauso sein wie du. Zwillinge. Wie phantastisch das ist", beschreibt Johann. Fast jede wache Minute verbringen sie miteinander, sie spielen dieselben Computerspiele, lesen Bücher gemeinsam, essen gleichviel von den gleichen Gerichten, erleben ihren ersten Sex am gleichen Tag mit dem gleichen Mädchen, erzählen sich ihre Gedanken und ihre Träume, restaurieren gemeinsam ein altes Motorrad. Doch dann verliebt sich Johann ausgerechnet in Ludwigs Schwester Vera. Nach der ersten Liebesnacht treffen sie sich immer häufiger - stets heimlich, um Ludwig nicht zu verletzen. Seine Träume behält Johann von nun an lieber für sich. Aber Ludwig verändert sich in jenem Sommer. Er wird launisch und aggressiv. Die Freundschaft der beiden gerät aus dem Ruder.
Dirk Kurbjuweits Text beschreibt so wunderbar und intensiv diese Zeit des Heranwachsens, "in der Gefühle nur in Wirbeln auftreten und Glück auch immer traurig macht" (Die ZEIT). Die wichtigsten Menschen in dieser Zeit sind die Freunde. Aber was macht eine Freundschaft aus? Wie weit darf sie gehen?
Autor Dirk Kurbjuweit berichtete im Nachhinein über die Entstehung der Novelle, dass er selbst sich immer nach einer großen Freundschaft gesehnt, diese aber nie wirklich erlebt habe. Was ihn aber am meisten während des Schreibens beschäftig habe, war das Nachdenken über den "Terror der Gleichheit". Ludwig will dem Freund das Eigene nehmen, ihn als Abbild seiner selbst formen und engt ihn damit auf unerträgliche Weise ein. Dass Johann sich ausgerechnet Ludwigs Schwester Vera als Freundin suche, sei eigentlich ein Aufstand von Johann gegen Ludwig, weil er merkt, dass diese Freundschaft irgendwie nicht richtig ist.
Das, was in dem Text am unwahrscheinlichsten anmutet: Die Autobahnbrücke, die über den Garten von Ludwig führt und von der immer wieder Menschen in den Tod springen, entspricht dem biografischen Hintergrund des Autors. Einer seiner Freunde lebte unter der "Ruhrtalbrücke" zwischen Essen und Düsseldorf, Deutschlands Selbstmörderbrücke Nummer 1, und hatte tatsächlich den einen oder anderen Selbstmörder in seinem Garten. Außerdem war Kurbjuweit in seiner Jugend Ruderer und hatte den meisten Respekt vor dem "Zweier ohne", der in der Tat am schwierigsten zu rudern sei.
Dirk Kurbjuweit, Journalist und Schriftsteller, geboren 1962 in Wiesbaden, studierte nach dem Abitur Volkswirtschaftslehre und besuchte die Kölner Journalistenschule für Politik und Wirtschaft. Von 1990 bis 1999 war er Redakteur bei der Zeit, seit 1999 ist er beim Spiegel. Ab 2002 war er stellvertretender Leiter des Berliner Hauptstadtbüros des Spiegels, von 2007 - 2012 Leiter des Hauptstadtbüros, derzeit ist er weiterhin politischer Korrespondent für den Spiegel. Als Journalist erhielt er zahlreiche Auszeichnungen, u.a. den Egon-Erwin-Kisch Preis 1998 und 2002, den Roman-Herzog-Medien-Preis 2011 und 2012 den deutschen Reporterpreis für die Reportage "Die halbe Kanzlerin". Bereits seit Mitte der 90er Jahre ist Kurbjuweit auch als Schriftsteller erfolgreich.
Erschienen sind "Die Einsamkeit der Krokodile" (1995), "Schussangst" (1998), "Zweier ohne" (2001), das Sachbuch "Unser effizientes Leben. Die Diktatur der Ökonomie und ihre Folgen" (2003), "Nachbeben" (2004), das Sachbuch "Operation Rot-Grün - Geschichte eines politischen Abenteuers (2005), "Nicht die ganze Wahrheit" (2008), das Sachbuch "Angela Merkel: Kanzlerin für alle?" (2009), "Kriegsbraut" (2011) und "Angst" (2013).
Petra Wüllenweber wurde 1971 in Saarbrücken geboren. Bevor sie 1992 ihr Regiestudium an der Theaterakademie der Spielstatt Ulm aufnahm, studierte sie zwei Semester Germanistik an der Universität des Saarlandes. 1999 erhielt sie einen Lehrauftrag der Theaterakademie Zürich für das Rollenstudium. Nach Engagements als Regieassistentin und Regisseurin in Ulm, Krefeld und Mönchengladbach arbeitet sie seit 2000 als freie Regisseurin und Autorin u. a. in Köln, Regensburg, Bremen und Hildesheim. Ihre Inszenierung von Penthesilea am Theater Regensburg wurde 2008 zu den Bayerischen Theatertagen nach Ingolstadt eingeladen. Petra Wüllenweber lebt heute in Köln. Mit »Das Herz eines Boxers« gab sie ihren Einstand als Regisseurin am Theater Heilbronn. Sie ist auch als Autorin erfolgreich. Ihr Kinderstück »Am Horizont«, das im Januar 2013 am Theater Heilbronn Premiere hatte, wurde 2010 für den KinderStückePreis der Mühlheimer Theatertage nominiert. 2013/2014 schreibt sie die Bühnenfassung von Dirk Kurbjuweits Novelle »Zweier ohne« und sie führt auch Regie bei der Uraufführung dieses Stückes. Außerdem wurde im Oktober ihr neues Stück "Netboy" in Potsdam uraufgeführt.
Weitere Informationen finden Sie auf: www.petra-wuellenweber.de