Zum Inhalt
Eigentlich heißt er Alonso Quijano und ist ein spanischer Landadliger mit einer großen Vorliebe für Ritterromane. Er hat sie alle gelesen und ist so tief eingetaucht in die Welt der Drachen- und Riesentöter, der bösen Zauberer und schönen Burgfräulein, dass er die Bücher nicht mehr von der Wirklichkeit unterscheiden kann. Alonso Quijano will jetzt selbst ein fahrender Ritter werden, um sich todesmutig in Abenteuer zu stürzen und ewigen Ruhm zu erringen. Er gibt sich den Namen Don Quijote von La Mancha, seinen klapprigen Gaul hält er für das feurigste Ross der Welt und nennt es Rosinante. Ein einfaches Bauernmädchen macht er zu seiner Herzensdame Dulcinea von Toboso, für die er alle Abenteuer bestehen muss. Eine alte Rüstung hat er noch aus Urzeiten in seinem Haus, ein Barbierbecken dient ihm als Helm und dann findet er auch noch einen Waffenknecht in dem dicken Bauern Sancho Panza, dem er als Dank für seine Dienste die Statthalterschaft über eine Insel verspricht. Und schon geht es los mit seinem Kampf gegen das Böse, beflügelt von einer überbordenden Phantasie. Don Quijote kämpft gegen die sprichwörtlich gewordenen Windmühlenflügel, weil er sie für verzauberte Riesen hält. Unbescholtene Mönche werden von ihm als Zauberer, die eine Prinzessin entführt haben, ausgemacht und angegriffen. Sancho Panza und der Ritter von der traurigen Gestalt legen sich mit einer Übermacht von verwegenen Burschen an, die sich über Rosinante lustig machen. Eine Schenke hält er für ein Schloss, den Wirt für den Kastellan und die gefüllten Weinschläuche für Kreaturen, die es zu bekämpfen gilt … Schon nach kurzer Zeit haben Don Quijote und Sancho Panza so viel Prügel eingesteckt, dass es für vier Ritterleben reichen würde. Seine Freunde und Angehörigen in La Mancha wollen nichts lieber, als ihn nach Hause zurückzuholen und ihn von dem durch das zu viele Lesen verursachten Irrsinn zu befreien. Doch was passiert mit Alonso Quijano, wenn er nicht mehr Ritter sein und um seine Ideale kämpfen darf?
Bulgakow und Don Quijote
Der Ritter von der traurigen Gestalt war auch der Lieblingsheld von Michael Bulgakow, dem berühmten russischen Schriftsteller und Verfasser solcher Werke wie „Meister und Margarita“. Das Drama seines Lebens war, dass er 1929 von der Stalinschen Zensur verboten, quasi lebendig begraben wurde, und die meisten seiner Werke erst viele Jahre nach seinem Tod den Lesern zugänglich gemacht wurden. Bulgakow schrieb heimlich und verdiente sein karges Brot als Dramaturg am Theater in Moskau. In dieser Funktion erstellte auch die wunderbare Bühnenfassung aus Cervantes Roman. Bulgakows „Windmühlenflügel“ waren die politischen Verhältnisse in der Sowjetunion, denen er sich trotz mehrerer Aufforderungen nicht beugen konnte. Er blieb ungeachtet der vielen Niederlagen aufrecht wie sein idealistischer Held „Don Quijote“, mit dessen Namen auf den Lippen Bulgakow 1940 gestorben sein soll.
Bühne und Kostüme
Stefan Brandtmayr ließ sich für die Bühne zum einen von der „Lesesucht“ des Helden inspirieren und stellt in die Mitte des fast leeren Raumes einen hölzernen Quader, der mit tausenden Büchern verkleidet ist, und in dem Don Quijote lebt. Er kann sich bewegen und drehen und sich so in verschiedene Spielorte verwandeln. Ein Rundhorizont umspannt die Szenerie. Scheinbar ohne Anfang und ohne Ende ist er Synonym für den Weg, den Qujote und Sancho Panza zurücklegen. Eigentlich ist „Don Quijote“ mit seiner Reise von Ort zu Ort eine frühe Variante des Roadmovies. Das Stück lebt von der „Kunst der Behauptung“ und damit nicht nur von der Phantasie seiner Figuren, sondern auch von der Phantasie der Zuschauer.
So schlicht die Bühne, so opulent die Kostüme von Cornelia Kraske. Sie entwarf eine Potpourri aus verschiedenen Zeiten und Stilen. Quijote mit seinen utopischen Idealen ist eine Lichtgestalt im wahrsten Sinne des Wortes – seine Rüstung ist mit LEDs besetzt, im Laufe des Stückes verwandelt er sich in den alten Herrn. Sancho Panza begleitet ihn im rockigen Outfit in einer Lederkombi. Herzog und Herzogin erscheinen in aufwendigen goldbesetzten Kostümen. Zahlreiche Perücken, künstliche Bärte und falsche Bäuche oder Hüften sorgen für prächtige Verwandlungen des Schauspielensembles.
Premiere am 24. Juni 2016, 19.30 Uhr, Großes Haus
Don Quijote
Von Michael Bulgakow
nach Cervantes
Regie: Alejandro Quintana
Bühne: Stefan Brandtmayr
Kostüme: Cornelia Kraske
Dramaturgie: Kristin Päckert
Es spielen: Anastasija Bräuniger (Antonia), Anjo Czernich (Simson u.a.), Stefan Eichberg (Pfarrer Perez u.a.), Oliver Firit (Herzog u.a.), Gabriel Kemmether (Barbier Nicolas u.a.) Frank Lienert-Mondanelli (Don Quijote), Judith Lilly Raab (Aldonsa u.a.), Raik Singer (Palomeque u.a.), Katharina Voß (Herzogin u.a.), Tobias Damian Weber (Sancho Panza)
Weitere Vorstellungen in dieser Spielzeit: 29. Juni 2016, 01. Juli 2016, 08. Juli 2016, 13. Juli 2016, 16. Juli 2016, 19. Juli 2016– jeweils um 19.30 Uhr
Wiederaufnahme in der Saison 2016/17 am 21. Oktober 2016