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Uraufführung von Anna Katharina Hahns "Die Schatzsucher" am Theater Heilbronn

Geborgtes Glück im Reihenhaus

(lifePR) (Heilbronn, )
Nach dem großen Erfolg ihrer Romane "Kürzere Tage" und "Am schwarzen Berg" hat Anna Katharina Hahn jetzt ihr zweites Theaterstück geschrieben - nach dem Monolog "Die letzte Stufe" wiederum als Auftragswerk für das Theater Heilbronn. Das Schauspiel "Die Schatzsucher" hat am 28. Februar 2013 Premiere. Regie führt der Heilbronner Intendant Axel Vornam.

Wie auch in ihren Romanen ist das so gefährdete Glück der Mittelschicht zentrales Thema von Anna Katharina Hahn. Mit dem für sie charakteristischen Röntgenblick schaut sie auch als Dramatikerin hinter die Fassaden der nur scheinbar heilen bürgerlichen Welt.

"Die Schatzsucher" führt in eine Reihenhaussiedlung, wo sich ein Ehepaar, Elli und Tom, sein Zuhause, seine Altersvorsorge gebaut hat - finanziert durch einen Kredit, der erst kurz vor der Rente abbezahlt sein wird. Er ist ein kleiner Angestellter, sie hat gerade ihre Arbeit in einem Drogeriemarkt verloren. In Zukunft müssen sie mit einem Gehalt auskommen. Da werden die monatlichen Raten für das Haus zu einer erdrückenden Last. Die beiden fassen den Entschluss, das Zimmer der erwachsenen Tochter, die weit weg von zu Hause studiert, zu vermieten. Doch die Reihenhaussiedlung am Rande der Stadt ist nicht der Lebensort, den junge Leute suchen. Elli und Tom bekommen von den Interessenten eine Absage nach der anderen. Ihr Lebensglück vom kleinen Häuschen mit einem kleinen Gärtchen ist für die nachfolgende Generation nicht mehr attraktiv. Dabei war ihre Vineta-Siedlung vor 20 Jahren mal eine feine Adresse. "So sah unser Glück aus: ein Kugelgrill und drei Klappstühle... Und trotzdem: Geborgtes Glück. Ein Kind muss doch einen Garten haben... Das war ein Versprechen. Jeder trägt seinen Teil dazu bei. Aber wenn einer nicht mehr kann, bricht alles zusammen, dann geht das Glück. Es geht zurück an die Bank, weil ich keine Seife mehr in Regale packen darf", resümiert Elli.

Doch eines Tages kommt ein junger Mann, für den das "luxuriöse Zimmer im Grünen" wie sie es in der Anzeige formulieren, genau das richtige zu sein scheint. Die Vineta-Siedlung sei angeblich schon seit seiner Kindheit ein Sehnsuchtsort für ihn gewesen. Der junge Mann wird der Strohhalm, an den sie sich klammern, dem sie alles recht machen wollen. Er beginnt ein absurdes Spiel mit den beiden und wird so zum Befreier ihrer tief in sich vergrabenen Wünsche, die es einmal gab, bevor das Reihenhaus zur Fessel für sie wurde.

Wie auch in ihren Romanen und Erzählungen besticht Anna Katharina Hahn in "Die Schatzsucher" mit ihrer Kunst, Menschen zugleich mit liebevollem und schonungslos entlarvendem Blick zu charakterisieren. Sie erzählt eine Geschichte, die leicht, humorvoll und tieftraurig ist - märchenhaft absurd und doch mitten aus unserem Leben gegriffen. Sie selbst nennt "Die Schatzsucher" eine "komische Tragödie". Die Sprache der Figuren ist sehr kunstvoll, bildhaft und bedient sich märchenhafter Symbole. Was die Autorin in einem Interview zu ihrem jüngsten Roman "Am schwarzen Berg" sagte, trifft auch auf "Die Schatzsucher" zu, die unmittelbar danach entstanden sind: "Schicht- und Milieuzuordnungen sind Hilfskonstruktionen, um unsere Stellung in der Gesellschaft zu definieren. Allerdings sind unsere heutigen Milieus instabil geworden. Wir fühlen uns ihnen zugehörig, und zugleich befürchtet jeder, dass sich die eigene Schicht, die eigene Berufsgruppe, das eigene Land fast über Nacht verändern könnte, zum Negativen hin. Das lässt sich vor allem beim sogenannten Bürgertum beobachten ... Die Chance der Literatur besteht darin, das einzufangen, was den professionellen Kommentatoren des Tagesgeschehens entgeht - die Wirkung bestimmter Zeitläufe auf den Einzelnen, Gefühle, Stimmungen, Zerrissenheit, Selbstbetrug, das Unsagbare. Wir wollen vom Leben und seinen Geheimnissen erzählen ... Wie jeder echte Schwarzseher hoffe ich im tiefsten Inneren, alles möge doch noch gut enden."

Axel Vornam vollführt in seiner Uraufführungsinszenierung den Balanceakt zwischen Realismus und komischer Überhöhung und greift den fein ironisierenden Ton, mit dem Anna Katharina Hahn die instabile bürgerliche Welt beschreibt, auf. Ausstatter Tom Musch baut auf der Bühne der Kammerspiele das stilisierte Innen und Außen eines kleinen Standardeinfamilienhauses - zwei Zimmer und einen Garten. Sabine Unger und Stefan Eichberg spielen das Ehepaar Elli und Tom. Peter Volksdorf ist der junge Mann, der sich bei ihnen einnistet und ihr Leben im wahrsten Sinne des Wortes auf den Kopf stellt.

Anna Katharina Hahn

Anna Katharina Hahn, geboren 1970 in Ruit, ging nach dem Abitur in Stuttgart nach Hamburg, um dort Germanistik, Anglistik und Volkskunde zu studieren. 1996 bis 2001 war sie wissenschaftliche Mitarbeiterin im Deutschen Bibel-Archiv und in der Handschriftenabteilung der Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg. Neben wissenschaftlichen Veröffentlichungen publizierte sie literarische Texte (Sommerloch, 2000, Kavaliersdelikt, 2004). 2004 nahm sie am Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb in Klagenfurt teil. Für ihren 2009 bei Suhrkamp erschienenen "Debüt-Roman" "Kürzere Tage" erhielt sie den Doderer-Literaturpreis und den Roswitha-Preis, den ältesten und bedeutendsten Literaturpreis der nur an Frauen verliehen wird. Die Jury belohnte damit ihre Gabe "eleganten Stil, Sarkasmus und Empathie" zu vereinen. Für ihren jüngsten Roman "Am Schwarzen Berg" (Suhrkamp 2012) war sie für den Preis der Leipziger Buchmesse nominiert, und sie erhielt 2012 den Wolfgang-Koeppen-Preis. Sie lebt heute mit ihrer Familie in Stuttgart.

Das Schauspiel "Die Schatzsucher" ist ihr zweites Stück für die Bühne. Es entstand wie bereits ihr erstes Theaterstück als Auftragwerk für das Theater Heilbronn. Hier wurde 2011 bereits mit großem Erfolg ihr Monolog "Die letzte Stufe" aufgeführt, die Geschichte einer alte Frau, die ihr Haus verlassen soll und von der Familie genötigt wird, in ein Seniorenheim zu gehen. Der Monolog wurde als erster Teil des musikalischen Poems "sinn_spuren" auf der Bühne des Großen Hauses uraufgeführt.

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