Zum Inhalt
Alles scheint zunächst in schönster Ordnung zu sein: Dorabella liebt Ferrando und Fiordiligi liebt Guglielmo. Doch eine kleine, grausame Wette bringt alles ins Schwanken. Als die beiden Männer gegenüber dem erfahrenen Lebemann Don Alfonso allzu sehr von der Schönheit und Beständigkeit ihrer Geliebten schwärmen, behauptet der, dass Frauen nicht treu sein können. Derart provoziert, lassen sich Ferrando und Guglielmo auf eine Wette ein und beschließen die Treue ihrer Herzensdamen auf die Probe zu stellen. Unter dem Vorwand, in den Krieg ziehen zu müssen, verlassen sie die Frauen. Bald kehren sie verkleidet und unerkannt zurück und setzen nun alle Energie daran, die Frauen als "Fremde" zu verführen. Und es kommt, wie es kommen muss: Zunächst widerstehen die Frauen den Anstürmen der neuen Liebhaber. Da sie aber erstmals erleben, dass sie leidenschaftlich begehrt werden, verlieben sie sich - und zwar den Partner der jeweils anderen. Die Freunde sind verzweifelt und schwören Rache. Alle stehen vor den Scherbenhaufen ihrer vermeintlich so glücklichen Beziehungen. Doch Alfonso tröstet sie: "Così fan tutte" (So machen's alle Frauen).
Diesen Ausruf: "Così fan tutte" hat Mozart selbst in das Libretto von Lorenzo da Ponte eingefügt. Der Mozart-Biograf Wolfgang Hildesheimer vermutet, dass diese Aussage den Erfahrungen des Komponisten entsprach, die ihn wahrscheinlich seine Constanze gelehrt hatte. Schön, dass er sie zu so einer wunderbaren Oper verarbeitet hat. Seine Musik sprüht nur so vor melodischen Ideen und detailverliebten Instrumentierungen. In dieser Oper sind ein atemloser Lebensrhythmus, prickelnde Erotik und große Gefühle musikalisch vereint.
Kooperation
Bereits seit sechs Jahren bringen das Theater Heilbronn und das Württembergische Kammerorchester Heilbronn einmal im Jahr einen Musiktheaterabend gemeinsam auf die Bühne des Großen Hauses. Waren es in den vergangenen Jahren selten gespielte Stücke der Musiktheaterliteratur oder Uraufführungen, die aber nur an jeweils vier Abenden gezeigt wurden, entschieden sich die Intendanten beider Institutionen in dieser Spielzeit für eine Repertoire-Oper. Die Wahl fiel schnell auf Mozart, der wie der Chefdirigent des WKO Ruben Gazarian formuliert, quasi ein "Familienmitglied" des WKO ist, und auch zu den Lieblingskomponisten des Heilbronner Theaterintendanten Axel Vornam zählt. Da die Sängerinnen und Sänger fast ausschließlich sehr jung besetzt werden sollten, entstand die Idee, mit der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst einen weiteren Kooperationspartner ins Boot zu holen. Die Institutsleiterin für Gesang, Prof. Ulrike Sonntag, war ebenso Feuer und Flamme wie ihre Studierenden des Abschlussjahrgangs, die sich einem großen Vorsingen im Theater Heilbronn stellten. So kommt es, dass die Partien der Liebespaare und der Haushälterin Despina fünf junge, frisch gebackene, soeben examinierte Absolventen der Hochschule Stuttgart in Heilbronn singen, bevor sie die großen Opernbühnen der Welt erobern. Manuela Viera dos Santos als Brasilien ist die Fiordiligi, Haruna Yamazaki aus Japan die Dorabella, Isabella Froncala aus Polen die Despina, Jongwook Jeon aus Korea den Guglielmo und Yongkeun Kim ebenfalls aus Korea den Ferrando. Frank van Hove, der den Don Alfonso singt, ist ein international bekannter Opernprofi, der unter anderem in Berlin, Kopenhagen, Budapest, Rio de Janeiro oder Tokyo in großen Rollen auf der Bühne steht. Als Chor konnte das Vokalensemble "Alto e Basso" unter Leitung von Michael Böttcher gewonnen werden.
