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Verschlusssache (UA)

(lifePR) (Heilbronn, )
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Premiere am 22. Oktober, 20 Uhr, BOXX des Theaters Heilbronn

Verschlusssache (UA)
Ein regionales Recherche-Projekt zum Mord an Michèle Kiesewetter und den Verbindungen zwischen dem NSU und der rechten Szene in Baden-Württemberg
von dura & kroesinger

Regie / Konzept / Text: Regine Dura und Hans-Werner Kroesinger
Ausstattung: Sigi Colpe
Dramaturgie: Dr. Mirjam Meuser
Mit: Sabine Unger, Lisa Schwarzer, Zlatko Maltar, Gabriel Kemmether, Lucas Janson, Tobias D. Weber

Die nächsten Vorstellungstermine: 23.Oktober, 20 Uhr; 25. Oktober, 11 Uhr; 15. November, 20 Uhr; 27. November, 20 Uhr; 04. Dezember, 20 Uhr; 10. Dezember, 20 Uhr; 15. Dezember, 20 Uhr

Aus geschwärzten Akten keine Erhellung
»Verschlusssache« – das Theaterstück zum Kiesewetter-Mord von dura & kroesinger wird am 22. Oktober in Heilbronn uraufgeführt

Am 25. April 2007 wurde auf der Theresienwiese in Heilbronn die Polizistin Michèle Kiesewetter erschossen, ihr Kollege Martin Arnold durch einen Kopfschuss lebensgefährlich verletzt. Dieses Ereignis hat sich tief in das kollektive Bewusstsein der Stadt Heilbronn eingebrannt. Erst recht, weil es bis heute große Unklarheiten in Bezug auf die Täter und den Tathergang gibt. Im Rahmen des bundesweiten Theaterprojektes in Auseinandersetzung mit dem NSU-Komplex »Kein Schlussstrich!« widmet sich das dokumentarische Recherche-Projekt »Verschlusssache« von dura & kroesinger ganz dem lokalen Ereignis des Kiesewetter-Mordes und dessen Folgen. Die Premiere der Uraufführung ist am 22. Oktober um 20 Uhr in der BOXX.
Damit wird gleichzeitig der 17-tägige bis zum 7. November andauernde Veranstaltungsreigen »Kein Schlussstrich!« in Heilbronn eröffnet. Unter diesem Motto finden zahlreiche Veranstaltungen in 15 Städten statt, die von den Taten des NSU betroffen sind.

950 Seiten Material
Regine Dura und Hans-Werner Kroesinger sind eines der renommiertesten Teams für dokumentarisches Theater. Sie haben sich bereits im Frühjahr 2021 durch Berge von Material gearbeitet, die Protokolle der Untersuchungsausschüsse gelesen und viele Interviews mit Zeitzeugen geführt: Mit ermittelnden Polizisten, Vertretern der Stadt, Journalisten, die zu diesem Komplex schon lange recherchieren, Kommunal-, Landes- und Bundespolitikern. 950 Seiten an Mitschriften sind das Ergebnis ihrer Recherchen, die sie gemeinsam mit ihrem Schauspielteam Sabine Unger, Lisa Schwarzer, Zlatko Maltar, Gabriel Kemmether, Lucas Janson und Tobias D. Weber durchgegangen sind. Anschließend hat Regine Dura aus dem Material eine ca. 40-seitige Bühnenfassung ausschließlich aus Originaltexten gefertigt, die dann Grundlage der seit Ende September laufenden Probenarbeit geworden ist.

Es geht vor allem um die vielen Leerstellen in der Aufklärung des Falls. Kam es schon in der von der Heilbronner Polizeidirektion gegründeten Sonderkommission »Parkplatz« zu gravierenden Ermittlungspannen, wurde die Tat nach der Enttarnung des NSU am 4. November 2011 durch Indizienfunde vollständig den beiden Mitgliedern der rechten Terrorzelle Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos zugeschrieben. »Tote Täter sind bequem«, so ein Interviewpartner, den Regine Dura und Hans-Werner Kroesinger im Zuge ihrer Recherchen befragt haben. Andere relevante Ermittlungsergebnisse der SOKO »Parkplatz« vor dem November 2011, etwa zu weiteren Tatbeteiligten, wurden zugunsten der Präsentation eines öffentlichkeitswirksamen Erfolges in den Hintergrund gedrängt. Trotz mehrerer Untersuchungsausschüsse, die sich sowohl im Stuttgarter Landtag wie im Bundestag mit dem Verbrechen und dem Versagen der staatlichen Ermittlungsorgane befasst haben, bleibt die Tat, die vielen Sachverständigen als Schlüssel zur Aufklärung des NSU-Komplexes gilt, weiterhin ein Rätsel.

