Zwischen dem Prinzen und seiner Geliebten Hermiane ist der Streit entbrannt. Hermiane behauptet, dass natürlich die Männer die Unbeständigeren seien, weil die natürlichen Eigenschaften des weiblichen Geschlechts wie Schamhaftigkeit und Schüchternheit so etwas gar nicht zuließen. Der Prinz sieht es genau anders herum. Klarheit verspricht er sich von einem Experiment, dessen Grundstein er vor zwei Jahrzehnten gelegt hat: Sechs Säuglinge, drei Knaben und drei Mädchen, wurden jedes ganz für sich allein im Wald aufgezogen. Nun, da sie sich allesamt zu schönen, jungen Erwachsenen entwickelt haben, werden sie freigelassen und dürfen sich begegnen -- mal sehen, was sich in Sachen Liebe und Treue tut.
Von einem Versteck aus beobachten der Fürst und Hermiane das Erwachen der ersten erotischen Gefühle. Es wird sich bald genähert, sich verliebt, Rivalitäten treten zutage und die Eifersucht wird entdeckt.
Erst glaubt sich Hermiane, dann der Fürst in seiner Meinung bestärkt. Dann aber nimmt der Hergang noch eine überraschende Wendung. Marivaux stellte die Liebe in den Vordergrund, eine Neuerung in der Komödie, bei der sie bis dahin nur eine Nebenrolle innehatte. Marivaux, der den verborgenen Seelenregungen des Menschen nachspürt, wird durch die Darstellung heimlicher und oft auch unbewusster Gefühle und Neigungen zum Begründer des psychologischen Lustspiels. Wie er diese naiven jungen Menschen das ganze Spiel von Balzverhalten, Konkurrenz, Eifersucht, Besitzanspruch, Verlangen nach immer neuem durchleben lässt -- das ist wunderbares, ewig aktuelles Theater.
Die Regisseurin
Milena Paulovics wurde in Berlin geboren und ist aufgewachsen in Berlin und Frankfurt/Main. Nach dem Abitur war sie drei Jahre Regieassistentin und Abendspielleiterin am Staatstheater Oldenburg und studierte anschließend Regie an der Hochschule für Schauspielkunst "Ernst Busch" Berlin. 2002 machte sie ihr Diplom als Regisseurin. Im gleichen Jahr nahm sie am internationalen Regieseminar der ASSITEJ teil. Sie inszenierte mehrmals am Staatstheater Cottbus, am Stadttheater Bremerhaven, dem Nordharzer Städtebundtheater, am Theater der Jungen Welt Leipzig und am Volkstheater Rostock u. a. Texte von Frayn, Karge, Labiche, Mankell, Shaffer und Tätte. Am Theater Heilbronn inszeniert sie Marivaux' "Streit" und "Disco Pigs" von Enda Walsh.
Pierre Carlet Chamblain de Marivaux* (1688-1763), französischer Dramatiker und Romanschriftsteller, geboren und gestorben in Paris. Marivaux verfasste Komödien, die sich in elegant-graziösen und raffinierten Dialogen in immer neuen Varianten mit dem Entstehen der Liebe befassen. Diese Art des /Konversationsstiles/ ging unter der Bezeichnung /Marivaudage/ in den französischen Sprachschatz ein. Als Begründer des psychologischen Lustspieles löste er sich aus dem Einfluss der Commedia dell'Arte und der Charakter- und Sittenkomödie Molières. Zu seinen Komödien zählen /Le jeu de l'amour et du hasard/ (1730, /Das Spiel von Liebe und Zufall/) und /L'épreuve/ (1740, /Der Versuch/). Marivaux' unvollendete Romane zeichnen ein realistisches Bild der französischen Mittelschicht des 18. Jahrhunderts. Als Herausgeber mehrerer Wochenschriften nach englischem Vorbild war Marivaux auch journalistisch tätig. 1742 wurde er Mitglied der Académie française.