Schule der Liebenden
Die Oper liegt auf Platz 11 der meistgespielten Opern weltweit. Das Libretto von Lorenzo da Ponte, das sich im 19. Jahrhundert den Vorwurf der Frivolität gefallen lassen musste, soll auf einen wirklichen Faschingsskandal in Wien zurückgehen, bei dem zwei Männer in Maskerade die Treue ihrer Frauen getestet haben. Erst im 20. Jahrhundert wurde die Meisterschaft dieser Oper so richtig erkannt. Richard Strauß nannte sie eine "Perle der Lustspielliteratur".
In der Unterzeile heißt "Così fan tutte" "Die Schule der Liebenden". Regisseur Axel Vornam, der seinen Ausflug ins Opernfach als absolut bereichernd empfindet, erachtet die grundsätzlich aufgeworfenen Fragen als spannend: Was ist Liebe? Was sind nur Klischees davon? Die beiden jungen Paare leben ihre Vorstellungen von dem, was sie unter Liebe verstehen. Vom wirklichen Leben und dessen Proben, von tiefer Leidenschaft haben sie bisher nicht die leiseste Ahnung. Da muss erst Don Alfonso kommen, eine Mischung aus Philosoph und Casanova, der sie mit der Nase darauf stößt, dass es auch noch etwas anderes geben könnte. Er drängt sie durch sein "Experiment" dazu, Erfahrungen zu sammeln, sich auszuprobieren. Insofern sieht er den Alfonso nicht als Zyniker, der mit den Gefühlen junger Leute spielt, sondern tatsächlich als einen "Lehrer" in der Schule der Liebenden. "Tragisch ist in gewisser Weise, dass sich durch den Partnertausch die Paare finden, die eigentlich zusammengehören und die jungen Leute erstmals die Liebe mit all ihren Höhen und Tiefen erfahren. Insofern ist das Happy end mit den alten Paarkonstellationen alles andere als glücklich." Aber es gibt kein Zurück!
Suggestive Kraft der Musik
Auch stimmlich gehören eigentlich Fiordiligi und Ferrando sowie Dorabella und Guglielmo zusammen. Man empfindet als Zuhörer intuitiv die neuen Bindungen als überfällige Vereinigungen, beschreibt Ruben Gazarian. Er schwärmt von den wunderschönen Arien und Ensemblenummern. "Die suggestive Kraft der Musik ist fast überirdisch", sagt der Chefdirigent des WKO. Ihm schwebt in dieser Inszenierung ein "entschlackter, durchsichtiger, transparenter Mozart" vor. Es gäbe so viele kleine Diamanten in jeder Schicht, von denen er keinen verlieren möchte. Er arbeitet in den musikalischen Proben mit Sängerinnen und Sängern, Chor und Orchester vor allem daran, die Bandbreite der musikalischen Tempogestaltung auszureizen und die bei Mozart unverzichtbaren Phrasierungsbögen mit ihren klaren Spannungs- und Entspannungsmomenten heraus zu meißeln.
Bühne und Kostüme werden der Poesie der Oper gerecht
Ausstatter Tom Musch will mit der Bühne und den Kostümen der Poesie dieser Oper gerecht werden. Er hat für das Spiel im Spiel im wahrsten Sinne des Wortes einen Rahmen gesetzt. Für Liebeslust und Liebesleid stehen Schals aus feinen farbigen Bändern, in denen man sich verstricken, verirren, verstecken kann. Die Kostüme bedienen die historische Folie, es gibt keine Original Rokoko-Kleider, aber Rokoko-Zitate in den Kostümen, die eine gewisse Leichtigkeit transportieren und die Figuren charakterisieren.