Warum Heilbronn?
Immer wieder in den Blick geraten ist in der juristischen und medialen Auseinandersetzung mit dem Kiesewetter-Mord die Frage nach dem Tatort selbst. Warum gerade Heilbronn? Welchen Bezug gibt es zwischen der politisch unscheinbaren baden-württembergischen Industrie- und Weinstadt am Neckar und den rechtsradikalen NSU-Terroristen aus Thüringen? Wie hat die Stadt auf den Mord reagiert? Und welche Spuren hat er dort hinterlassen? Welche Rückschlüsse lassen sich daraus auf den Zustand unserer zivilen Gesellschaft ziehen? Ausgehend von dem konkreten Ereignis werden Linien gezogen: Zu seinen Ursachen in der Vergangenheit und seinen möglichen Konsequenzen für unsere Zukunft.

Geschwärzte Akten
Inspiration für den Titel des Theaterprojektes sind die Verschlussakten, die den Mitgliedern der Untersuchungsausschüsse vorgelegt wurden. Viele Textstellen waren geschwärzt, so dass es unmöglich war, Zusammenhänge herzustellen. Diese Akten durften nur einzeln in abgeschlossenen Räumen gelesen werden. Zettel und Kugelschreiber für Notizen wurden ausgehändigt, allerdings mussten diese nach der Lektüre wieder abgegeben werden. In den Gesprächen des Inszenierungsteams mit den Interviewpartnern fiel immer wieder der Begriff »Verschlusssache«. Aus geschwärzten Stellen kann keine Erhellung kommen, so der Tenor der Befragten.
Auch der Bühnenraum von Sigi Colpe ist von den geschwärzten Akten und den engen Räumen beeinflusst. Das Bühnenbild klemmt schräg im Raum. »Da hat sich was verkanntet«, erläutert die Ausstatterin.
»Wir lösen nicht den Fall und decken keine Geheiminformationen auf. Wir stellen nur Zusammenhänge her«, erklären Regine Dura und Hans-Werner Kroesinger. So entwerfen sie ein Stück spezifisch für die Stadt Heilbronn mit Fragen an die Stadt Heilbronn, um die Verhältnisse unter der theatralen Lupe schärfer erkennbar werden zu lassen.

Das Inszenierungsteam
Hans-Werner Kroesinger und Regine Dura gelten als wichtige Vertreter des zeitgenössischen Dokumentartheaters.
Hans-Werner Kroesinger, geboren 1962 in Bonn, ist Regisseur und studierte von 1983 bis 1988  am Institut für Angewandte Theaterwissenschaften in Gießen. Noch während des Studiums arbeitet er von 1987 bis 1989 als Regieassistent und Dramaturg für Robert Wilson. 1989/90 war er künstlerischer Mitarbeiter von Heiner Müller bei der Inszenierung »Hamlet/Hamletmaschine« am Deutschen Theater Berlin. 1993 debütierte er als Regisseur. Arbeiten der vergangenen Jahre beschäftigten sich mit Themen wie dem Eichmann-Prozess, dem Deutschen Herbst 1977, dem Militäreinsatz im Kosovo oder der Geschichte des Kolonialismus. Seine Arbeit »Stolpersteine Staatstheater« am Badisches Staatstheater Karlsruhe wurde 2016 zum Berliner Theatertreffen eingeladen. Seit 2000 entstehen Kroesingers Arbeiten in Zusammenarbeit mit Regine Dura.
Regine Dura ist Dramaturgin und Filmregisseurin. Sie studierte Politologie, Theater-, Film- und Fernsehwissenschaft, Germanistik, Kunstpädagogik (M. A.) und Video an der HdK, Berlin und arbeitet als Dokumentarfilmregisseurin, Autorin und Dramaturgin. 2012 entstand ihr Dokumentarfilm »White Blood / Weißes Blut« (ZDF/Arte) über ein rassistisches, deutsch-südafrikanisches Adoptionsunternehmen. Mit Hans-Werner Kroesinger arbeitet sie seit dem Jahr 2000 als Dramaturgin und Autorin zusammen. Beide beschäftigen sich mit politisch motivierter Gewalt, u. a. der RAF, mit ihrer Entstehung und mit den Spuren, die sie in der deutschen Gesellschaft hinterlassen hat. Ihre Arbeit »Stolpersteine Staatstheater« am Badischen Staatstheater Karlsruhe wurde 2016 zum Berliner Theatertreffen eingeladen.

Weiterführende Podiumsdiskussionen zum Thema innerhalb der Veranstaltungsreihe »Kein Schlussstrich!«                   

EINTRITT FREI

23. 10. 2021 / 17 Uhr Komödienhaus
»DER STAAT ALS SICHERHEITSRISIKO? RECHTE SZENE UND VERFASSUNGSSCHUTZ«
Mit Hajo Funke, Seda Başay-Yıldız und Thomas Moser
Moderation: Christiane Mudra

24. 10. 2021 / 19 Uhr Komödienhaus
»UNTERM RADAR? STRATEGIEN NEURECHTER BEWEGUNGEN«
Mit Dirk Laabs, Stefan Reiner und Kurt Möller
Moderation: Antonie Rietzschel

1.11. 2021 / 19 Uhr Oberes Foyer
»GENERALVERDACHT? DIE BETROFFENEN-PERSPEKTIVE AUF DEN NSU-KOMPLEX«
Mit Herbert Heuß,  Mehmet Gürcan Daimagüler und Sevinç Daş
Moderation: Sybille Thelen

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