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Schauspiel Essen widmet sich dem Thema Familie

Intendant Christian Tombeil und sein Dramaturgie-Team haben das Programm für die Spielzeit 2020/2021 vorgestellt

(lifePR) (Essen, )
Im Rahmen einer ungewöhnlichen Pressekonferenz haben heute der Essener Schauspiel-Intendant Christian Tombeil, seine Stellvertreterin und Chefdramaturgin Vera Ring, Dramaturgin Carola Hannusch sowie Dramaturg Simon Meienreis im Grillo-Theater die Pläne für die kommende Spielzeit 2020/2021 am Schauspiel Essen vorgestellt. Die Szenerie war insofern neu, als sich Tombeil und sein Team unter Einhaltung des Mindestabstands von 1,5 Metern auf der Bühne aufhielten und die versammelten Journalisten im Zuschauerraum auf eigens markierten Stühlen Platz nehmen durften. Hintergrund war natürlich, dass die Theaterleute diese Spielplan-Pressekonferenz auch dazu nutzen wollten, das Zutrittskonzept für den Eingangs- und Foyerbereich sowie den an die Hygiene-Anforderungen angepassten Bestuhlungsplan im Grillo-Theater zu erläutern. Nicht nur die Einstellung des Spiel- und Probenbetriebes hätten in den zurückliegenden Wochen ihm und seinem Team große Kreativität und Flexibilität abverlangt, auch bei der Ausgestaltung des Spielplans sei man mehr als einmal von den Corona-bedingten Einschränkungen eingeholt worden, erläutert Tombeil. Beispielsweise habe man sich aus probentechnischen Gründen schon im April von der Idee verabschieden müssen, die kommende Saison mit der Uraufführung eines neuen Stückes von Regisseur Volker Lösch zu eröffnen. Und auch die Absage der diesjährigen Ruhrfestspiele hat Auswirkungen auf das Essener Programm: So fehlt nun ebenfalls vorerst die deutsch-polnische Koproduktion „Arbeiterinnen / Pracujące kobiety“, die im Mai in Recklinghausen und im Herbst ihre Essener Premiere hätte feiern sollen. „Aufgrund der ungewissen Lage insbesondere bei einer international besetzten Theaterarbeit haben wir uns entschieden, die Inszenierung zu einem späteren Zeitpunkt in der kommenden oder der darauffolgenden Spielzeit herauszubringen, wenn wir über mehr Planungssicherheit verfügen“, so Tombeil weiter. Inhaltlich-konzeptionell hatte das Team um den Intendanten schon früh die Idee, die Spielzeit 2020/2021 mit dem berühmten Songtitel „We Are Family“ der Band Sister Sledge aus dem Jahr 1979 zu übertiteln, „als uns dann aber im März 2020 die Pandemie mit voller Wucht traf, erschien uns unsere Motto-Wahl in einem ganz neuen Licht: Wir fragten uns, was ‚Familie in Zeiten von Corona‘ bedeutet“, ergänzt Tombeil. Entstanden ist eine sehr interessante und vielfältige Stückzusammenstellung, die das Thema Familie aus unterschiedlichen Blickwinkeln beleuchtet und mit der das Schauspiel Essen ab dem Herbst das Publikum wieder in seine Spielstätten locken möchte.

Im Grillo-Theater soll es am 9. Oktober mit Edward Albees „Wer hat Angst vor Virginia Woolf?“ die erste Premiere geben. Diese 1962 entstandene eheliche Zimmerschlacht zwischen dem erfolglosen Geschichtsprofessor George und Martha, der Tochter des Universitäts­präsidenten, wurde damals zum Sinnbild für unerfüllte Träume, Lebenslügen und verlorene Illusionen einer ganzen Generation. Regie führt Karsten Dahlem, der dem hiesigen Publikum in der vergangenen Spielzeit mit seinem Blick auf das Beziehungsgeflecht von Ibsens „Peer Gynt“ bereits einen packenden Abend zum Thema Familie beschert hat. Die Sparkasse Essen fördert diese Inszenierung.

Am 7. November kehrt ein Stück ins Grillo-Theater zurück, das bereits vor zwei Jahren für viel Spannung und leuchtende Kinderaugen gesorgt hat: „Der Zauberer von Oz“ nach dem Kinderbuch von Lyman Frank Baum. Für Familien und Schulklassen hat Regisseurin Anne Spaeter diesen Klassiker rund um die junge Dorothy und ihre Freunde, die Vogelscheuche, den Blechmann und den Löwen, ebenso farbenprächtig wie turbulent in Szene gesetzt.
Wegen der Corona-Situation steht derzeit noch nicht fest, ob es rund um Weihnachten neben den Familienvorstellungen auch Vorstellungen für Schulklassen geben wird; möglicherweise werden diese Vormittagstermine im Frühjahr 2021 nachträglich angeboten.
Die Inszenierung wurde gefördert von der Stadtwerke Essen AG.