Biografien der Solisten:
Isabella Froncala (Despina) nach dem Abitur an der Handelslehranstalt Bruchsal begann sie 2006 mit dem Gesangsstudium an der Staatlichen Hochschule für Musik in Karlsruhe bei Prof. Dieter Kern. 2010 wechselte sie an die Staatliche Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Stuttgart zu Prof. Ulrike Sonntag, wo sie 2011 ihr Gesangsdiplom und 2013 ihren Masterabschluss im Fach Oper absolvierte. Während des Studiums bekam sie verschiedene Begabten-Stipendien und wirkte in Inszenierungen der Opernschule am Wilhelma Theater Stuttgart mit. Meisterkurse absolvierte sie bei Kammersängerin Brigitte Fassbänder, Kammersängerin Hilde Zadek und Prof. Malcolm Walker. 2014 wurde sie für Kurt Weills "Mahagonny Songspiel" als Bessie ans Festspielhaus Baden-Baden engagiert.
Frank van Hove (Don Alfonso) in Bonn geboren, studierte zunächst in Bonn und Tübingen Theologie und Philosophie, um sich nach dem Diplomabschluss 1987 ganz einem Gesangs- und Schauspielstudium zu widmen. Seine Lehrer wurden Hartmut Singer, Kurt Moll, Rudolph Piernay und in besonderem Maße Irmgard Hartmann in Berlin. Nach seiner Ausbildung führten ihn Engagements an die Opernhäuser von Dessau über Braunschweig schließlich ans Nationaltheater Mannheim. Vor allem dort konnte sich der Bass ein breit gefächertes Repertoire erarbeiten dessen Höhepunkt der jährlich wiederkehrende Gurnemanz im Parsifal war. Aber auch Ochs im Rosenkavalier, Pogner in den Meistersingern , Daland im Fliegenden Holländer, Leporello und Don Alfonso in Mozart's Da Ponte Opern und Sarastro in der Zauberflöte gehörten zu Frank van Hoves ständigem Repertoire. Frank van Hove gastierte international unter anderem unter Kent Nagano in Brasilien als Christus in der Matthäus-Passion, unter Diego Fasolis in der Schöpfung in Turin und Lugano, in Tel Aviv und Jerusalem unter Gary Bertini in Beethovens Missa Solemnis und unter der Leitung von Tito Ceccherini in der Le petite messe solennelle in Budapest, an der Opera de Lyon in Le vin herbé unter Friedemann Layer. Er arbeitete mit Regisseuren wie Willy Decker, Günther Krämer, Harry Kupfer, Jens-Daniel Herzog und Andreas Homoki. Seit 2011 ist Frank van Hove freischaffend tätig, ohne feste Bindung an ein Opernhaus. Der Bass sang in dieser Zeit unter anderem an der Komischen Oper Berlin in der Produktion: "Das schlaue Füchslein" von Janacek, den Wassermann in "Rusalka" an der Volksoper Wien, den Gurnemanz im "Parsifal" an der Königlichen Oper Kopenhagen unter Hartmut Haenchen und ebenso den Gurnemanz in der wegweisenden Aufführung des "Parsifal" unter der Leitung von Thomas Hengelbrock mit dem Balthasar Neumann Ensemble, außerdem Herzog Blaubart in der gleichnamigen Oper unter Steven Sloane. 2014 gastierte Frank van Hove in Tokyo als Fasolt in der Oper "Das Rheingold" mit dem NHK Orchestra unter der Leitung von Marek Janowski.
Jongwook Jeon (Guglielmo) wurde 1985 in Daegu in Südkorea geboren. 2007 begann er mit einem Meisterkurs Gesang an der UFA National University in Rußland. 2010 macht er seinen Bachelor Abschluss im Fach Gesang an der Kyung-Pook National University in seiner Geburtsstadt. 2011 kam er nach zum Masterstudium an die Musikhochschule Stuttgart zu Prof. Jäger-Böhm und schloss es 2014 ab. 2015 macht er sein Bühnenexamen. Während des Studiums sang er bereits in verschiedenen Inszenierungen der Opernschule am Wilhelma Theater Suttgart.
