Regie: Frank Lienert-Mondanelli
Bühne: Karin von Kries
Kostüme: Manuel Roy Schweikart
Dramaturgie: Sophie Püschel
Mit Judith Lilly Raab und Oliver Firit
Weitere Vorstellungen am 16. November, 25. November, 2. Dezember, 8. Dezember und 22. Dezember – jeweils um 20 Uhr
Konflikt zwischen Freiheit und Sicherheit
Daniel Kehlmanns Kammerspiel »Heilig Abend« kommt im Salon3 auf die Bühne
Eine Terrorverdächtige, ein Polizist und eine tickende Uhr – das sind die »Mitspieler« in Daniels Kehlmanns Kammerspiel »Heilig Abend«, das am 12. November um 18 Uhr im Salon3 Premiere hat. Eine Professorin wird verdächtigt, einen Terroranschlag vorbereitet zu haben, der Heilig Abend um Mitternacht stattfinden soll. Dem Polizisten bleibt nicht viel Zeit, um herauszufinden, ob es die Bombe gibt und wo sie deponiert ist. Frank Lienert-Mondanelli inszeniert dieses brisante Verhör mit Judith Lilly Raab und Oliver Firit für den Salon3. Mit diesem verbalen Duell hat Daniel Kehlmann einen spannenden Thriller um Liebe und Verrat in Zeiten der Verunsicherung geschaffen.
»Heilig Abend« ist seit seiner Uraufführung 2017 in Wien eines der meistgespielten Schauspiele im deutschsprachigen Raum. 2020 wurde es mit Sophie von Kessel und Charly Hübner unter dem Titel »Das Verhör in der Nacht« verfilmt.
Zum Inhalt
Es ist Heilig Abend. Die Philosophieprofessorin Judith ist unterwegs zu ihren Eltern, als mehrere Polizeiautos ihr Taxi zum Halten und sie zum Aussteigen zwingen. Sie wird auf die Wache mitgenommen und findet sich plötzlich in einem Verhör wieder. Warum? Das erfährt sie zunächst nicht. Stattdessen stellt ihr der Polizeiermittler Thomas Fragen: »Wo waren Sie gestern Abend?« Dass ihr Ex-Mann bei ihr war, nämlich genau von 14.30 Uhr bis 22.52 Uhr, weiß Thomas ebenso genau, wie er auch alle ihre wissenschaftlichen Arbeiten kennt. Schließlich konfrontiert er sie mit ihrer Habilitationsschrift über den Vordenker der Entkolonialisierung Frantz Fanon und dessen Konzept der revolutionären Gewalt, in der Judith über das Recht Unterdrückter nachdenkt, sich mittels Gewalt gegen Ausbeutung zur Wehr zu setzen. Findet sie Gewalt auch in der Praxis ein legitimes Mittel zur Beseitigung von Ungerechtigkeit fragt Thomas?
Schlagabtausch zwischen System und Systemkritik
Angelegt als ein verbaler Schlagabtausch zwischen System und Systemkritik untersucht Kehlmann in »Heilig Abend«, wie das Sicherheitsbedürfnis der Gesellschaft und die Freiheitsrechte des Einzelnen in Einklang zu bringen sind. Was darf der Staat in einer solchen Gefahrensituation mit seinen Bürgern tun und in welchem Ausmaß ist staatliche Überwachung der Bevölkerung berechtigt?
Auf der einen Seite steht der Ermittlungsbeamte Thomas, der die Bevölkerung vor Terror und den Staat in seinen Grundfesten beschützen muss. Auf der anderen Seite befindet sich die Philosophieprofessorin Judith, die meint, dass jeder Widerstand gegen ein menschenverachtendes und ausbeuterisches System seine Berechtigung hat. Manchmal, so ihre These, braucht es eine Erschütterung, die alle hören können, um ein gesamtgesellschaftliches Umdenken zu ermöglichen. Wer von beiden Recht hat, entscheidet das Stück nicht. »Es darf in so einer Situation, glaube ich, nicht einen eindeutigen Gewinner oder Verlierer geben«, so der Schriftsteller in einem Interview im Deutschlandradio anlässlich der Uraufführung. Letztlich stecke dahinter aber die »viel profundere und tiefere und ältere Frage der Verteilungsgerechtigkeit«, meint Kehlmann: »Wieso sind die Güter der Welt so ungerecht verteilt? Wieso sind wenige so reich und so viele so arm, und was kann man tun, um die Güter der Welt besser zu verteilen? Diese Frage ist immer noch die Frage, die unterhalb all dieser Fragen liegt, die wir als viel aktueller empfinden, und sie ist immer noch die wichtigere.«