Wortwitz, messerscharfe Pointen und klug konstruierte Verwicklungen gibt’s bei der Grillo-Premiere am 5. Dezember: Mit „Bunbury – Ernst ist das Leben“ hat der irische Schriftsteller Oscar Wilde der Dekadenz seiner Zeit ein literarisches Denkmal gesetzt. Regisseurin Susanne Lietzow und ihr Team bringen Wildes Komödie in der deutschen Fassung von Literatur-Nobelpreisträgerin Elfriede Jelinek nach einer Übersetzung von Karin Rausch auf die Bühne. Gefördert wird diese Inszenierung vom Freundeskreis Theater und Philharmonie Essen e. V.

„Das achte Leben (Für Brilka)“ feiert am 5. März 2021 im Grillo-Theater Premiere. Die 1983 im georgischen Tbilissi geborene Autorin Nino Haratischwili verwebt in ihrem 2014 erschienenen Roman Schicksale aus sechs Generationen mit der wechselvollen Geschichte Georgiens. Dabei entwirft sie anrührende Porträts von acht außergewöhnlichen Frauen, erzählt spannungsvoll von Liebe und Verrat, Lüge und Schuld, Macht und (Familien-)Geheimnissen und zeichnet zugleich den Aufstieg wie auch den Fall des Kommunismus nach. Die Inszenierung der Bühnenfassung von Emilia Linda Heinrich, Julia Lochte und Jette Steckel übernimmt Regisseurin Elina Finkel, die in der zurückliegenden Spielzeit Marius von Mayenburgs „Der Stein“ auf die Grillo-Bühne gebracht hat.

Den Schlusspunkt hinter den Grillo-Premierenreigen setzt am 30. April 2021 ein Stück, das auf einem der ganz großen Romane der Weltliteratur basiert: „Früchte des Zorns“. John Steinbecks Geschichte spielt im Amerika der dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts: Nach Dürre und Missernten können die Farmer Oklahomas ihre Kredite nicht mehr bedienen. Als Gerüchte aufkommen, dass in Kalifornien Erntehelfer gesucht werden, ziehen sie zu hunderttausenden heimat- und mittellos entlang der Route 66 in den vermeintlich goldenen Westen. Die Regie übernimmt Hermann Schmidt-Rahmer, dem im Grillo-Theater zuletzt die beeindruckende deutsche Erstaufführung von „Die Hauptstadt“ nach dem Roman von Robert Menasse (Spielzeit 2018/2019) gelungen ist.

Auch für die beiden kleineren Spielstätten Casa und Box wird es den Hygieneanforderungen angepasste Zugangskonzepte und Bestuhlungsvarianten geben, so dass auch hier der Spielbetrieb ab September wieder starten kann.
Den Anfang bei den Neuinszenierungen in der Casa macht am 19. September eine Premiere, die eigentlich schon im April hätte stattfinden sollen, wegen der Corona-Krise jedoch abgesagt werden musste: Heinrich von Kleists „Die Marquise von O…“. Die Geschichte spielt zu Kriegszeiten: Während eines nächtlichen Überfalls zerren marodierende Soldaten die Marquise von O… in einen Hinterhalt, und nur das beherzte Eingreifen des Grafen F... verhindert einen noch drastischeren sexuellen Übergriff. Wochen später stellt die junge, bereits verwitwete Frau allerdings fest, dass sie schwanger ist. Und sie hat nicht die geringste Erinnerung, wer ihr das angetan hat. Für Regie, Bühnenfassung und Videografie zeichnet Christopher Fromm verantwortlich, der seit der Spielzeit 2018/2019 als Regieassistent am Schauspiel Essen engagiert ist. Geeignet für Zuschauer ab 16 Jahren.

Die Inszenierung des modernen Klassikers, der am 4. Dezember Premiere feiern wird, übernimmt Regisseur Gustav Rueb: Er bringt Samuel Becketts „Endspiel“ auf die intime Casa-Bühne. Im Mittelpunkt dieses 1957 entstandenen Stückes stehen Hamm und Clov, zwei traurige Clowns, die in ihrem Anrennen und Anspielen gegen das Unausweichliche, den (eigenen) Tod, fast beiläufig die großen Fragen zur menschlichen Existenz und dem Sinn des Lebens stellen. Gustav Rueb hat zuletzt mit „Ein großer Aufbruch“ von Magnus Vattrodt (Spielzeit 2018/20219) dem Publikum einen fulminanten Abend im Grillo-Theater präsentiert.

Nach „Alles ist erleuchtet“ wird mit „Extrem laut und unglaublich nah“ Regisseur Thomas Ladwig im kommenden Frühjahr erneut ein Stück nach einem Roman von Jonathan Safran Foer in Szene setzen: Das Buch erschien 2005 und erzählt vom neunjährigen Oskar Schell, der über den Verlust seines Vater zutiefst verstört ist. Thomas Schell war „am allerschlimmsten Tag“, dem 11. September 2001, in den Twin Towers des World Trade Centers ums Leben gekommen. Nachdem Oskar in den Hinterlassenschaften seines Vaters einen geheimnisvollen Schlüssel entdeckt hat, macht er sich auf der Suche nach einem Türschloss, in das dieser passen könnte. Bei seiner Odyssee durch die Straßen New Yorks begegnet er vielen ungewöhnlichen Menschen und ihren Geschichten, um am Ende doch wieder auf die Spuren seines Vaters zu stoßen. – „Extrem laut und unglaublich nah“ feiert am 29. April 2021 in der Casa Premiere.