Yongkeun Kim (Ferrando) wurde 1985 in Jinhae in Südkorea geboren. 2007-2011 studierte er Gesang an der Kyung-Pook National University in Deagu (Südkorea). Während dieser Zeit stand er bereits in verschiedenen Operninszenierungen in Daegu auf der Bühne und gewann Preise bei Musikwettbewerben. 2012 kam er zum Master-Studium an die Musikhochschule Stuttgart bei Prof. Jäger-Böhm, das er 2014 abschloss. Während des Studiums sang er in verschiedenen Inszenierungen der Opernschule am Wilhelma Theater Suttgart.
Manuela Vieira dos Santos (Fiordiligi) wurde 1987 in Brasilien geboren, bereits seit 2001 bekam sie Gesangsunterricht. Von 2006-2010 studierte sie Gesang an der Federal University of Rio de Janeiro, anschließend genoss sie Privatunterricht bei Eduardo Alvares. Bereist während dieser Zeit stand sie in verschiedenen Opernhäusern ihres Heimatlandes auf der Bühne, sang in Oratorien und gab kammermusikalische Konzerte. Außerdem absolvierte sie Meisterkurse in den AUS, in Italien, in Großbritannien, Deutschland (bei Martin Schmidt und Helmuth Rilling), Brasilien, Argentinien und Japan. 2013 nahm sie ihr Masterstudium im Fach Oper an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Stuttgart auf, das sie 2015 abschließt.
Haruna Yamazaki (Dorabella) ist 1986 in Stuttgart geboren und in Japan aufgewachsen. 2014-2008 studierte sie Gesang an der Staatlichen Universität für Bildende Künste und Musik in Tokio. 2009-2012 absolvierte sie zwei Masterstudien an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Stuttgart für Gesang und Oper. Während dieser Zeit bekam sie verschiedene Stipendien und absolvierte mehrere Meisterkurse. Seit 2012 hat sie ein Engagement am Stadttheater Koblenz und sang unter anderem Hänsel in Humperdincks "Hänsel und Gretel", die Ludmilla in Smetanas "Die verkaufte Braut", den Pagen in Richard Strauss' "Salome", Rosina in Rossinis "Barbier von Sevilla" oder den Prinzen Orlofsky in Johann Strauß' "Die Fledermaus" und viele weitere Partien.
Premiere am 4. April 2014, 19.30 Uhr, Theater Heilbronn, Großes Haus
Così fan tutte
Dramma giocoso von Wolfgang Amadeus Mozart
Libretto: Lorenzo da Ponte
Kooperation des Theaters Heilbronn mit dem Württembergischen Kammerorchester Heilbronn,
der Staatlichen Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Stuttgart
und dem Vokalensemble Alto e Basso
Musikalische Leitung: Ruben Gazarian
Regie: Axel Vornam
Ausstattung: Tom Musch
Dramaturgie: Andreas Frane
Einstudierung Chor: Michael Böttcher
Mit: Isabella Froncala (Despina), Frank van Hove (Don Alfonso), Jongwook Jeon ( Guglielmo), Yongkeun Kim (Ferrando), Manuela Vieira dos Santos (Fiordiligi), Haruna Yamazaki (Dorabella)
Vokalensemble Alto e Basso (Chor der Soldaten, Diener und Schiffsleute)
Württembergisches Kammerorchester Heilbronn
Weitere Vorstellungstermine: Do. 16.04.2015 19.30 Uhr, Mi. 22.04.2015 19.30 Uhr, Di. 12.05.2015 19.30 Uhr, Fr. 19.06.2015 19.30 Uhr, So. 21.06.2015 19.30 Uhr, Fr. 26.06.2015 19.30 Uhr, Do. 16.07.2015 19.30 Uhr, Sa. 18.07.2015 19.30 Uhr