Das Themenjahr biete einen guten Anlass, sich mit genauer mit dem Verhältnis Kirche, Politik und Gesellschaft zu beschäftigen. Im Laufe der Geschichte habe die protestantische Kirche ein sich veränderndes Verhältnis zur staatlichen Macht entwickelt. Oft bot sie Schutz und Widerstand gegen politische Bevormundung. "Als 1989 tausende Menschen gegen dass SED-Regime auf die Straße gingen, waren es die Kirchen, die sich überall im Land für oppositionelle Gruppen öffneten. Sie haben Schutz geboten, Widerstand organisiert und einen entscheidenden Beitrag dafür geleistet, dass die Proteste friedlich geblieben sind. Kerzen, nicht Knüppel prägten die Wendezeit - auch dank der Kirche", so Matschie. Auf der anderen Seite müsse sich die Kirche aber auch fragen, ob sie sich in der Geschichte durch Politik instrumentalisieren ließ, zum Beispiel in Zeiten der Diktatur. Das Themenjahr sei Anlass für eine Auseinandersetzung mit dem Verhältnis von Religion und Politik.
Die Botschaften Martin Luthers und der Reformation haben nach Matschies Worten in der modernen Welt nichts von ihrer Aktualität verloren. "Luther wollte keine neue Welt erschaffen, aber er wollte sie zum Besseren verändern. Dinge nicht einfach nur hinzunehmen, sondern immer wieder kritisch fragen, was wir besser machen können, das ist für mich eine zentrale Botschaft der Reformation. Sie hat nichts an Gültigkeit verloren und ist hochaktuell", so Matschie. Für andere Menschen und die Gesellschaft Verantwortung zu übernehmen und gemeinsam dafür zu kämpfen, dass mehr Gerechtigkeit verwirklicht wird, sei eine Herausforderung, der sich alle auch heute stellen müssten.
Matschie ist überzeugt: "Reformation und Politik, das wird ein spannendes Themenjahr. Ich erhoffe mir davon viele neue Impulse und Anregungen." Ein Höhepunkt werde die Eröffnung der großen Spalatin-Ausstellung im Mai in Altenburg sein. Der Theologe und Jurist Spalatin war der erste evangelische Superintendent der Stadt und ein Freund Martin Luthers. Unter seiner Regie entstanden in Altenburg der Prototyp einer evangelischen Kirche und eine moderne Verwaltungsstruktur, die zum Vorbild für andere protestantische Länder wurde. Die Ausstellung wird mit insgesamt 230.000 Euro durch das Thüringer Kulturministerium unterstützt.