Für die Box planen Intendant Tombeil und sein Dramaturgie-Team derzeit zwei Neuproduktionen. „Gift. Eine Ehegeschichte“ der niederländischen Dramatikerin Lot Vekemans ist ein anrührendes Zwei-Personen-Stück über Trauer und Verlust, Erinnerung, Liebe und die Suche nach dem persönlichen Glück. Darin geht es um ein Paar, das sich nach mehr als zehn Jahren erstmals auf einem Friedhof wiedertrifft. Da hier vor kurzem im Boden Gift entdeckt wurde, müssen nun einige Verstorbene umgebettet werden. Ihr damals nach einem Unfall gestorbener Sohn ist einer von ihnen … Regie führt Sophie Östrovsky, womit das Schauspiel Essen die Tradition, Regieassistenten erste eigene Inszenierungen anzuvertrauen, fortsetzt. Premiere ist am 10. Oktober.

Am 6. März 2021 wird es noch eine weitere Premiere in der Box geben, die zusätzlich den Beginn einer neuen Kooperation zwischen der Essener Folkwang Universität der Künste und dem Theater markiert: Erstmals erhält mit Damian Popp ein Regiestudent die Möglichkeit, seine Abschlussinszenierung am Schauspiel Essen zu erarbeiten. Gemeinsam mit Essener Ensemblemitgliedern und mit Unterstützung durch die verschiedenen Gewerke des Hauses entsteht seine Inszenierung unter professionellen Arbeitsbedingungen. Der Titel von Popps Stück steht derzeit noch nicht fest. Weitere Inszenierungen von Regiestudierenden der Folkwang sollen in den kommenden Jahren folgen.

Auch Aline Bosselmann und Marguerite Windblut von der Theaterpädagogik haben für die kommende Spielzeit ihre Angebote auf die mit der Pandemie zusammenhängenden Einschränkungen angepasst und Formate konzipiert, die zwar Begegnungen ermöglichen, bei denen „Live-Kontakte“ jedoch auf ein Minimum reduziert sind. In der Vermittlungsarbeit planen sie, vorproduzierte, animierte Videos auf der Theater-Homepage bereitzustellen, digitale Workshops per Videokonferenz zu Inszenierungen durchzuführen sowie in kleineren Gruppen stattfindende Workshops auf einer Probebühne anzubieten. „Außerdem wollen wir Begegnungsmomente schaffen, in denen eine sehr kleine Gruppe (maximal 3-4 Personen) jeweils wechselnde Künstlerinnen und Künstler des Schauspiel Essen treffen kann und so einen exklusiven Blick hinter die Kulissen erhält“, so Bosselmann und Windblut, die natürlich auch gerne wieder in Schulen gehen möchten, um dort Inszenierungen vorzustellen und Vorstellungsbesuche vorzubesprechen.

Die eigentlich in der Spielzeit 2019/2020 geplante Inszenierung „Look at me!“ für Menschen ab 3 Jahren wird in der kommenden Saison nun als mobile Produktion für Kitas entwickelt. Und auch die Angebote für den Freizeitbereich müssen unter den gegebenen Umständen geändert bzw. angepasst werden: So werden beispielsweise die Gruppen des StadtEnsembles Produktionen mit digitalen Mitteln erarbeiten.

„Wer nichts von unseren Angeboten und Aktivitäten verpassen möchte, sollte uns unbedingt auf Instagram unter @tp_schauspiel_essen folgen“, empfiehlt Aline Bosselmann, „und da gibt’s dann auch noch die Gelegenheit, sich in Challenge-Formaten auf kreative Weise mit den Inszenierungen der kommenden Spielzeit zu befassen.“

Als Wiederaufnahmen soll es in der nächsten Saison im Grillo-Theater u. a. den musikalischen Abend „After Midnight“ mit Songs von Clapton, Cash und Cohen, „Kleiner Mann – was nun?“ nach Hans Fallada, Max Frischs „Biedermann und die Brandstifter“ sowie Marius von Mayenburgs „Der Stein“ geben. Und auch der Publikumsfavorit aus der Grillo-Jubiläumsspielzeit kommt wieder: Das wird dann die vierte Saison in Folge für Friedrich Dürrenmatts „Der Besuch der alten Dame“. In die Casa kehren nach jetziger Planung u. a. „Peer Gynt“ und „Tschick“ zurück, „Am Boden“ wird dorthin verlegt. Und für die Box sind wieder Vorstellungen von „Der Reichsbürger“ angedacht. Alle Inszenierungen werden natürlich den Corona-bedingten Abstandsregeln angepasst.

Das Jahresheft 2020/2021 des Schauspiel Essen ist ab sofort im TicketCenter und in den Spielstätten der TUP erhältlich oder unter www.schauspiel-essen.de abrufbar.

Alle Premieren im Überblick: https://www.theater-essen.de/schauspiel/premieren-2020-21/

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